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Deutsche 100-Meter-Legende tot: Das besondere Vermächtnis eines Gold-Helden

Legende tot: Ein besonderes Erbe

Der frühere 100-Meter-Läufer Bernd Cullmann ist wenige Monate nach seinem 85. Geburtstag unerwartet verstorben. Bei Olympia 1960 war er Schlüsselfigur eines legendären Gold-Coups.
Bernd Cullmann war der deutsche Start-Läufer beim Staffel-Gold 1960
Bernd Cullmann war der deutsche Start-Läufer beim Staffel-Gold 1960
© IMAGO / Horstmüller
Der frühere 100-Meter-Läufer Bernd Cullmann ist wenige Monate nach seinem 85. Geburtstag unerwartet verstorben. Bei Olympia 1960 war er Schlüsselfigur eines legendären Gold-Coups.

65 Jahre ist seine Sternstunde mittlerweile her - doch die Erinnerung war bei Bernd Cullmann bis zuletzt hellwach.

Der frühere 100-Meter-Sprinter hatte am 8. September 1960 in Rom den Lauf seines Lebens hingelegt und damit einen historischen deutschen Olympia-Moment sichergestellt.

Bei den Spielen in Italien war Cullmann zusammen mit Armin Hary Teil der 4x100-Meter-Staffel, die den ersten und bis heute einzigen deutschen Olympiasieg in dieser Disziplin errang - in einer Zeitspanne von letztlich 56 Jahren das einzige Mal, dass nicht die USA bei den Spielen triumphierten.

Am vergangenen Montag ist Cullmann nun unerwartet verstorben, drei Monate nach seinem 85. Geburtstag im vergangenen Herbst. SPORT1 erinnert an die speziell in seiner Heimatregion hochgeachtete Legende.

Bernd Cullmann war Zimmerkumpel von Ikone Armin Hary

Cullmann, geboren am 11. Oktober 1939 in Idar-Oberstein (und nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Fußball-Legende des 1. FC Köln), war seinerzeit erst 20 Jahre alt.

Der Sohn eines Edelsteinschleifers war ein Talent, mitentdeckt und gefördert von seinem späteren Gold-Partner Martin Lauer. Im Olympiajahr kam Cullmann mit dem Gewinn der deutschen Hallen-Meisterschaft in der nationalen Spitze an. Trotz einer Knieverletzung erkämpfte er sich einen Platz in der Olympia-Staffel.

Cullmann war Zimmerkumpan von Armin Hary, dem legendären Ex-Weltrekordler und 10,0-Sekundenläufer, die beiden verstanden sich gut, spielten Skat. Der geschickte Handwerker Hary zimmerte auch den Startblock zusammen, mit dem Cullmann das Finale begann.

Olympia-Finale der 100-Meter-Staffel wird zum Drama

Zusammen mit Hary, Walter Mahlendorf und dem 2019 verstorbenen Schlussläufer Lauer gewann Cullmann im Stadio Olimpico schon Vorlauf und Halbfinale.

Im Finale vor 60.000 Zuschauern wuchs Cullmann dann über sich hinaus, unbeeindruckt von der sengenden Hitze und Komplikationen mit seinem Startblock, der sich erst zwei Minuten vor Laufbeginn mit Harys Hilfe richtig befestigen ließ.

Ein trotz allem entfesselter Cullmann übergab den Staffelstab an Position 1 liegend an Hary, der die Führung dann ausbaute - und obwohl das deutsche Team im Rennen dann auf Platz 2 zurückfiel und einläuft, folgte das eigentliche Drama erst nach dem Rennen.

Beim ersten Wechsel von Frank Budd auf Ray Norton hatte das US-Team gepatzt und den Stab außerhalb der Wechselzone übergeben. Dass Stone Johnson und Dave Sime Mahlendorf und Lauer am Ende noch abfingen, wurde so zur Makulatur.

Wie die US-Stars schon ahnten, disqualifizierte das Kampfgericht sie nach dem Videostudium, mit den Worten „prima germania“ ist war geschichtsträchtige Triumph dann perfekt. Die Siegerzeit von handgestoppten 39,5 Sekunden war damals auch Weltrekord.

„Das war ein Schrei, den ich bis heute nicht vergessen habe“, erinnerte sich Cullmann im vergangenen Jahr im Interview mit dem SWR an den Moment der offiziellen Verkündung des Rennergebnisses zurück: „Das war der bewegendste Moment überhaupt in meinem Leben.“

Heldenempfang in Idar-Oberstein

Cullmanns Rückkehr aus Rom wird in der rheinland-pfälzischen Heimatstadt zu einem Festtag, sogar Schulen und Betriebe blieben geschlossen, damit so gut wie alle dem Heldenempfang beiwohnen konnten.

Bernd Cullmann überließ seine Goldmedaille in einem damals in Deutschland beispiellosen Schritt an seine Heimatstadt, wo sie heute im Rathausfoyer ausgestellt ist.

Nach seiner Karriere im Profisport widmete sich Cullmann dem beruflichen Familienerbe, führte als Edelsteinschleifer den Betrieb seiner Vorfahren erfolgreich fort. Laut lokalen Medienberichten stand er bis zuletzt im Atelier.

„Bernd Cullmann war nicht nur ein herausragender Athlet, sondern auch als Mensch eine Persönlichkeit, welche die Stadt Idar-Oberstein geprägt hat“, würdigte Bürgermeister Frank Frühauf den berühmten Sohn der Stadt auf Instagram: „Sein olympischer Erfolg hat nicht nur unsere Stadt, sondern auch die ganze Region stolz gemacht.“