Er war der letzte einer Dynastie, begründet von der olympischen Lauf-Legende schlechthin.
Er lief bei Olympia zu Gold - drei Jahre später tötete ihn eine Kriegsgranate
Tragödie eines Lauf-Phänomens
Bei den Sommerspielen 1936 in Berlin gewann Gunnar Höckert Gold über die 5000 Meter und stieg damit in die Fußstapfen seines legendären finnischen Landsmanns Paavo Nurmi.
Beginnend mit Nurmis Triumph in Paris 1924 hatten die finnischen Mittelstreckenläufer zwölf Jahre lang ein Gold-Abonnement bei Olympia. Auf den neunmaligen Olympiasieger Nurmi folgten Ville Ritola, Lauri Lehtinen und schließlich Höckert: In einem finnischen Zweikampf hängte Höckert den vier Jahre zuvor siegreichen Lehtinen im Olympiastadion in der letzten Runde ab.
Für den damals 26 Jahre alten Höckert, von Idol Nurmi als talentiertester finnischer Läufer seiner Generation betrachtet, war es der Höhepunkt einer kurzen Athletenkarriere. Dreieinhalb Jahre später endete sein Leben früh.
Olympiasieg in Berlin krönte Höckerts bestes Jahr
Höckert wurde am 12. Februar 1912 in eine wohlhabende Familie aus der Minderheit der Finnlandschweden geboren: Sein Vater Mikael war ein bekannter Bankier und Staatsbeamter.
Auch der junge Gunnar hatte eine Karriere in bürgerlichen Kreisen angebahnt, studierte Wirtschaftswissenschaften, arbeitete als Prokurist für mehrere große Unternehmen. Die Karriere als Leichtathlet hatte daneben einen hohen, aber kurzen Zenit: Höckert litt unter rheumatischer Arthritis und schaffte es nach 1936 nicht mehr, das Niveau seines besten Jahres zu erreichen - in dem er auch Weltrekorde über 2000 und 3000 Meter sowie über die Zwei-Meilen-Distanz aufstellte.
Höckert hätte an den Spielen von 1940 - die zwischenzeitlich in der Heimat in Helsinki geplant waren - aller Voraussicht nach nicht teilgenommen. Der von Nazi-Deutschland entfesselte Zweite Weltkrieg sorgte dann dafür, dass es zwölf Jahre lang keine Olympischen Spiele gab.
Für die Familie Höckert wurde die Kriegszeit dann auch zu einer persönlichen Tragödie.
Höckert fiel einen Tag vor dem 30. Geburtstag im Krieg
Gunnar Höckert meldete sich im Winter 1939/40 trotz seiner Erkrankung als Freiwilliger für den Kriegsdienst. Es ging damals nicht um den Kampf gegen Nazi-Deutschland, sondern einen Angriff der Sowjetunion unter Josef Stalin.
Stalin begann den Winterkrieg – begründet mit unerfüllten Gebietsforderungen aufgrund angeblicher Sicherheitsinteressen – wohl mit dem Ziel, das 1917 in den Wirren der Oktoberrevolution von Russland unabhängig gewordene Finnland ganz zurückzuerobern (und die im Hitler-Stalin-Pakt verabredete Aufteilung Europas in Einflusszonen der beiden totalitären Regime zu vollziehen).
Die UdSSR besetzte einen Teil Finnlands, unter erheblichen Verlusten auf beiden Seiten stoppte die finnische Armee jedoch den Vormarsch und erzwang Friedensverhandlungen, in denen Finnland einen Teil seines Gebiets verlor, aber seine Unabhängigkeit bewahrte.
Der als Leutnant dienende Gunnar Höckert starb bei der Verteidigung seiner Heimat, als am 11. Februar 1940 – heute vor 85 Jahren – eine Granate seine Stellung traf. Es war der Tag vor Höckerts 30. Geburtstag.
Als der sowjetisch-finnische Konflikt 1941 wieder ausbrach – und Finnland aufgrund der gemeinsamen Interessen de facto zum Verbündeten Nazi-Deutschlands wurde – fiel 1944 auch Gunnars Bruder Lars im Krieg.