Leichtathletik-WM>

Eine Dominanz, mit der keiner gerechnet hat

Plötzlich eine Macht

Bisher waren die Leichtathleten aus Botswana nicht als Medaillenhamster bekannt. Doch bei den Titelkämpfen in Tokio räumen die Männer aus dem afrikanischen Land über die 400 Meter plötzlich groß ab.
Die Leichtathletik-WM findet dieses Jahr in Tokio statt. Wie oft gibt es Gold zu gewinnen? Welche Prämien werden gezahlt? Die wichtigsten Fragen und Antworten zur WM.
Bisher waren die Leichtathleten aus Botswana nicht als Medaillenhamster bekannt. Doch bei den Titelkämpfen in Tokio räumen die Männer aus dem afrikanischen Land über die 400 Meter plötzlich groß ab.

Einen Vorgeschmack, was Collen Kebinatshipi drauf hat, gab schon das Halbfinale zwei Tage vorher. 43,61 Sekunden über die 400 Meter. Der junge Mann aus Botswana schaffte den Einzug ins große Finale nicht irgendwie, sondern mit einem Paukenschlag. Neue Weltjahresbestleistung.

Den Favoriten, Zakithi Nene aus Südafrika, hatte er zum ersten Mal geschockt und massives Selbstvertrauen gesammelt.

Was am Donnerstag bei der Leichtathletik-WM in Tokio folgte, überraschte die meisten Experten und Beobachter daher nicht mehr allzu sehr: Kebinatshipi brannte gleich den nächsten Top-Lauf auf die Bahn und kam in der Entscheidung nach 43,53 Sekunden vor Jereem Richards (Trinidad und Tobago/43,72) und seinem Landsmann Bayapo Ndori (44,20) ins Ziel.

Gold und ein historischer Meilenstein. Noch nie zuvor gewann ein Mann aus Botswana diese Distanz.

Kebinatshipi: „Es fühlt sich verrückt an“

„Das ist mein erster Titel und es fühlt sich verrückt an“, sagte Kebinatshipi nach seinem Triumph überglücklich und verriet: „Nach dem Halbfinale habe ich wirklich angefangen, an mich zu glauben. Ich habe mir gesagt, dass ich schnell starten und besser als im Halbfinale sein muss. Die Medaille war nur ein Bonus. Es ist fantastisch, den nationalen Rekord und die Weltbestleistung aufgestellt zu haben.“

Und dass Kebinatshipi nicht alleine auf dem Podest stand, machte Botswana noch stolzer.

Medaillen hat Kebinatshipi trotz seiner erst 21 Jahre schon einige gewonnen – darunter die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen 2024 in Paris zusammen mit Ndori und dem Einzelmeister über 200 Meter, Letsile Tebogo.

Dennoch war Botswana nie als Macht in der Leichtathletik bekannt. Gerade bei Laufwettbewerben hatten oft andere die Nase vorne. Athleten aus den USA, Kenia oder Äthiopien zum Beispiel.

Tebogo-Gold in Paris erfasst ganz Botswana

In jüngerer Zeit scheint sich das jedoch geändert zu haben. Botswana spielt eine immer größere Rolle. Kebinatshipi sowieso. Auch Ndori, Gewinner der Bronzemedaille, ist auf dem Vormarsch.

Und dann gibt es da noch Tebogo, wohl der größte Laufstar des Landes, der im 100-Meter-Finale nach einem Fehlstart disqualifiziert worden war, aber über seine Paradestrecke, die 200 Meter, nur um eine Hundertstelsekunde an Bronze vorbeischrammte.

Dazu bewiesen die Olympischen Spiele vor einem Jahr, wie begeisterungsfähig die Nation ist. Als Tebogo in Paris als erster Afrikaner überhaupt Gold über 200 Meter holte, war der Jubel grenzenlos und erfasste das gesamte Volk.

Der botswanische Präsident Mokgweetsi Masisi erklärte den darauffolgenden Tag zum halben Nationalfeiertag.

Kebinatshipi heiß auf weitere WM-Medaille

Eine solche Ehre blieb Kebinatshipi bislang verwehrt. Doch womöglich ändert sich das noch.

„Ich habe noch die Staffel vor mir, dafür muss ich mich erst erholen. Ich denke, wir sind ein starker Anwärter auf Gold. Dass drei Athleten aus Botswana in diesem Finale laufen, zeigt, dass wir wachsen – wir verbessern uns wirklich als Botswana und als Afrika“, blickte Kebinatshipi auf die 4x400-Meter-Staffel voraus, die am Wochenende stattfindet.

Neben ihm selbst und Ndori ist Lee Bhekempilo Eppie der dritte starke Mann. Er wurde im Finale über die 400 Meter Achter.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die botswanischen Festspiele dann weitergehen, scheint angesichts der Vorergebnisse hoch. Noch nie hat das Land bei einer Leichtathletik-WM mehr als zwei Medaillen errungen – diese Marke ist bereits erreicht.

Und auch wenn Tebogo um Haaresbreite leer ausging, gibt es immer noch die 4x400-Meter-Staffel mit dem neuen Hoffnungsträger Kebinatshipi. Ihren Vorrundenlauf gewann die Staffel schon einmal.