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Schach-Boss Dworkowitsch: Russischer Erdrutschsieg wirft viele Fragen auf

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Schach-Boss Dworkowitsch: Russischer Erdrutschsieg wirft viele Fragen auf

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Russischer Sieg wirft viele Fragen auf

Arkadi Dworkowitsch - hochrangiges Ex-Mitglied von Putins Machtzirkel - bleibt der mächtigste Mann im Schach. Seine deutliche Wiederwahl gegen einen ukrainischen Kontrahenten spricht Bände über die heiklen Verbindungen im Weltverband.
Arkadi Dworkowitsch ist weiter Präsident des Weltverbands FIDE
Arkadi Dworkowitsch ist weiter Präsident des Weltverbands FIDE
© Imago
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von SPORT1

Dieser Erdrutschsieg eines russischen Strippenziehers lässt tief blicken.

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Arkadi Dworkowitsch ist trotz Kritik aus der Ukraine und weiteren Teilen der Schachwelt erneut für vier Jahre zum Präsidenten des Weltverbandes FIDE gewählt worden - mit enorm großer Mehrheit. Dworkowitsch ist früherer stellvertretender Ministerpräsident unter Wladimir Putin in Russlands Regierung. Dworkowitsch steht der FIDE seit 2018 vor.

Beim Kongress im indischen Chennai bekam Dworkowitsch 157 von 179 Stimmen. Sein Widersacher, der ukrainische Großmeister Andrii Baryschpolets, dessen Kandidatur aussichtslos war, kam nur auf 16 Stimmen. Neuer Stellvertreter Dworkowitschs ist der indische Ex-Weltmeister Viswanathan Anand.

Der Deutsche Schachbund (DSB) hatte für den ukrainischen Kandidaten Position bezogen: Der 31-Jährige stehe für „glaubwürdig für einen Neuanfang bei der Fide“, sagte Präsident Ullrich Krause: „Das Zurückdrängen russischer Einflussnahme im internationalen Schach sowie eine transparente und offene Verbandsführung sind Anliegen, die unsere volle Unterstützung finden.“

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Dworkowitsch agierte nach Kriegsbeginn widersprüchlich

Baryschpolets hatte vor der Wahl am Sonntag auf die „enormen Verbindungen“ seines Kontrahenten zur russischen Regierung hingewiesen. „Du bist verantwortlich für den Aufbau der russischen Kriegsmaschinerie“, sagte er zu Dworkowitsch.

Der verteidigte sich damit, „eine starke Position zu den tragischen Ereignissen in der Ukraine eingenommen“ zu haben und verwies damit auf Aussagen, die er im März im Interview mit der US-Nachrichtenseite „Mother Jones“ getroffen hatte: Dworkowitsch hatte Russlands Invasion als „Krieg“ bezeichnet - was in Russland mittlerweile eine Straftat wäre - und Mitleid mit der ukrainischen Zivilbevölkerung gezeigt.

Dworkowitsch - der auch im Organisationskomitee für die Fußball-WM 2018 in Russland Fäden zog - löste mit seinen Worten innerhalb Russlands viel Wirbel aus und spürte schnell die druckvolle Reaktion auf Abweichler von der staatlich vorgegebenen Linie.

Kurz nach Veröffentlichung seiner Aussagen legte er den Vorsitz der Stiftung Skolkowo nieder, die nahe Moskau ein Innovationszentrum nach dem Vorbild des Silicon Valley aufbauen soll.

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„Beweis, dass Russland in der Welt nicht isoliert ist“

Ob Dworkowitsch aktuell aber wirklich noch auf Distanz zu Putin ist, ist mehr als fraglich: Im Aufsichtsrat des russischen Schachverbandes sitzt er noch immer gemeinsam mit Kreml-Sprecher Dmitri Peskow und Verteidigungsminister Sergej Schoigu. Und Peskow bezeichnet Dworkowitschs Wiederwahl nun in russischen Medien als „sehr gute Nachricht“.

Den Propaganda-Wert von Dworkowitschs Sieg drückte auch der russische Verbandschef Andrej Filatow aus. Er sprach von einem „brillanten Sieg“ und einem „Beweis, dass Russland in der Welt nicht isoliert ist“.

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Es sind Worte, die infrage stellen, wie viel Wert die Sanktionsmaßnahmen haben, die auch der Schach-Verband nach dem Ukrainekrieg verhängt hatte: Die Schach-Olympiade wurde von Russland nach Indien verlegt, zudem gab es eine Sechs-Monate-Sperre für den früheren WM-Herausforderer Sergej Karjakin, der den Krieg offen unterstützte.

Russland und Schach: Eine Verbindung mit Vorgeschichte

Der Einfluss aus Russland prägt die Schachwelt nicht erst seit kurzem: Der als zwielichtige und skurrile Persönlichkeit in Erinnerung gebliebene Vorgänger Kirsan Iljumschinow, im Amt von 1995 bis 2018, war ebenfalls ein russischer Geschäftsmann und Politiker, 2015 verhängten die USA Sanktionen gegen ihn, weil ihm finanzielle Verstrickungen in den Syrienkrieg vorgeworfen wurden. 1997 behauptete Iljumschinow, von Außerirdischen entführt worden zu sein.

Auch dem vor ihm amtierenden Florencio Campomanes von den Philippinen (1982 und 1995) wurde vorgeworfen, unter dem Einfluss des sowjetischen Geheimdienstes KGB gestanden zu haben - der Fall wurde ausführlich ausgeleuchtet in dem in der Szene vielbeachteten Buch „Der KGB setzt matt“ des in die USA emigrierten Großmeisters Boris Gulko.

Auf diesen Hintergrund verwies vor Dworkowitschs Wahl auch Ex-Weltmeister und Kreml-Kritiker Kasparow (2014 Gegenkandidat Iljumschinows) und warf FIDE anhaltende Korruption vor - außerdem nannte er „ekelhaft“, dass Dworkowitsch offenbar auch auf viel Rückhalt aus Europa zählen konnte.

Kritik übte zuletzt auch Peter Heine Nielsen, Cheftrainer des soeben als Weltmeister abgedankten norwegischen Schachkönigs Magnus Carlsen: Nielsen schrieb im April, dass auch Dworkowitsch „soft power“ für sein Heimatland ausübe und fordert ein Umdenken: „Schach muss sich von Russland unabhängig machen, in unserem eigenen Interesse und aus moralischer Verpflichtung.“

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Mit Sportinformationsdienst (SID)