Der zweimalige Dreisprung-Olympiasieger Jozef Szmidt ist im Alter von 89 Jahren verstorben. Dies teilte das Nationale Olympische Komitee Polens mit.
Olympia-Legende tot: Trauer um einen deutsch-polnischen Leichtathletik-Mythos
Tod eines Leichtathletik-Mythos
Der 1935 im damaligen Deutschen Reich geborene Szmidt, der bis 1945 Josef Schmidt hieß, hatte 1960 in Rom und 1964 in Tokio Olympia-Gold geholt und war zu seinen aktiven Zeiten der beste Dreispringer der Welt. Die politischen Wirren des Kalten Krieges bewogen Szmidt danach zur Flucht nach West-Deutschland.
Einst der beste Dreispringer der Welt
Szmidt wurde als Sohn einer deutschen Familie in Oberschlesien geboren, der Zweite Weltkrieg mit dem Angriff Nazi-Deutschlands auf Polen prägte seine Kindheit. Als seine Heimatregion ab 1945 Teil Polens wurde, entging er der Vertreibung, weil seine Eltern - obwohl sie vorher nicht Polnisch sprachen - sich als Fachkräfte integrierten.
Szmidt erlernte den Beruf des Mechanikers, ehe in den fünfziger Jahren seine Leichtathletik-Karriere abhob: Szmidt war auch Landesmeister im Weitsprung und über 100 und 200 Meter in der nationalen Spitze, zur Legende wurde er aber in seiner Spezialdisziplin Dreisprung: Neben seinen beiden Olympiasiegen wurde das „schlesische Känguru“ 1958 sowie 1962 zweimal Europameister. Er übertraf als erster Dreispringer die 17-Meter-Marke und war mit seiner revolutionären Technik ein Antreiber der Weitenentwicklung in seiner Sportart.
In Polen war Szmidt nicht zuletzt wegen seiner Dominanz über die Konkurrenten aus dem kommunistischen Mutterland Sowjetunion ein Volksheld, in den Jahren seiner Olympia-Triumphe wurde er jeweils zu Polens Sportler des Jahres gewählt. Auch nach seiner aktiven Karriere ging seine Vita aus politischen Gründen bewegt weiter,
Dramatische Flucht nach Westdeutschland
Szmidt verscherzte es sich mit dem polnischen Regime, als er in einem Interview erklärte, dass er ein distanziertes Verhältnis zur Politik habe und sich nicht an der Parlamentsabstimmung beteiligen würde - und wurde danach zur unerwünschten Person, die in den Staatsmedien totgeschwiegen wurde. Er entschloss sich darauf zur Flucht und setzte sich 1976 nach Westdeutschland ab - bei einem EM-Qualifikationsspiel der polnischen Fußball-Nationalmannschaft, das er als Fan begleitete.
Durch Bestechung der polnischen Behörden reiste letztlich auch Szmidts Familie hinterher und ließ sich in Lüdenscheid nieder - seine deutsche Staatsangehörigkeit hatte er nach BRD-Recht nie verloren. Auf Vermittlung eines ebenfalls nach Deutschland gezogenen Leichtathletik-Weggefährten bekam Szmidt eine Stelle als Physiotherapeut, seine Frau als Krankenschwester.
Nach dem Zusammenbruch des Ostblocks kehrte Szmidt 1994 nach Polen zurück und lebte dort völlig zurückgezogen als Ziegenzüchter und Obstbauer. Einladungen zu Ehrungen und anderen Nostalgie-Veranstaltungen lehnte er stets ab.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)