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Der größte Zocker aller Zeiten

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Der größte Zocker aller Zeiten

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Der größte Zocker aller Zeiten

Einmal Roger Federer beim Tennis zuschauen. Oder Nowitzki beim Basketball. Oder Messi live erleben. Unserem Autor Martin Pott erinnert sich immer noch gerne an sein GOAT-Erlebnis: Dabei zu sein, wenn der größte Gambler aller Zeiten zockt.
Zockerlegende Archie Karas
Zockerlegende Archie Karas
© Soft White Underbelly
von Martin Pott

Ich vermute, dass euch der Name Anargyros Karabourniotis kein Begriff ist. Bekannter ist er als Archie Karas oder „Archie, the Greek“. Diesen Namen haben einige eventuell schon mal gehört. Falls immer noch nicht…kein Problem. Lehnt euch zurück und lest die Geschichte dieses griechischen Megazockers. Von ihm bzw. seiner Zeit in Las Vegas wird sicherlich auch noch in 100 Jahren gesprochen werden. Er wird vermutlich als der größte Zocker aller Zeiten in die Geschichte eingehen. Und für mich hat die Story eine persönliche Note, denn ich habe genau zu der Zeit in Vegas gelebt, als sich folgendes abspielte. Ich habe es hautnah über viele Monate Tag für Tag mitbekommen, wie Archie Karas einige Herrschaften in Las Vegas gewaltig zum Schwitzen brachte.

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Aus Anargyros wird Archie

Mit 15 Jahren verließ Archie seine griechische Heimat, nachdem sein Vater ihn im Streit fast umbrachte. Er heuerte auf einem Schiff als Kellner an und landete dann über Umwege in Los Angeles, wo er als Servicekraft in einem Restaurant arbeitete. Direkt neben dem Restaurant gab es einem Billardsalon und über die Jahre spielte Archie nach Feierabend sehr viel Poolbillard. Er entwickelte dabei eine enorme Stärke. Es gibt einige, die behaupten er sei zu damaligen Zeiten beim Pool unschlagbar gewesen.

Im Laufe der Zeit verdiente er als Hustler am den Billardtischen mehr Geld als mit seiner Tätigkeit als Kellner. Irgendwann gingen ihm dann jedoch die Gegner aus und dies war auch die Zeit, wo er zum ersten Mal mit einem anderen Spiel in Kontakt kam. Poker! Auch hier verstand Archie recht schnell, worauf es ankam und er konnte seine Bankroll stets vergrößern.

Drauf auf den Lauf

Und jetzt kommen wir zu einer Eigenschaft von Archie, die ihn von fast allen anderen Menschen gehörig unterscheidet. Er war stets in der Lage den positiven Lauf von Varianzen zu erkennen und seinen Lauf dann eben gnadenlos auszuspielen. Da wo andere vielleicht sagen, dass der entstandene Gewinn reicht um dann entsprechend abzubrechen, da geht es für Archie erst richtig los. Die Gewinne reinvestierte er „im Lauf“ immer wieder sofort um eben noch mehr Ertrag, sprich den Maximalgewinn rauszuholen. In seiner Zeit in Los Angeles hatte er so etliche Male aus dem Nichts heraus über eine Million Dollar zusammen um dann allerdings doch wieder alles zu verspielen und komplett Pleite zu gehen. Er musste also irgendwie noch lernen zu erkennen, wann der Lauf vorbei war um dann passend den Fuß vom Gaspedal zu nehmen.

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Mit 50$ in der Tasche hatte er dann irgendwann (im Dezember 1992) genug von Los Angeles und ging nach Las Vegas. Auch hier zog er zunächst durch die Billardhallen um ahnungslose Touristen auszunehmen und um überhaupt überleben zu können. Nachdem er wieder eine passable Bankroll zusammen erspielt hatte, ging es an die Pokertische um sich nicht viel später gleich mit den Schwergewichten der damaligen Szene zu duellieren. Zum ersten Male fiel er mir im Pokerroom von Binions Horseshoe in Downtown Las Vegas auf. Während ich wie fast jeden Tag in den Baby-Limits spielte um mir meinen Lebensunterhalt auf harte Art und Weise mit nicht unter 8 Stunden pro Tag am Tisch zu verdienen, so saß Archie Karas auf einmal bei den ganz schweren Jungs mit am Tisch.

Plötzlich ein High Roller

Mit Doyle Brunson, Johnny Chan, Stu Ungar (†), Chip Reese (†) und Bobby Baldwin. Manchmal waren auch Howard Lederer oder Jerry Buss (†), der damalige Besitzer der Los Angeles Lakers, mit von der Partie. Während ich 4-8$ Limit Holdem spielte, so spielten die Jungs 300-600$ oder noch höher. Mittendrin Archie. Der Grieche, der Wochen zuvor nicht einmal wusste, wie er nachts sein Hotelzimmer bezahlen sollte. Aber ein Archie Karas im Lauf war halt schwer zu besiegen und dies mussten auch Doyle Brunson & Co. anerkennen. Und so hatte Archie schnell wieder die erste, dann auch die zweite Million Dollar zusammen. Irgendwann reichten und reizten ihn die Pokerpartien nicht mehr und er entdeckte eine neue Leidenschaft. Craps! Es ging an die Würfeltische und der wohl unglaublichste Run, den Las Vegas jemals gesehen hat, begann. Archie spielte von nun an mehrmals die Woche und es war jedes Mal eine einzige Show, wenn er ins Casino kam.

Er spielte ganz allein am Tisch und mindestens 5 Security-Leute sicherten rund herum alles ab. In 2-3 Metern Entfernung standen innerhalb von ein paar Minuten mindestens 100 Zuschauer, die mit ihm fieberten. Die kleinste Einheit an Chips, die er verwendete, waren zu Beginn die 500er, einige Wochen später dann die 5.000er! Und er kleisterte alles zu auf dem Tisch, worauf man überhaupt nur setzen konnte. Und dann ging es halt darum möglichst lange keinen SIEBEN zu werfen, denn mit jeder anderen Zahl gewann er. Und wenn er dies lange genug aushielt, dann presste er seine Einsätze und nahm erst dann Chips von den Feldern, wenn fast nichts mehr darauf passte. Er war sehr bald 5 Millionen Dollar vorn, nicht lange Zeit später bereits 10 Millionen Dollar. Wenn Archie nun das Casino betrat, sprach es sich wie ein Lauffeuer herum und alle wollten zuschauen. Zum ersten Mal überhaupt habe ich es damals erlebt, dass eine Pokerpartie, in der ich mich befand, unterbrochen wurde! Das geschah sonst selbst nicht am 31.12. um Punkt 0.00 Uhr. Aber nun, als Archie am Craps-Tisch in Action war, wollten alle dem Spektakel beiwohnen und zuschauen.

Archie erwürfelt sich Millionen

Auch ich konnte mich dieser Sensation nicht entziehen und stand teilweise stundenlang daneben, staunte einfach nur. Die ersten Gerüchte zu Archie‘s Spielweise kamen nun ebenfalls auf. Während die einen der festen Ansicht waren, dass er sich einfach nur inmitten eines Megalaufs befand und halt viel Glück hatte, so behaupteten andere ganz fest, dass er sich jahrelang genau auf diese Crapssessions im eigenen Wohnzimmer vorbereitete. Dass er sich einen alten ausrangierten Craps-Table gekauft und jeden Tag unzählige Stunden geübt habe um die Würfel 3 Meter weit schmeißen zu können, so dass sie punktgenau landeten, dann eben eine Rotation um was weiß ich wie viel Grad um sich selbst machten um dann mit der gewünschten Zahl auf beiden Würfeln eben genau oben liegen zu bleiben. Ich tendiere übrigens zu Variante A.

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Aber Archie‘s Lauf war noch längst nicht vorbei! 15 Millionen, 20 Millionen Dollar…25 Millionen Dollar im Gewinn! Und er erhöhte die Einsätze mit jeder Session. Wenn er nun ins Casino kam, so waren die Zuschauerreihen meist innerhalb von Sekunden so proppenvoll, dass man quasi nichts mehr mit bekam, sofern man nicht zu den allerersten in der Rail gehörte. Und auch Jack Binion, der damalige Besitzer des Horseshoe, stand fortan nahezu immer in Sichtweite vom Tisch. Ich konnte spüren, wie der Hals von Jack Binion immer dicker wurde, wenn die Croupiers mal wieder eine neue Lage (Wert eine halbe Million Dollar) an 5.000er Chips aus dem Safe anforderten, weil sie ansonsten Archie‘s Gewinne am Tisch nicht mehr auszahlen konnten. Archie Karas war nun mehr als 30 Millionen Dollar vorn und wohl zum ersten Mal in der Geschichte von Las Vegas kam es zu der absolut kuriosen Situation, dass das Haus einen Spieler darum bitten musste, die Chips aus seinem Safe in Banknoten einzutauschen, weil das Casino keinen einzigen 5.000er Chip mehr im Depot hatte!

Meist ließ Archie die Gewinne im Safe des Casinos. Ab und an packte er die Chips auch in eine Sporttasche, setzte sich ins Taxi und fuhr nach Hause…um dann am nächsten Tag mit der voll bepackten Sporttasche (etliche Millionen!) wieder zurückzukommen und weiter zu zocken. Ich habe keine Ahnung, was Archie Karas‘ Ziel damals war. Ob er vielleicht nur das Horseshoe platt spielen oder vielleicht gar alle Geldreserven von ganz Las Vegas erspielen wollte. Vielleicht wollte er, dass die Stadt irgendwann mal „Las Karas“ heißen sollte. Auch habe ich keine Ahnung, ob es Archie jemals bewusst war, wie viel Geld 40 Millionen Dollar überhaupt ist. Nur mal ein kleines Rechenbeispiel: Wenn er diese Summe mit einem Satz von 7,5% verzinst hätte – ja, solche Zinssätze gab es damals und es ist vermutlich sogar eher noch tief angesetzt – dann hätte er pro Jahr 3 Millionen Dollar ausgeben können, ohne dass sein Guthaben weniger geworden wäre. Das wären 250.000$ pro Monat gewesen oder umgerechnet gute 8.000$ pro Tag zum Verprassen. Tja….da Las Vegas heute immer noch Las Vegas heißt und da es das gute alte Binions Horseshoe heute ebenfalls noch gibt, könnt ihr euch vermutlich denken, wie die Story ausgegangen ist.

Das Ende des Laufs

Sein Lauf war irgendwann vorbei. Archie fand einmal mehr das Bremspedal nicht. Es dauerte nur einige Monate und er war von 40 Millionen Dollar wieder bei Null angelangt…er hatte alles auf Heller und Pfennig wieder zurück verloren! Sehr lange habe ich dann nichts mehr von ihm gehört. Bis 2008, als er den Final Table bei einem WSOP Event erreichte und für Platz 7 knapp 20.000$ erhielt. Ein Jahr später erreichte er abermals den Final Table, dieses Mal beim Deuce to Seven Draw Event, und für Platz 5 gab es knapp 54.000$. Ich dachte er könnte daraufhin eventuell einen abermaligen Kickstart zum Multimillionär hinlegen, aber dem war nicht so. Die letzte traurige Nachricht kam im Herbst 2013. In einem Casino in Lakeside (Kalifornien) wurde er des Betruges überführt, als er beim Black-Jack einzelne Karten mit einem Färbemittel markiert und manipuliert hat. Er hatte dies wochenlang praktiziert und war mit dieser Methode knapp 8.000$ vorn. Anhand von Videosequenzen konnte man nachweisen, dass er sich illegal verhalten hatte. Er saß 73 Tage im Gefängnis.

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Was Archie Karas aktuell macht, ist mir nicht bekannt, aber ich könnte darauf wetten, dass wir irgendwann nochmals etwas von ihm hören werden und er zu seinem letzten „Run“ ausholt. Ob er allerdings nochmals an die Summen von 1995 herankommt, das wage ich mal ganz stark zu bezweifeln. Was lernen wir daraus? 1. Im Lauf drauf! Bei positiver Varianz ruhig mal etwas risikoreicher an die Sache herangehen. 2. Passend die Handbremse ziehen, wenn es mal nicht (mehr) so richtig rund läuft. Beides gilt übrigens nicht nur beim Spiel, sondern häufig auch im richtigen Leben! Good game, wir sehen uns an den Tischen.

Martin Pott ist ehemaliger Poker-Profi, der etliche Jahre in Las Vegas gelebt & dort professionell gepokert hat. Erfahrene Spieler kennen die Stimme von Martin Pott zudem aus vielen Pokersendungen im TV, wo er seit Jahren von großen Turnieren aus der ganzen Welt berichtet. Weitere Infos zu unserem Autor findest du auch auf www.plus-ev.eu