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Tour-Profi offenbart Todesangst

Tour-Profi offenbart Todesangst

Bei der Tour de France 2023 ist Pierre Latour für das französische Team TotalEnergies am Start. Doch die Rundfahrt kostet ihn viel Überwindung.
Im Frühjahr war Tadej Pogacar der haushohe Favorit auf den Sieg der diesjährigen Tour de France. Doch Jonas Vingegaard hat aktuell gute Chancen, seinen Vorjahreserfolg zu wiederholen.
Bei der Tour de France 2023 ist Pierre Latour für das französische Team TotalEnergies am Start. Doch die Rundfahrt kostet ihn viel Überwindung.

Eigentlich lebt Pierre Latour seinen Traum: Der 29-Jährige hat seine Leidenschaft Radfahren zum Beruf gemacht und nimmt in diesem Jahr bereits zum sechsten Mal an der Tour de France teil.

Doch genau diese Erfüllung seines großen Traums kostet ihn jedes Mal aufs Neue Überwindung. Auf Abfahrten wird Latour, der bei der Tour de France 2018 das Weiße Trikot des besten Nachwuchsfahrers gewinnen konnte, regelmäßig von Todesangst heimgesucht.

„Das ist eine Angst, die ich nicht abschalten kann“, offenbarte er nach der 13. Etappe im Gespräch mit der französischen Tageszeitung Le Parisien. Diese Angst zwinge ihn, sich bei Abfahrten an das Ende des Feldes fallen zu lassen, um dann mit enormem Kraftaufwand wieder nach vorne zu kommen.

Ständige Angst! „Wie ein Alkoholiker“

Grund für diese Angst ist die Erfahrung mehrerer Stürze in der Vergangenheit - vor allem bei der Tour of Oman 2019, als er sich zwei Brüche in der linken Hand zugezogen hatte.

Er habe auch schon professionelle Hilfe in Anspruch genommen, um die Angst zu beherrschen. „Sophrologie, Psychoanalyse, mentale Vorbereitung und sogar Hypnose“, wie er sagt.

Für eine Weile helfe das, doch „beim geringsten Vorkommnis bergab explodiert alles in meinem Kopf. Wie ein Alkoholiker, der wieder ein Getränk probiert. Und es ist, als würde ich bei Null anfangen.“

Dabei müsse es sich nicht einmal um einen Sturz handeln, es reichen schon harmlose kleine Ausrutscher. Dann gehe in seinem Kopf wieder alles durcheinander „und alles blockiert“.

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„Ich habe Angst, weil ich den Eindruck habe, dass ich ohne Kontrolle ins Nichts fahre“, beschrieb der Drittplatzierte der französischen Straßenmeisterschaft 2023 die Situation. Zwar wisse er, dass sich das alles nur in seinem Kopf abspiele, aber „es (das Gefühl, Anm. d. Red.) ist stärker“.

Es fühle sich an, als hätte er keinen Boden mehr unter seinem Rad.

Todesdrama um Gino Mäder immer präsent

Auch während der laufenden Tour hatte er schon wieder Momente, wo ihn die Angst zu übermannen drohte. Auf der sechsten Etappe ging es den Col d‘Aspin und Col du Tourmalet hinab. „Da habe ich nicht alles gegeben, um wieder nach vorne zu kommen“, gab er offen zu.

Auch das Todesdrama um Gino Mäder bei der Tour de Suisse ist in seinem Kopf präsent. Da wurde ihm wieder bewusst, dass bei Abfahrten nicht nur eine Verletzungsgefahr besteht, sondern man auch sterben kann.

Daher hat er eine klare Vorstellung von sich als Radprofi: Wenn es um den Sieg gehe, müsse man kämpfen, aber er schaue ganz genau hin, wann sich das Risiko lohne. „Denn mein Leben ist mehr wert, als zu versuchen, 50. statt 100. zu werden.“

Im Gesamtklassement liegt Latour nach 14 Etappen mit 2:32:48 Stunden Rückstand auf das Gelbe Trikot auf Rang 76. Auf den verbleibenden Etappen wird er seinen Teamkapitän Mathieu Burgaudeau - vor Etappe 15 auf Rang 29 platziert - weiter unterstützen.

Aber wohl nicht um jeden Preis.