Ben Healy ist auf der sechsten Etappe der diesjährigen Tour de France mit einem beherzten Soloritt zum Sieg gerast! Der 24-Jährige vom EF Education-EasyPost attackierte auf dem knapp über 200 Kilometer langen Teilstück von Bayeux nach Vire Normandie aus einer Fluchtgruppe heraus und feierte seinen ersten Tagessieg bei der Frankreich-Rundfahrt.
Tour de France: Pogacar verliert Gelb - doch nicht nur das!
Pogacar verliert alle Trikots
Am Ende fuhr Healy mit einem Vorsprung von 2:44 Minuten vor Quinn Simmons (Lidl-Trek) und Michael Storer (Tudor Pro Cycling Team) über die Ziellinie. Kurz darauf folgte Mathieu van der Poel, der ebenfalls zur Spitze um Healy gehörte und sich das Gelbe Trikot nach nur einem Tag von Tadej Pogacar zurückholte. Pogacar kam mit der ersten größeren Gruppe und einem Rückstand von 5:27 Minuten rein - genau eine Sekunde zu spät, um das Jersey zu behalten.
Lipowitz kommt im Hauptfeld an
Offensichtlich hatte Pogacar aber gar kein großes Interesse daran, die Gesamtführung schon in der ersten Woche um jeden Preis zu verteidigen. Der Slowene steuerte gemeinsam mit den anderen Tour-Favoriten, darunter Jonas Vingegaard und Remco Evenepoel, über den Strich, trotz eines Zielsprints reichte es nicht für Gelb. Zu dieser Gruppe gehörte auch der deutsche Hoffnungsträger Florian Lipowitz. Dessen Teamkollege Primoz Roglic büßte fünf Sekunden ein.
Pogacar verlor indes nicht nur das Gelbe Trikot, sondern auch die Führungen in der Bergwertung und der Sprintwertung. Der Belgier Tim Wellens (UAE Team Emirates) schlüpft fortan ins gepunktete Dress des Bergbesten. Jonathan Milan vom Team Lidl-Trek gewann den Zwischensprint des Tages in Villers-Bocage und übernimmt damit das Grüne Trikot.
Solofahrt startet 42 Kilometer vor Schluss
Zuvor begann die sechste Etappe turbulent und mit hoher Geschwindigkeit. Nach der ersten Rennstunde lag der Schnitt bei unglaublichen 49,84 km/h – angesichts des anspruchsvollen Profils ein extremer Wert. Bei wunderbar sonnigen Bedingungen dauerte es lange, bis die Ausreißer des Tages gefunden waren. Das Feld blieb wachsam und beantwortete Attacken in den ersten rund 43 Kilometern konsequent.
Danach probierten es zunächst Wout van Aert und Pablo Castrillo, doch ihr Versuch scheiterte. Nach rund 60 Kilometern schlossen sich schließlich acht Fahrer an der Spitze des Feldes zusammen, die dort auch blieben: Mathieu van der Poel, Ben Healy, Quinn Simmons, Harold Tejada, Simon Yates, Will Barta, Eddie Dunbar und Michael Storer. 42 Kilometer vor dem Ziel ging Healy aus dieser Gruppe als Erster in die Offensive.
Healy feiert zehnten Profisieg
Und das zeigte direkt Wirkung. Schnell wuchs Healys Polster auf eine halbe Minute, wenig später auf 50 Sekunden. Seine sieben Mitstreiter waren sich zu lange uneinig und konnten die Attacke nicht mehr kontern. Für den Iren ist es der zehnte Profisieg seiner Karriere – und er zeigt einmal mehr, warum er von vielen Radsportfans so verehrt wird. Frühe Attacken, hohes Risiko, lange Solos – das ist sein Stil.
„Es ist einfach unglaublich. Das ist das Ergebnis harter Arbeit von so vielen Leuten. Heute konnte ich alles zurückgeben“, sagte der überglückliche Healy im Ziel. „Der gesamte Tag war so hart. Ich habe meinen Moment perfekt genutzt, den Angriff perfekt getimt und es dann bis ins Ziel durchgezogen. Ich dachte nur: Kopf runter und jetzt alles reinwerfen bis zur Ziellinie, und es hat funktioniert – verrückt.“
Am Freitag steht eine weitere anspruchsvolle Etappe auf dem Programm. Das siebte Teilstück ist 194 Kilometer lang und führt die Fahrer von Saint-Malo in die Bretagne. Dabei müssen sie viele kleine, aber harte Anstiege bewältigen. Besonders spektakulär dürfte das Finale werden. Die bis zu 15 Prozent steile Mur de Bretagne wird am Ende zweimal gefahren und stellt auch das Ziel dar.