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Joachim Deckarm: Das Drama eines deutschen Handball-Giganten

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Joachim Deckarm: Das Drama eines deutschen Handball-Giganten

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Das Drama eines Handball-Idols

Am 30. März 1979 fiel Handball-Weltmeister Joachim Deckarm nach einer Kollision auf dem Feld für 131 Tage ins Koma. Er kämpfte sich beherzt ins Leben zurück.
Joachim Deckarm (M.) erlitt am 30. März 1979 einen schweren Schicksalsschlag
Joachim Deckarm (M.) erlitt am 30. März 1979 einen schweren Schicksalsschlag
© IMAGO/WEREK
SPORT1
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von SPORT1

An seine Tragödie wird Joachim „Jo“ Deckarm täglich erinnert - auch an diesem 30. März, dem Jahrestag eines Ereignisses, das sein Leben auf einen Schlag für immer verändert hat.

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An der Wand seines Zimmers im Evangelischen Seniorenzentrum in Gummersbach hängt ein Wimpel des Klubs Banyasz Tatabanya aus Ungarn.

Dort endete am 30. März 1979 im Halbfinal-Rückspiel des Europacups der Pokalsieger die Karriere eines der weltbesten Handballer auf tragische Weise.

Brandt erinnert an Horror-Momente

Deckarm prallte im Trikot des VfL Gummersbach mit Lajos Panovics zusammen und schlug ungebremst mit dem Kopf auf den nur mit einer dünnen PVC-Schicht belegten Betonboden auf. Deckarm fiel für 131 Tage ins Koma.

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„Nach dem Spiel saßen wir alle in der Kabine und haben geheult, weil wir dachten, Jo sei tot“, sagte Heiner Brand einst. So schlimm war es nicht, doch aus Deckarm wurde ein Pflegefall. Der 1,94 m große Koloss musste alles neu erlernen: essen, sprechen, laufen.

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Doch mit einer unbändigen Willenskraft und unter Anleitung seines früheren Trainers Werner Hürter kämpfte er sich zurück ins Leben, begleitet von seinem Motto: „Ich kann, ich will, ich muss.“

Deckarm führt DHB-Team 1978 zum WM-Titel

Große Unterstützung erfährt er dabei von der Handball-Familie. Seine Weltmeister-Teamkollegen von 1978 haben ihren „Jo“ nie vergessen, besonders Brand erweist sich in der Not als treuer Freund. „Es ist ein großes Gefühl, zu einer Mannschaft zu gehören“, betonte Deckarm einmal.

Mit dieser Mannschaft feierte er ein Jahr vor seinem Unfall, der alles veränderte, seinen größten Triumph. Mit sechs Toren im Finale gegen die schier übermächtige Sowjetunion führte Deckarm die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) in Kopenhagen zum WM-Triumph (20:19).

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Bundestrainer Vlado Stenzel bezeichnete den am 19. Januar 1954 in Saarbrücken geborenen Deckarm später als „besten Handballer aller Zeiten“.

Im Finale bezwingt das Team von Trainer-Legende Vlado Stenzel (m.) die Sowjetunion mit 20:19 und startet eine Ära im deutschen Handball. An der Seite von Wunderlich (1. v. li.) spielen unter anderem Heiner Brand (r.) und Joachim Deckarm
Im Finale bezwingt das Team von Trainer-Legende Vlado Stenzel (m.) die Sowjetunion mit 20:19 und startet eine Ära im deutschen Handball. An der Seite von Wunderlich (1. v. li.) spielen unter anderem Heiner Brand (r.) und Joachim Deckarm

Doch am 30. März 1979 folgte der Schock. Nach dem Unglück schwebte Deckarm lange in Lebensgefahr. Die schreckliche Diagnose in der Budapester Johannis-Klinik: doppelter Schädelbasisbruch, Quetschungen des Haupthirns, Riss in der Hirnhaut.

Unter dem Dach der Deutschen Sporthilfe wird ein Fonds gegründet, damit die Kosten der aufwändigen Behandlungen gedeckt sind. „Nach dem Unfall waren wir alle in der Verantwortung. Ich vielleicht ganz besonders, weil wir so viel zusammen erlebt haben“, sagte Brand.

Aufnahme in Hall of Fame des deutschen Sports

Deckarm tut der Zuspruch seiner alten Weggefährten gut und er stellt sich seiner Vergangenheit. 2014 reist er mit Brand nach Tatabanya und trifft Lajos Panovics. „Es ist eine unfassbare Tragödie, die uns verbindet“, sagte der Ungar danach.

Doch Deckarm lässt sich davon nicht unterkriegen. Das Sprechen fällt ihm zwar schwer, doch nach dem Umzug von seiner Heimatstadt Saarbrücken nach Gummersbach, wo er in Vollzeit gepflegt werden kann, blühte er richtig auf. Über Siege bei Würfelspielen mit Brand freute er sich ebenso wie früher über einen gelungenen Torwurf.

Seine öffentlichen Auftritte genießt er. Bei der Heim-WM im Januar 2019 sangen ihm 20.000 Menschen in der Kölner Arena ein Ständchen zum 65. Geburtstag, auch in der Halle seines Ex-Klubs VfL Gummersbach ist er immer wieder zu Gast. Bei der EM 2024 würde ihm anlässlich seines 70. Geburtstages in Köln erneut eine große Bühne gegeben.

Joachim Deckarm (vorne, mit Heiner Brand) bekam während der Handball-EM 2024 in Deutschland anlässlich seines 70. Geburtstags eine große Bühne
Joachim Deckarm (vorne, mit Heiner Brand) bekam während der Handball-EM 2024 in Deutschland anlässlich seines 70. Geburtstags eine große Bühne

Die Anspannung sei weg, erzählte Deckarm vor einigen Jahren. Die Wege seien kurz, er komme wieder zur Ruhe.

Deckarm, der nie den Mut verlor, ist ein Vorbild. Als „besonderer Kämpfer“ wurde er im Jahr 2013 in die Hall of Fame des deutschen Sports aufgenommen.

Ein beispielloser Kämpfer war er stets. Er trainiert im Kraftraum, um seinen körperlichen Zustand weiter zu verbessern. Wenn er danach zurück in sein Zimmer kommt, erinnert ihn ein Blick an die Wand wieder an die Tragödie von Tatabanya, die sein Leben für immer verändert hat.

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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)