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6:0, 6:0 im French-Open-Finale: Wie Steffi Graf eine spätere Legende demütigte

Wie Graf eine Legende demütigte

Heute vor 35 Jahren gewann Steffi Graf das kürzeste und einseitigste Grand-Slam-Finale der Geschichte. Trotz der bitteren Demütigung gelang auch ihrer Gegnerin noch eine Hall-of-Fame-Karriere.
Niemand war länger die Nummer 1 der Tennis-Weltrangliste als sie. Steffi Graf zählt mit 900 Siegen zu den Giganten des Weltsports. Rückblick auf eine atemberaubende Karriere-
Heute vor 35 Jahren gewann Steffi Graf das kürzeste und einseitigste Grand-Slam-Finale der Geschichte. Trotz der bitteren Demütigung gelang auch ihrer Gegnerin noch eine Hall-of-Fame-Karriere.

Steffi Grafs Gegnerin kämpfte hinterher mit den Tränen. Und jeder konnte es nachfühlen.

0:6, 0:6 war Natalia „Natasha“ Zvereva aus der damaligen Sowjetunion gegen die deutsche Jahrhundertsportlerin bei den French Open untergegangen. In nur 32 Minuten. Und nicht als überforderter Underdog in Runde 1, 2 oder 3. Sondern im Turnierfinale.

17 Jahre war die Belarussin damals alt, als sie von der damals auch erst 18-jährigen „Gräfin“ überrollt wurde. Es war das kürzeste Major-Finale der Geschichte. Und die ultimative Machtdemonstration der jungen Dominatorin, die das Jahr mit dem „Golden Slam“ beenden sollte – dem historischen Gewinn der Australian, French und US Open, Wimbledon und Olympia in Seoul.

Steffi Graf dominierte French Open 1988 nach Belieben

Die in Minsk geborene Zvereva war am 4. Juni 1988 durchaus mit Rückenwind ins Spiel gegangen. Auf dem Weg ins Finale hatte sie unter anderem die große Martina Navratilova ausgeschaltet.

Graf, die im Jahr zuvor in Paris ihren ersten Grand-Slam-Titel gefeiert hatte, bewegte sich jedoch auf einem völlig anderen Level. Zvereva fand nie zu ihrem Spiel, gewann in der ganzen Partie nur 13 Ballwechsel - nur zwei davon aus eigener Kraft, die anderen 11 wegen Fehlern von Graf. Eine rund einstündige Regenpause während des Spiels war am Ende etwa doppelt so lang wie die Begegnung an sich.

„Nach dem ersten Satz habe ich mir überlegt, was ich später am Abend essen würde“, gestand Zvereva hinterher. Während Graf sich halb entschuldigend an Zvereva und die Zuschauer wandte: „Was soll ich machen? 0:6, 0:6 in einem Grand-Slam-Finale zu verlieren, ist die Hölle. Aber ich bin Sportlerin und versuche immer, das beste Tennis aus mir herauszukitzeln.“

Natalia Zvereva mit Hall-of-Fame-Karriere im Doppel

Es gelang ihr nicht nur in Paris mit Bravour: In allen vier Grand-Slam-Turnieren gab Graf nur zwei Sätze ab. Im Finale von Wimbledon gegen Martina Navratilova und im Endspiel der US Open gegen Gabriela Sabatini. Im Olympia-Endspiel dominierte Graf die Argentinierin mit 6:3, 6:3. (Das macht Gabriela Sabatini heute)

Am Ende jenes sagenhaften Tennisjahres blickte Steffi Graf auf eine Bilanz von 72:3 im Einzel zurück. Am Ende ihrer 1999 beendeten Karriere standen 22 Major-Titel für die heute mit Ehemann Andre Agassi in den USA lebende Legende zu Buche.

Die tragische Heldin Zvereva erreichte derweil nie mehr ein Grand-Slam-Endspiel im Einzel, legte dafür aber im Doppel eine Hall-of-Fame-Karriere mit 18 Major-Titeln hin, die meisten mit der US-Amerikanerin Gigi Fernandez.

Späte Revanche in Wimbledon

Im Einzel konnte Zvereva nicht so weit in die Weltspitze vorstoßen, exemplarisch ist dafür auch ihre persönliche Bilanz gegen Graf: Von insgesamt 21 Duellen verlor sie 18.

Ihr größter Sieg über Graf gelang Zvereva (nicht mit der Familie von Alexander Zverev verwandt) zehn Jahre nach der historischen Demontage in Paris, in der dritten Runde von Wimbledon.

Zvereva gelang in London die seltene Errungenschaft, Graf und Monica Seles in einem Turnier auszuschalten. Im Halbfinale war Schluss gegen Nathalie Tauziat, die im Endspiel der 2017 verstorbenen Jana Novotna unterlag.