Rekordsieger Roger Federer hat die märchenhafte Reise von Tennis-Nobody Marcus Willis in der zweiten Runde von Wimbledon humorlos beendet.
Volksheld Willis: "Bier verdient"
Der siebenmalige Turniersieger aus der Schweiz ließ dem Weltranglisten-772. beim 6:0, 6:3, 6:4 keine Chance. Der Brite Willis hatte sich über zwei Qualifikationen in das Hauptfeld des bedeutendsten Tennisturniers der Welt gespielt und im All England Club sein erstes Spiel überhaupt auf Tour-Level gewonnen.
Vorfreude auf das Bier nach dem Spiel
"Ich bin erschöpft, ich habe mir jetzt ein Bier verdient", sagte Willis. Glücklich war er nicht, obwohl er gerade das Match seines Lebens gegen einen der größten Spieler der Tennisgeschichte absolviert hatte: "Es klingt lustig, aber ich bin enttäuscht."
Federer hatte Willis' Weg bereits nach der Quali verfolgt und war gewarnt: "Er hatte einen Lauf und hat ein bisschen besser gespielt als sein Ranking ist." Weniger Unterstützung, sagte der 34 Jahre alte Publikumsliebling, habe er in Wimbledon nur einmal gespürt, 1999 als er sein Debüt auf Platz 8 gab. "Dieses Spiel wird dennoch eines bleiben, an das ich mich immer erinnern werde", sagte Federer.
Willis (25) genoss die Atmosphäre unter dem geschlossenen Dach des mit knapp 15.000 Zuschauern vollbesetzten Centre Courts. Der Tennistrainer aus Slough feierte jeden Punkt gegen den Maestro - und das Publikum ihn. In seiner Box drückte Freundin Jennifer Bate die Daumen, die Zahnärztin hat großen Anteil daran, dass Willis' Cinderella-Geschichte im All England Club überhaupt erzählt wurde.
Die Mutter von zwei Kindern war der Grund, warum Willis es noch einmal als Profi versuchte und seine Auswanderungspläne über Bord warf. "Ich wollte in die USA gehen, nach Philadelphia, um dort als Trainer zu arbeiten", berichtete Willis und fügte mit leuchtenden Augen hinzu: "Dann aber traf ich dieses Mädchen. Sie sagte, ich bin ein Idiot - und ich soll doch jetzt einfach weitermachen.
"Willis machte weiter - und wie. Durch seinen Einzug in die zweite Runde hat der Sohn einer Lehrerin 50.000 Pfund (60.400 Euro) sicher, in seiner gesamten Karriere hat Willis bislang 69.500 Pfund (84.000 Euro) Preisgeld verdient. "Jetzt kann ich endlich einige Rechnungen begleichen", hatte Willis bereits vor dem Match seines Lebens gegen Federer augenzwinkernd gesagt.
In der Regionalliga für Köln aktiv
Wie es für den Teilzeitprofi in Zukunft weitergeht? Zumindest einen großen Sprung in der Weltrangliste wird Willis machen. Sein deutscher Klub, die Regionalliga-Mannschaft des MSC Köln, rechnet auch in der kommenden Saison fest mit ihm. "Wir sind eigentlich so verblieben, dass er auch 2017 wieder für uns spielt, es gibt da schon Abmachungen", sagte Mannschaftsführer Sören Hansen der SZ.
Djokovic wahrt seine weiße Weste
Ebenfalls ohne große Probleme hat Titelverteidiger Novak Djokovic den Einzug in die dritte Runde geschafft.
Der Weltranglistenerste aus Serbien gewann unter dem geschlossenen Dach des Centre Courts gegen den Franzosen Adrian Mannarino nach 2:04 Stunden 6:4, 6:3, 7:6 (7:5) und muss nun auf seinen nächsten Gegner warten. Das Match zwischen Thomaz Bellucci (Brasilien) und Sam Querrey (USA/Nr. 28) wurde wegen Dauerregens zunächst immer wieder verschoben.
Djokovic (29) gewann sein 30. Grand-Slam-Match nacheinander. Der Schützling des dreimaligen Wimbledonsiegers Boris Becker hat bei den letzten vier Majors triumphiert, auch im All England Club gilt er als klarer Top-Favorit. Djokovic siegte beim Saisonhöhepunkt in Wimbledon bislang dreimal - 2011, 2014 und 2015.