Deutschlands bester Tennisspieler ist auch am anderen Ende der Welt eine Attraktion. Alexander Zverev peitschte seine Bälle vor dem Schlager-Match im Halbfinale der Australian Open gegen Novak Djokovic vor rund 300 Fans in Melbourne über das Netz. Danach schlurfte der Weltranglistenzweite halbwegs geduldig die 50 Meter lange Menschenschlange entlang, erfüllte Autogramm- und Selfiewünsche, gab sich volksnah - während sein Gegner komplett abtauchte und seine Psychospielchen begann.
Rätsel um Djokovic
Auf Zverev, den Ungekrönten, der endlich seinen Grand-Slam-Fluch besiegen will, wartet am Freitag (ab 4.30 Uhr im LIVETICKER) in der Rod Laver Arena die ultimative Reifeprüfung. Es ist das Spiel, auf das die Tenniswelt hinfiebert. „Du musst dich auf ein hartes Duell einstellen“, sagte Zverev, gab sich aber optimistisch: „Ich freue mich auf hoffentlich zwei weitere Matches.“
Zverev will Djokovic knacken: „Werde alles dafür geben“
Zum vierten Mal bekommt es Zverev bei einem Grand-Slam-Turnier mit dem erfolgreichsten Tennisspieler der Geschichte zu tun. Und zum ersten Mal soll auf dem Weg ins dritte Major-Finale ein Sieg über Djokovic her. Bei den French Open war Zverev im vergangenen Jahr in fünf Sätzen an Carlos Alcaraz gescheitert - nun ist er hungrig auf das nächste Endspiel.
„Keine jahrelange Pause dazwischen zu haben, wäre wichtig für mich“, sagte Zverev: „Ich werde deshalb alles dafür geben, wieder ein Finale zu erreichen.“ Den Hamburger erwartet auf dieser Mission ein Gegner, der mal wieder Rätsel aufgibt. Die große Frage jedenfalls, wie es um Djokovics Fitness bestellt ist, war am Donnerstag nicht zu beantworten.
Psychospielchen? Djokovic gibt Rätsel auf
Selbst die Schar sonst bestens informierter serbischer Journalisten irrte mit fragendem Blick über die Anlage von Melbourne, auf der Suche nach dem Objekt ihrer Berichterstattung. Erfolglos. Auf Court 16 erschien er, anders als zuvor angekündigt, nicht. Kein öffentliches Training, keine weiteren Informationen. Immer wieder begleiten Djokovic bei Grand Slams schwer greifbare Nebengeräusche.
Beim Viersatzsieg gegen Alcaraz hatte der Serbe muskuläre Probleme offenbart und sich danach „besorgt“ gezeigt. Doch Tennis-Legende Boris Becker, der die beiden Kontrahenten bestens kennt, ist sich sicher, dass der 24-malige Grand-Slam-Sieger bereit sein wird, und sagte bei Eurosport: „Favorit ist Djokovic, aufgrund seiner Erfahrung. Er hat das Turnier bereits zehnmal gewonnen.“
Zverev jedenfalls sollte sich von den Kapriolen rund um Djokovic nicht blenden lassen. Wie im Duell mit Alcaraz wird der Serbe gegen den deutschen Aufschlagriesen ohnehin versuchen, die Partie auf der mentalen Ebene zu entscheiden.
Zverev auf alles gefasst: „Novak mit allen Wassern gewaschen“
Zverev, der seine Coolness in den ganz großen Matches noch beweisen muss, erwartet ein harter Test. „Novak ist mit allen Wassern gewaschen. Keiner hat mehr Grand-Slam-Matches gespielt, keiner hat mehr Grand-Slams gewonnen“, warnte auch Becker, der 1996 als bislang letzter Deutscher Down Under triumphierte: „Er darf sich da nicht aus dem Spiel bringen lassen, was auch immer sein Gegenüber machen wird.“
Für Zverev steht einiges auf dem Spiel. 36 Mal hat er es bereits versucht, die Hand an eine Grand-Slam-Trophäe zu bringen, gelungen ist es ihm nie. Langsam aber, so das Gefühl vieler Experten, drängt beim Deutschen die Zeit.