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War diese Wimbledon-Siegerin eine Geheimagentin?

Wimbledon-Siegerin eine Geheimagentin?

Alice Marble war nicht nur eine der ersten Tennis-Stars, sondern bestach auch durch ihr außergewöhnliches Leben abseits des Platzes. Marble setzte sich für Gleichberechtigung ein und soll sogar Geheimagentin gewesen sein.
Alice Marble war in den 30er-Jahren die Tennis-Dominatorin
Alice Marble war in den 30er-Jahren die Tennis-Dominatorin
© IMAGO/United Archives International
Alice Marble war nicht nur eine der ersten Tennis-Stars, sondern bestach auch durch ihr außergewöhnliches Leben abseits des Platzes. Marble setzte sich für Gleichberechtigung ein und soll sogar Geheimagentin gewesen sein.

Viel spektakulärer kann eine Lebensgeschichte fast nicht sein. Alice Marble zählte in den 30er-Jahren zu den größten Sportstars der Welt, doch der Krieg veränderte alles und machte aus einer erfolgreichen Tennisspielerin eine der mysteriösesten Sportpersönlichkeiten der Geschichte.

Zwischen 1936 und 1940 gewann die US-Amerikanerin unglaubliche 18 Grand-Slam-Titel im Einzel und Doppel, wurde zur Nummer-1 der Tenniswelt und begeisterte mit ihrem dominanten Spielstil.

„Früher wurde gesagt: Oh, du spielst ja wie ein Mann. Das war sehr irritierend, weil sie einfach nur gut und aggressive spielte. Sie war die Erste, die Serve-and-Volley spielte. Sie spielte beeindruckend“, sagte Tennis-Ikone Billie Jean King in einer Dokumentation über Marble.

Dieser Spielstil brachte ihr heute vor 66 Jahren auch ihren ersten und einzigen Triumph im Einzel in Wimbledon ein. Spätestens an diesem 8. Juli 1939 stand sie damit endgültig auf dem Tennisthron. Weil sie auch im Doppel und Mixed-Doppel siegte, wurde sie in den USA zum Megastar. (Wimbledon 2025 täglich im LIVETICKER)

Marble erlebt dramatisches Leben

Doch so gut es für Marble sportlich lief, so dramatisch verlief ihr privates Leben. Schon mit 15 erlebte sie ihr erstes Trauma, als sie auf dem Nachhauseweg vom Tennistraining in einem Park vergewaltigt wurde.

Von dieser abscheulichen Tat ließ sie sich zunächst aber nicht unterkriegen und startete einige Jahre später trotzdem im Sport durch. Der Zweite Weltkrieg sollte ihr Leben dann aber endgültig komplett auf den Kopf stellen.

Während des Krieges heiratete sie 1942 ihre große Liebe Joe Crowley, einen Kampfpiloten, der nach dem Kriegseintritt der USA eingezogen wurde. Marble war zu dieser Zeit mit dem ersten gemeinsamen Kind schwanger.

Dieses Kind verlor der Tennis-Star aber kurz vor der Geburt bei einem Autounfall. Ihren Mann setzte sie davon zunächst nicht in Kenntnis - sie dachte, dass er bald zurückkommen würde und die beiden noch das ganze Leben Zeit für Kinder hätten.

Doch ihr Ehemann kam nie aus dem Krieg zurück. Kurz vor Weihnachten erreichte sie ein Telegramm, dass ihr Mann im Krieg gefallen war. Sein Flugzeug wurde über Deutschland abgeschossen. Der Tod ihres Mannes warf Marble so sehr aus der Bahn, dass sie anschließend sogar einen Suizidversuch unternahm, diesen aber überlebte.

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Anmerkung der Redaktion: Wenn Sie sich selbst von Depressionen und Suizidgedanken betroffen fühlen, kontaktieren Sie bitte umgehend die Telefonseelsorge (http://www.telefonseelsorge.de). Unter der kostenlosen Hotline 0800-1110111 oder 0800-1110222 erhalten Sie Hilfe von Beratern, die schon in zahlreichen Fällen Auswege aus schwierigen Situationen aufzeigen konnten.

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War Marble Geheimagentin?

Spätestens danach entwickelte sich das Leben des Tennis-Stars endgültig zu einem hollywoodreifen Blockbuster - zumindest behauptete Marble dies selbst.

Sie schrieb in ihrer Autobiografie „Courting Danger“, die knapp 40 Jahre später erschien, dass sie für die USA im Zweiten Weltkrieg als Geheimagentin tätig war. Demnach soll sie als Spionin angeworben worden sein, um ihren Ex-Partner Hans Steinmetz, auszuspionieren.

Steinmetz (fiktiver Name, Marble gab den echten Namen nie preis) war ein Schweizer Bänker, der im Krieg Gelder für das Nazi-Regime verwaltet haben soll. Die beiden hatten Jahre zuvor eine Liebesbeziehung geführt.

In ihrer neuen Rolle als Geheimagentin soll Marble dann in die Schweiz gereist sein und dort zunächst unauffällig einige Show-Turniere gespielt haben. Tatsächlich fand sie ihr Ziel dann während der Zeit und startete erneut eine Beziehung mit ihm.

Von einem Nazi-Doppelagenten niedergeschossen?

Das Ziel der Beziehung war klar, sie sollte einen Safe im Haus des Bänkers öffnen und Fotos von Dokumenten machen, die beweisen, dass er Gelder für das Nazi-Regime verwaltete.

Als Steinmetz dann eines Tages alleine zu einer Party ging, witterte Marble ihre Chance. Sie ging in den Keller, öffnete den Safe und machte Fotos vom Geld und von den Bankdokumenten.

Allerdings wurde Marble bei ihrer Mission auf frischer Tat ertappt und laut ihren Erzählungen wurde es auf der anschließenden Flucht dann so richtig hollywoodreif.

Im Auto ihres Liebhabers floh sie in Richtung Genf, wurde dann aber von einem Mann gestoppt, der sich ausgerechnet als der Mann herausstellte, der sie in den USA als Agentin angeworben hatte.

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Doch statt jetzt in Sicherheit zu sein, wurde es für den einstigen Tennisstar dann erst so richtig gefährlich, denn dieser stellte sich als Doppelagent heraus. Als Marble flüchten wollte, schoss er ihr in den Rücken und verschwand mit den Beweisen.

Experten zweifeln an Marbles Geschichte

Mit Glück überlebte sie aber und wachte nach eigenen Angaben am nächsten Morgen in einem Genfer Krankenhaus auf. Die Daten soll sie übrigens anschließend trotzdem an das US-Militär weitergeleitet haben, da sie über ein fotografischen Gedächtnisses verfügte und sich so an jedes Detail erinnern konnte.

Bis heute gibt es allerdings viele Zweifel unter Experten, ob die Geschichte so wirklich stattgefunden hat. Es gibt zwar einige Zeugen, die zumindest Teile bestätigten, vollständige Beweise dafür, dass alles so war, gibt es aber nicht.

Speziell die Motivation, warum Marble überhaupt als Spionin agieren hätte sollen, wird infrage gestellt. Anders als andere Sportler, die als Spione zum Einsatz kamen, konnte ein finanzieller Zwang nicht der Grund sein.

Neben der Tenniskarriere arbeitete sie bereits als Autorin für DC Comics an der Reihe Wonder Woman, zudem verdiente sie zur damaligen Zeit 100.000 Dollar mit Tennis (heute wären das ungefähr zwei Millionen im Vergleich zu den damaligen Verhältnissen).

Laut eigener Aussage hätte sie es gereizt, im Krieg das Erbe ihres geliebten Ehemannes fortzusetzen. „Ich hatte das Gefühl, dass ich nichts mehr zu verlieren hatte, außer meinem Leben“, schrieb sie in ihrer Biografie, „und zu diesem Zeitpunkt war mir das Leben egal.“

Marble setzte sich extrem für Gleichberechtigung ein

Auf einer anderen Ebene zeigte Marble aber definitiv heldenhaften Einsatz und sorgte mit ihrem Einsatz für Gleichberechtigung für wegweisende Veränderungen.

Als der US-Tennisverband 1950 die Afroamerikanerin Althea Gibson wegen ihrer Hautfarbe nicht spielen lassen wollte, schrieb Marble einen offenen Brief, in dem sie sich für Gleichberechtigung und Fairness im Sport aussprach. Speziell formulierte sie ihr Unverständnis darüber, eine Spielerin aufgrund ihrer Hautfarbe auszuschließen.

Gibson durfte anschließend tatsächlich spielen und war so die erste Afroamerikanerin, die bei den US Open an den Start gehen durfte. Gerüchten zufolge soll auch der Status einer Volksheldin, die Marble durch ihre vermeintlichen Kriegsverdienste hatte, einen Teil dazu beigetragen haben, dass ihr Wunsch erfüllt wurde.

Ob das wirklich stimmt, bleibt bis heute offen. Ihre Courage trug aber auf jeden Fall dazu bei, dass sich im Tennissport einiges veränderte. „Alice Marble war ein echtes Vorbild, gerade in ihrem Kampf für Fairness und Gleichberechtigung“, lobte sie deshalb auch Billie Jean King.

Marble war Mentorin von Tennis-Ikone Billie Jean King

Speziell für eben jene King spielte Marble übrigens eine ganz spezielle Rolle. Denn sie agierte zum Beginn der Karriere als deren Trainerin.

„Ich habe ihre Tipps nie vergessen“, schwärmte King in einer Dokumentation über ihre Mentorin.

Und auch nach Marbles Tod im Dezember 1990 lobte King ihre ehemalige Trainerin, die 1964 in die internationale Tennis Hall of Fame aufgenommen wurde, in der New York Times nochmal in den höchsten Tönen: „Sie wird als eine der größten Tennisspielerinnen aller Zeiten in Erinnerung bleiben. Ihr Spielstil hat den Sport für immer verändert.“

Alleine durch ihre sportliche Bedeutung wird Marble wohl unvergessen bleiben, aber speziell die Geschichte abseits des Tennisplatzes verleihen ihr echten Kultstatus.