NHL>

NHL-Star Seider fiebert Olympia entgegen: "Da geht ein Kindheitstraum in Erfüllung"

„Der Wunsch ist riesengroß“

Moritz Seider schwimmt mit seinen Detroit Red Wings aktuell auf einer Erfolgswelle. Nach Jahren der Erfolglosigkeit befindet sich das Team aus Motor City klar auf Playoff-Kurs.
Der Deutsche Moritz Seider spielt in der NHL für die Detroit Red Wings und ist dort mittlerweile sogar Co-Kapitän. Der Weg des 24-Jährigen führt steil nach oben.
Moritz Seider schwimmt mit seinen Detroit Red Wings aktuell auf einer Erfolgswelle. Nach Jahren der Erfolglosigkeit befindet sich das Team aus Motor City klar auf Playoff-Kurs.

Während Leon Draisaitl und seine Edmonton Oilers 2025/26 noch nicht so recht in Fahrt kommen und in der Western Conference aktuell nur auf Platz acht liegen, läuft es für einen anderen deutschen NHL-Profi weitaus besser: Moritz Seider.

Am Donnerstagabend gewann der 24-Jährige mit seinen Detroit Red Wings 4:3 nach Penaltyschießen bei den Los Angeles Kings. Damit liegt das Team derzeit auf Rang vier in der Eastern Conference.

Seit neun Spielzeiten hat die Franchise, die letztmals 2008 den Stanley Cup gewonnen hatte, nicht mehr in die Playoffs geschafft - aber nach dem guten Saisonstart soll es in dieser Saison endlich wieder klappen.

Im Interview mit SPORT1 spricht Seider über den Krimi gegen die Kings, das Ziel Playoffs, seine neue Rolle mit mehr Verantwortung als Co-Kapitän und die Aussichten auf Olympia mit dem deutschen Team.

SPORT1: Herr Seider, das 4:3 nach Penaltyschießen war ein verrücktes Ende. Sie haben bereits 3:1 geführt, dann spät zwei Tore kassiert. In der Verlängerung trifft LA zum vermeintlichen Sieg, die Schiedsrichter nehmen den Treffer aber zurück und Sie gewinnen mit Ihrem Team doch noch. Sowas schon mal erlebt?

Moritz Seider: Ich glaube nicht. Das war heute einfach ein sehr, sehr wichtiger Sieg für die Moral. Wir haben nicht unser bestes Eishockey gespielt, sind aber irgendwie die ganze Zeit dringeblieben. So ein Team kann man natürlich nie abschreiben, die finden irgendwie immer einen Weg zurück ins Spiel. Am Ende war natürlich unser Goalie Cam Talbot unglaublich stark und hat uns den Sieg nach Hause gebracht.

NHL-Playoffs? „Der Wunsch ist natürlich riesengroß“

SPORT1: Sie hatten einen sehr guten Saisonstart, stehen jetzt bei acht Siegen aus elf Spielen. Wie groß ist denn die Hoffnung, dass es dieses Jahr endlich mit den Playoffs klappt?

Seider: Der Wunsch ist natürlich riesengroß. Wir haben jetzt schon über ein Achtel der Saison gespielt, und ich glaube, wir sind auf einem sehr, sehr guten Weg. Wir machen viele Dinge richtig. Wir müssen immer noch ein paar Dinge ändern, verbessern und dazulernen. Nichtsdestotrotz glaube ich, kann man sehr, sehr zufrieden sein mit dem Saisonstart. Vor allem das Unterzahlspiel läuft extrem gut im Gegensatz zur letzten Saison. Das sind so kleine Bausteine, die müssen einfach funktionieren, damit man ein erfolgreiches Team ist.

SPORT1: Ihnen ist mehr Verantwortung übertragen worden in dieser Saison, Sie sind Co-Kapitän. Inwiefern verändern sich Ihr Verhalten und Ihre Aufgaben in dieser Rolle? Wie fühlen Sie sich damit?

Seider: Mittlerweile schon ziemlich wohl. Ich bin immer noch der Gleiche, habe jetzt eben ein paar andere Aufgaben. Die größte Umstellung ist vielleicht, dass man ab und an bereit sein muss, auch mal mit dem Schiedsrichter zu reden. Sonst hat sich jetzt nicht viel geändert. Wir haben ein unglaublich gutes Team in der Kabine, viele Jungs, die Führungsqualitäten haben. Da ist man nur ein kleiner Bestandteil eines sehr gut funktionierenden Teams.

SPORT1: Muss man einen Einstand geben als Co-Kapitän?

Seider: Lucas (Raymond, Anm.d.Red.) und ich haben uns jetzt entschlossen, für die Jungs ein Team-Dinner zu organisieren. Mal schauen, wann und wo das passieren wird. Es ist natürlich eine unheimlich große Ehre, vor allem für so einen Klub, ein Original-Six-Team, so eine Rolle zu spielen.

Olympia? „Da geht ein Kindheitstraum in Erfüllung“

SPORT1: Sie haben immer sehr viel Eiszeit. Wie halten Sie das über eine ganze Saison durch, insbesondere in dieser Spielzeit mit den Olympischen Spielen noch dazu?

Seider: Man versucht einfach, im Sommer so viel zu tun und den Grundstein zu legen, damit man dann im Winter bereit ist. Sobald es aufs Eis geht, findet man immer irgendwie die Möglichkeit, noch ein paar Prozent extra rauszukitzeln. Daran sollte es nicht scheitern. Sonst versucht man einfach, regelmäßig zu schlafen, und wenn es geht, auch mal einen Mittagsschlaf einzubauen. Diese üblichen Dinge, die klingen immer so normal, aber ich glaube, die sind dann am Ende vielleicht doch ein Gamechanger.

SPORT1: Welche Erinnerung haben Sie an die Olympischen Spiele 2018, als Deutschland sensationell Silber holte?

Seider: Ich war in der Schule, wir hatten in der Aula eine große Leinwand, da haben wir das Spiel geschaut. Ich glaube sogar, das war das Halbfinale. Wir haben in der Schule die Spiele verfolgt, mit den ganzen Jungs. Das Finale war sehr, sehr früh, da bin ich dann einfach nur zu den schlechten Nachrichten aufgewacht. Aber es sind unheimlich positive Erinnerungen. Ich habe mit vielen Jungs zusammengespielt, die damals Silber gewonnen haben, und jetzt habe ich die große Ehre, selbst dabei zu sein. Da geht ein Kindheitstraum in Erfüllung.

„Man muss die Erwartungshaltung relativ gering halten“

SPORT1: Sie haben zuletzt gesagt, Sie rechnen mit dem besten deutschen Team jemals bei den Olympischen Spielen. Inwiefern gibt es da schon Austausch unter den Profis und welche Erwartungshaltung haben Sie?

Seider: Ich glaube, man muss die Erwartungshaltung relativ gering halten, auch einfach realistisch einschätzen. Klar haben wir das beste Team, das jemals für Deutschland auf dem Eis stehen wird. Aber natürlich haben andere Mannschaften deutlich mehr Qualität und deutlich mehr Tiefe. Das ist auch völlig in Ordnung. In einem K.o.-Spiel kann alles passieren. Wir sind dafür bekannt, dass wir mit viel Leidenschaft, mit viel Willen und Stolz agieren. Dann ist alles möglich. Viel Austausch gibt es jetzt aber noch nicht. Wir müssen uns alle erstmal auf unsere Saison konzentrieren. Es ist noch ein weiter Weg.

SPORT1: Das heißt, wie intensiv werden Sie den Deutschland-Cup verfolgen, bei dem es ja auch um Plätze im Kader gehen wird?

Seider: DEL-Eishockey wird immer verfolgt. Das passt eigentlich immer ganz gut mit der Zeitverschiebung, es ist meistens so 13.00 Uhr, 13.30 Uhr, da kann man entspannt nach dem Training ein bisschen die DEL verfolgen, das macht unheimlich viel Spaß. Ich freue mich darauf. Es ist immer schön, die Jungs im Nationaltrikot zu sehen.

Seider: So ist der Kontakt zu NFL-Star Amon-Ra St. Brown

SPORT1: Sie sind nicht der einzige deutsche Star in Detroit. Bei den Lions in der NFL ist Amon-Ra St. Brown eine große Nummer. Gibt es Kontakt?

Seider: Wir schreiben tatsächlich ab und an mal, haben uns im Camp kennengelernt, als wir bei den Lions waren. Er ist ein unheimlich bodenständiger Mensch, der sehr, sehr lustig ist, sehr authentisch. Das macht ihn sehr, sehr sympathisch. Er ist ab und an bei unseren Spielen, wir versuchen natürlich, so oft es geht, auch bei den Lions vorbeizuschauen oder auch bei den Tigers (aus der MLB, Anm. d. Red.). Die Sportswelt ist connected und es ist natürlich schön, da jemanden zu haben, mit dem man auch mal ein deutsches Wort sprechen kann.

SPORT1: Wie gut sind Sie darin, einen Football zu fangen?

Seider: Ich würde mich jetzt nicht unbedingt als den Quarterback einschätzen. Ich glaube, ich wäre eher so ein schmächtiger Tight End. Aber ich glaube, ich wäre nicht so schlecht.

SPORT1: Dennis Schröder war ebenfalls kurze Zeit in Detroit, im Sommer hat er das Basketball-Nationalteam zu EM-Gold geführt. Was kann man sich vom DBB-Team abschauen?

Seider: Man hat einfach gesehen, dass Sportarten in Deutschland einen Riesenboom erleben im Moment. Klar sind wir irgendwo alle große Fußballfans, das wird sich auch nie ändern, aber man freut sich, andere Sportarten auch endlich im Rampenlicht stehen zu sehen. Das macht einen sehr, sehr glücklich. Ich habe das Ganze natürlich verfolgt mit den Jungs, wir haben uns regelmäßig zusammengesetzt und dann die Spiele geschaut. Ich hatte jetzt noch nicht die Chance, mit irgendeinem Deutschen Kontakt aufzunehmen. Hoffentlich kommt das vielleicht irgendwann mal. Aber sonst glaube ich, sieht man, dass vor allen Dingen deutsche Spieler auch mehr und mehr in der NBA vertreten sind und absolute Schlüsselspieler sind. Das kann uns schon ein bisschen stolz machen.