Statt endlich ernsthaft vom ersten Stanley-Cup-Sieg seit 1990 träumen zu können, häufen sich bei den Edmonton Oilers aktuell die Probleme, auch wenn sie das vergangene Spiel in der NHL siegreich gestalteten. Eine der großen Achillesfersen: erneut die Torhüterposition.
"Die Oilers sahen aus wie Müll": Draisaitls Traum in Gefahr?
Oilers sahen „aus wie Müll“
Bei den Oilers scheinen sie aktuell endgültig die Geduld mit dem wackligen Stuart Skinner zu verlieren. Stellvertretend dafür steht eine Reaktion von Oilers-Cheftrainer Kris Knoblauch, der nach der 1:9-Blamage gegen die Colorado Avalanche von einem Reporter darauf angesprochen wurde, ob das Team den Glauben an die Goalies verlieren würde.
Knoblauch überlegte lange, um dann mit unsicherer Stimme zu sagen: „Ich denke eigentlich nicht.“ Echte Überzeugung klingt anders. Das 1:9 im vorletzten Spiel war die Einstellung eines Negativrekords. Die Franchise verlor in ihrer Geschichte nur beim 2:10 gegen Buffalo 2009 ebenfalls mit acht Toren Unterschied.
Im darauffolgenden Spiel gewannen die Oilers dann zwar mit 5:4 nach Verlängerung gegen die Columbus Blue Jackets, überzeugend war die Leistung gegen eines der schwächsten Teams der NHL aber nicht.
Nach dem ersten Drittel lagen die Oilers mit 1:3 zurück und wurden daraufhin von den eigenen Fans in heimischer Halle mit Buhrufen in die Kabine verabschiedet.
NHL: Oilers-Torhüter mit Horror-Statistiken
Zumindest konnte Edmonton das Spiel gegen Columbus kurz vor Schluss noch drehen. Aus den vergangenen 14 Partien gewann die Mannschaft dennoch nur fünf. In dieser Zeit kassierte man in neun Spielen vier oder mehr Tore. Speziell die 1:9-Blamage gegen Colorado hinterließ bei den Oilers aber echte Spuren.
„Das Spiel hat eindeutig gezeigt, wie die schlechte Torhüterleistung das Team beeinflusst. Bis zum ersten Gegentor waren die Oilers sogar die bessere Mannschaft, doch nach dem haltbaren Gegentor war es so, als wenn das ganze Team einfach mit den Achseln zuckte und dachte: Das war es jetzt schon wieder“, sagte Hockey-Analyst Cameron Gaunce vom kanadischen TV-Sender TSN.
Mit 61 Gegentreffern in 17 Spielen hat Edmonton die drittmeisten Gegentreffer kassiert. Auch die individuellen Statistiken des Duos aus Stuart Skinner und Calvin Pickard sehen schwach aus.
Die klassischen Torhüter-Statistiken lesen sich mit 2,91 Gegentoren und einer Fangquote von 88,3 Prozent bei Skinner sowie vier Gegentoren und einer Fangquote von 83,6 Prozent bei Pickard alles andere als gut.
„Wenn sie gewinnen wollen, müssen sie die Torhüterposition ändern“
Noch verheerender wird es, wenn man in die tieferen Torhüter-Statistiken der NHL einsteigt. Speziell in der Kategorie „Goals saved above Average“, die die Leistung eines Torhüters mit dem Liga-Durchschnitt vergleicht und zeigt, wie viele Tore er im Vergleich zum erwarteten Ergebnis mehr oder weniger gehalten hat.
Betrachtet man alle eingesetzten Torhüter der Liga, rangiert Edmontons Nummer eins Skinner in dieser Statistik laut den Daten des Dienstleisters Natural Stat Trick auf dem 63. Platz aller NHL-Goalies (-3,88). Pickard liegt sogar nur auf dem 71. und drittletzten Rang (-8,08).
Beide Torhüter wurden schon in den vergangenen Jahren immer wieder als Schwachstelle ausgemacht, steigerten sich in den beiden Runs ins Stanley-Cup-Finale aber, wenn auch nicht zu absolutem Weltklasse-Format.
Auch deshalb kommt TSN-Analyst Gaunce zu dem harten Urteil: „Wenn sie den Stanley Cup gewinnen wollen, müssen sie die Torhüterposition ändern.“
„Das Team sah aus wie Müll“
Die Hilfe eines echten Top-Keepers könnten die Oilers gut gebrauchen. Ob dieser wirklich alle Probleme löst, ist aber offen. Denn anders als in den vergangenen Jahren, in denen Edmonton auch schwach startete und dann aufdrehte, wirkt das Team in vielen Bereichen dysfunktional.
Das sieht auch die Presse in Edmonton so. „Es herrscht pures Chaos“, titelte die Zeitung Edmonton Journal und schrieb über das Debakel gegen Colorado: „Die Avalanche machten die Oilers zum Gespött und führten sie zum Spaß vor. Es war ein Duell eines echten Stanley-Cup-Anwärters gegen einen Möchtegern. Das Spiel zeigte, wie weit die Oilers weg sind vom Titel.“
Damit aber nicht genug, das Blatt wurde im Verlauf des Textes sogar noch deutlicher: „Es war ein Abend, an dem die Oilers im nationalen TV blamiert wurden und eine krachende Ohrfeige bekommen haben.“
„Diese Oilers spielen schon die ganze Saison leblos. Es wirkt nicht so, dass auch nur ein Spieler es hasst, zu verlieren“, urteilte die Zeitung weiter: „Das Team sah in jeder erdenklichen Position aus wie Müll.“
Auch McDavid und Draisaitl haben Probleme
„Das war ein demütigender Abend für jeden in dieser Organisation“, machte Kapitän Connor McDavid über die Blamage gegen Colorado deutlich. Die Euphorie, die in Edmonton nach seiner überraschend „billigen“ Vertragsverlängerung herrschte, ist komplett verflogen.
Immerhin McDavid versucht sich gegen die aktuelle Krise zu stemmen. Das demonstrierte er beim 5:4-Erfolg gegen Columbus mit zwei Toren im Schlussdrittel.
Trotzdem haben auch McDavid und sein Star-Kollege Leon Draisaitl durchaus noch Luft nach oben. Beide erzielen zwar weiter verlässlich ihre Punkte (McDavid 24 Punkte in 17 Spielen, Draisaitl 18 in 17), sie sind aber bei weitem nicht so dominant wie üblich.
Speziell wenn die Oilers nicht in ihrem gefürchteten Überzahlspiel agieren, haben beide Stars Probleme. McDavid erzielte elf seiner 24 Punkte im Powerplay. Draisaitl zehn seiner 18 Punkte.
Bei McDavid kommt hinzu, dass er auch einen Teil zur großen Defensivschwäche der Oilers beiträgt. Betrachtet man die Statistiken von Natural Stat Trick, stehen die Oilers bei Spieler-Gleichzahl mit McDavid auf dem Eis bei einem Torverhältnis von 15:18 (nur knapp 45 Prozent der Tore, die mit ihm auf dem Eis fallen, sind für die Oilers).
Das ist gerade mit Blick auf die vergangenen Spielzeiten ein extremer Abfall. Zwischen 2020 und 2025 standen die Oilers mit ihrem Kapitän immer bei einem Plus von mindestens 56 Prozent.
Playoffs für Oilers noch in Reichweite
Hoffnung darf den Oilers mit Blick auf diese Statistik zumindest der Wert von Draisaitl verleihen. Der Deutsche steht bei einem Torverhältnis bei Spieler-Gleichzahl von 17:12 (knapp 59 Prozent) und hält damit seinen hohen Wert der vergangenen Jahre.
Und auch McDavid wird sicher bald wieder dauerhaft außerhalb des Powerplays glänzen. Dafür ist die Qualität des wohl besten Spielers der Welt (erzielte in neun der letzten zehn Saisons mehr als 100 Punkte) einfach zu groß.
Gut für die Oilers zudem: Trotz des schwachen Saisonstarts liegen sie aktuell zwar außerhalb der Playoff-Plätze, aber stehen mit 18 Punkten punktgleich mit dem Dritten ihrer Division (berechtigt zur direkten Playoff-Teilnahme) da. Die gesamte Pacific Division erwischte zum Glück der Oilers einen durchwachsenen Saisonstart.
Soll es aber wirklich endlich mit dem ersten Stanley-Cup-Sieg seit über 35 Jahren klappen, muss das Team sich in nahezu allen Bereichen deutlich steigern.