Darja Domratschewa will einfach nicht aufhören. Ihre Kolleginnen sind schon längst ins Teamhotel geflüchtet, da feuert die ehrgeizige Weißrussin noch immer unzählige Patronen auf die kleinen Zielscheiben ab.
Domratschewa feiert Blitz-Comeback in Oberhof
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Domratschewa blickt etwas genervt, als der Trainer die Fehlschüsse knallhart anspricht - am Ende aber lächelt sie. Weil das zweistündige Abschlusstraining in eisiger Kälte beendet ist. Vor allem aber, weil sie endlich wieder zurück ist.
656 Tage nach dem letzten Auftritt feiert die dreifache Sotschi-Olympiasiegerin auf der großen Bühne ihr Comeback, wenn am Freitag (14.15 Uhr im LIVETICKER) beim Weltcup in Oberhof der Sprint der Frauen ansteht.
"Sie fühlt sich gut, es geht Schritt für Schritt voran", sagt Coach Fjodor Swoboda, ergänzt im selben Atemzug allerdings: "Wir sollten keine Wunderdinge erwarten."
Nur drei Monate nach Geburt zurück
Zunächst einmal gleicht es aber schon fast einem Wunder, dass sich Domratschewa gerade einmal drei Monate nach der Geburt von Töchterchen Xenia (augenscheinlich) schon wieder in blendender Verfassung befindet.
Elfengleich wie eh und je gleitet die 30-Jährige über den Schnee, die funkelnden Ohrringe verleihen den nötigen Glamour. "Es wirkt, als ob sie nie weggewesen wäre", sagt der deutsche Bundestrainer Gerald Hönig, der sich gleichwohl "nicht vorstellen kann, dass sie bei 100 Prozent ist".
Das muss sie aber auch gar nicht sein, denn es sind wahrlich nicht die großen Erfolgsaussichten, die sie wieder in den Fokus der Öffentlichkeit rücken. Es ist vielmehr eine jahrelange Geschichte mit vielen Höhen und ebenso vielen Tiefen, die ihr Comeback in ein besonderes Licht rückt.
Pfeiffersches Drüsenfieber führt zu Zwangspause
2014 erreicht Domratschewa den sportlichen Höhepunkt, als sie bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi in Verfolgung, Einzel und Massenstart triumphiert. Der Trainer damals: Klaus Siebert, gebürtiger Sachse, den Domratschewa als "zweiten Vater" bezeichnet - der am 24. April 2016 jedoch seinem Krebsleiden erliegt.
Auch die Zwangspause im vergangenen Winter wegen ihrer Erkrankung am Pfeifferschen Drüsenfieber zählt zu den negativen Ereignissen - doch sie stellt einen Wendepunkt im Leben der Darja Domratschewa da.
Im Sommer dieses Jahres heiratet sie Biathlon-König Ole Einar Björndalen, das gemeinsame Kind kommt zur Welt und ist in dieser Woche auch in Oberhof dabei. "Ich freue mich wirklich darauf, ich bin sehr glücklich", sagte Björndalen über die erste Weltcup-Reise als Familie, bei der Domratschewas Mutter Larisa als Nanny einspringt.
Domratschewa: Mit Oberhof eine Rechnung offen
Dass nun ausgerechnet in Oberhof die Rückkehr in den Weltcup ansteht, entbehrt nicht einer gewissen Ironie - denn mit dem Biathlon-Mekka im Thüringer Wald hat Domratschewa noch eine Rechnung offen.
2015 hatte sie noch über das wechselhafte Wetter am Grenzadler geklagt und dem Weltverband IBU geraten, Oberhof als Weltcup-Station zumindest zu überdenken.
Bei diesen Überlegungen spielte wohl auch eine Rolle, dass Domratschewa 2009 fälschlicherweise im Massenstart stehend statt liegend geschossen hatte und nur ein Jahr später auf die falschen Scheiben zielte, dadurch zweimal einen Sieg herschenkte. Dass sie vor dem Comeback nun als Letzte die Anlage verließ, hat damit aber wenig zu tun.
"Hoffen wir, dass das neue Jahr zahlreiche wundervolle Momente bereithält", schrieb sie auf Instagram zum Jahreswechsel. Sie selbst tat jedenfalls schon alles dafür.