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Das letzte Interview von Biathlon-Legende Dahlmeier: "Ich gehe wieder, und ich gehe allein!"

Dahlmeier gab tiefe Einblicke

Mehr als drei Monate nach ihrem Tod kommt Biathletin Laura Dahlmeier in einem Buch noch einmal zu Wort und gibt tiefe Einblicke.
Biathlon-Olympiasiegerin Laura Dahlmeier starb dort, wo sie sich besonders wohlfühlte: in ihren geliebten Bergen. Eine Faszination, die schon in Kindertagen begann.
Mehr als drei Monate nach ihrem Tod kommt Biathletin Laura Dahlmeier in einem Buch noch einmal zu Wort und gibt tiefe Einblicke.

Gut drei Monate ist es her, dass Laura Dahlmeier beim Bergsteigen in Pakistan tödlich verunglückte. Nun kommt die Ausnahmesportlerin aber noch einmal zu Wort – und zwar im Buch „Bock auf Biathlon“ des Journalisten Taufig Kahlil, welches am 5. November erscheint.

Die langjährige Spitzensportlerin hat sich darin ausführlich über ihren sportlichen Werdegang als Biathletin geäußert. „Es gibt Athleten, die richten lieber alles auf den einzigen entscheidenden Moment aus. Dadurch kommen sie manchmal schwer in die Saison oder haben zwischendrin mal eine Delle“, wird Dahlmeier von t-online.de vorab zitiert.

„Ich war eine Athletin, die über die ganze Saison grundsätzlich eine gute Leistung abrufen und das auch nach dem Highlight noch konservieren konnte. Mir war es wichtig, die Form konstant bis zum Ende zu halten. Das ist vor allem wichtig, wenn du den Gesamtweltcup gewinnen willst.“

Biathlon-Karriereende nicht geplant

Im Fokus des Dahlmeier-Kapitels steht dabei die Saison 2016/17, in der die Biathletin bei der WM in Hochfilzen fünf Goldmedaillen gewann.

„Ich war erst 23 und bei weitem nicht an einem Punkt, an dem ich schon ahnte, dass ich in zwei Jahren aufhören würde. Ich wusste, dass ich Biathlon nicht ewig machen würde, hatte da aber überhaupt keinen Plan“, erinnerte sie sich zurück.

„Mein Fokus war, von Jahr zu Jahr zu schauen, die Olympischen Spiele 2018 in Pyeongchang mitzunehmen und alles Weitere auf mich zukommen zu lassen. Doch in diesem Jahr hatte ich mich nicht damit beschäftigt und war völlig frei.“

Dahlmeier konnte Gold nicht genießen

Das Problem: Zwar war Dahlmeier frei, wirklich genießen konnte sie einige ihrer Triumphe aber nicht. So brach sie nach Gold im Einzel zusammen.

„Leider konnte ich das erst mal nicht so richtig genießen, weil ich richtig k. o. war. Ich hatte im Rennen nicht 100, sondern 102 oder 103 Prozent gegeben und war so leer, dass ich mich kaum auf den eigenen Haxen halten konnte.“

Und weiter: „Die Anstrengung hört nicht auf, wenn du ins Ziel kommst, sondern sie verlagert sich nur von der Loipe in den Bereich dahinter: Zeremonie, Pressekonferenz, Interviews. Tuck, tuck, tuck, tuck, tuck, tuck. Ich war so leer, dass ich auf dem Weg zurück ins Quartier gestützt werden musste.“

Zusammenbruch nach dem Staffelrennen

Doch damit war es nicht getan. Nur wenig später stand das Staffelrennen auf dem Programm – und wieder war voller Einsatz gefragt.

„Ich musste nun also läuferisch erneut alles herausholen, weil ich es am Schießstand verkackt hatte. Ich wollte nicht diejenige sein, die die Staffel versemmelt, daher bin ich wie um mein Leben gelaufen und habe mich am Ende mit sechs Sekunden Vorsprung ins Ziel gerettet. Was danach kam, weiß ich nicht mehr wirklich“, konnte sich Dahlmeier nicht erinnern.

„Ich bin richtig zusammengeklappt. Als die Mädels aus meinem Team kamen, um mit mir zu feiern, bin ich flach mit dem Gesicht voran in den Schnee gefallen und war weg. Was mit diesem Rennen war, das war mir zu dem Zeitpunkt wurscht. Ich dachte: „Ich muss jetzt schauen, dass ich das überlebe.“

Dahlmeier konnte sich auf ihren Körper verlassen

Zwar kam die Doppel-Olympiasiegerin wieder auf die Beine, die Pressekonferenz musste sie im Anschluss aber nicht absolvieren. Stattdessen tat Teamarzt Klaus Marquardt alles, um ihren Kreislauf zu stabilisieren.

Dass Dahlmeier nach all den Qualen tatsächlich auch noch beim abschließenden Massenstart an den Start ging, und gewann, beweist ihre besondere Stärke – und das Vertrauen in ihren Körper. So wollten die Trainer und vor allem der Teamarzt sie eigentlich gar nicht an den Start lassen.

Aber die Biathletin setzte sich durch: „Ich gehe zum Bergsteigen, ich gehe zum Klettern. Ich kenne meinen Körper so gut wie kein anderer. Ich kann mich auf meinen Körper verlassen, und ich weiß, wenn ich sage, das passt, dass es passt. Denn sonst könnte ich nie zum Bergsteigen gehen. Dort haben einfache Fehler ganz andere Konsequenzen“, sagte sie den Verantwortlichen.

„Ich fühle mich echt gut und ich verspreche euch, dass es wieder passt und ihr mir 100 Prozent vertrauen könnt. Ich trage das eigene Risiko. Lasst mich starten. Das funktioniert.“

Und es funktionierte.

„Ich gehe wieder, und ich gehe allein“

Neben Anekdoten aus ihrer Biathlon-Karriere thematisiert Dahlmeier auch das Bergsteigen. „Im Herbst 2024 bin ich während einer Himalajaexpedition gleich zweimal innerhalb von drei Tagen auf den 6.814 Meter hohen Ama Dablam geklettert und habe dabei, ohne dass es beabsichtigt war, einen Weltrekord aufgestellt“, so die Sportlerin.

„Weil wir nach der ersten Gipfelbesteigung im Rahmen einer Fernsehdokumentation noch etwas Zeit hatten, hatte ich nach zwei Tagen Pause für mich entschieden: Ich gehe wieder, und ich gehe allein.“

Im Juli 2025 trat sie dann zu ihrer letzten Expedition an.