Wer erinnert sich noch an Skispringen ohne Noriaki Kasai? Wohl nur die wenigsten – und das ist keine Übertreibung. Keiner der aktuellen Top Ten des Gesamtweltcups war geboren, als der Japaner das erste Mal im Weltcup sprang. Nur die derzeit leicht hinterherhinkende ältere Garde befand sich zu dieser Zeit schon auf der Welt. Manuel Fettner oder Kamil Stoch zum Beispiel.
Skispringen: Heute vor 37 Jahren legte er los - und ist immer noch nicht am Ende
Nach 37 Jahren immer noch nicht müde
Seit weit mehr als drei Jahrzehnten springt und fliegt Kasai von den Schanzen dieser Welt – und der inzwischen 53-Jährige denkt noch lange nicht ans Aufhören. Begonnen auf der großen Weltcup-Bühne hatte alles am 17. Dezember 1988, heute vor 37 Jahren. Damals feierte er mit 16 gerade einmal Jahren sein Debüt in Sapporo, noch vor der Wiedervereinigung Deutschlands.
Eine verrückte Randnotiz: Bei diesem Wettkampf siegte die 2019 verstorbene finnische Skisprung-Legende Matti Nykänen vor Dieter Thoma aus dem Westen des damals noch geteilten Deutschlands. Am Folgetag gewann mit dem Schweden Jan Boklöv sogar der Erfinder des V-Stils im Skispringen. Allein diese Begebenheit zeigt, wie lange Kasai schon in diesem Sport aktiv ist. Er selbst sprang zu Beginn seiner Karriere übrigens noch im damals üblichen Parallelstil.
Skispringen: Kasais erster Sieg ist 33 Jahre her
Dass dies der Beginn einer unglaublichen Laufbahn sein würde, ahnte damals natürlich niemand. Trotzdem wurde schnell deutlich, dass Kasai anders war als andere. Die Umstellung auf den neuen Stil gelang ihm problemlos. Er schraubte damals seine Ski selbst und setzte die Bindung weiter nach außen als alle anderen. Damit sprang es sich besser, war aber auch gefährlicher, weshalb ihn viele für verrückt hielten.
Etwas mehr als drei Jahre nach seinem Debüt feierte er am 22. März 1992 den bis heute wohl größten Erfolg seiner Karriere. Im tschechischen Harrachov wurde Kasai Skiflugweltmeister und zugleich erster Titelträger im V-Stil. Dieser Sieg wurde zugleich als sein erster Erfolg im Skisprungweltcup gewertet. 16 weitere folgten, hinzu kamen im Laufe der Jahre drei Siege mit der japanischen Mannschaft, drei Olympia-Medaillen und siebenmal Edelmetall bei Nordischen Ski-Weltmeisterschaften.
Müde wurde Kasai aber nie – und scheint es immer noch nicht zu sein. Seinen letzten Weltcup-Sieg holte er im Alter von 42 Jahren im November 2014 in Kuusamo. Der älteste Medaillengewinner bei Olympia ist er ebenfalls: In Sotschi gewann der Oldie 2014 einmal Silber und einmal Bronze. Zudem hält Kasai die Bestmarken für die meisten Weltcup-Starts (579), den ältesten Teilnehmer (52 Jahre), den ältesten Springer in den Punkten (51), den ältesten Springer auf dem Podest (44) und den ältesten Sieger (42).
„Nori ist wirklich etwas ganz Besonderes. Irgendwie hat er es geschafft, den Alterungsprozess zu stoppen“, sagte einst Dieter Thoma, Kasai-Konkurrent der ersten Stunde und seit über 25 Jahren im Ruhestand, zu SPORT1. Kasai selbst hatte damals, im Jahr 2017, bei SPORT1 angekündigt, dass er springen wolle, „bis ich 50 bin“. Auch dieser Plan ist mittlerweile Makulatur.
Kehrt Kasai in den Weltcup zurück?
Der inzwischen 53 Jahre alte Kasai ist noch immer dabei und will alles geben, um tatsächlich noch ein weiteres Mal zu Olympia fahren zu können, wenngleich der Skisprung-Dino weiß, wie schwer das wird. „Ganz ehrlich: Ich bin im Moment nicht in meiner besten Form, obwohl ich das Gefühl habe, ganz gut springen zu können. Ich trainiere hart, um in Topform zu kommen“, sagte der japanische Altmeister vor einigen Wochen dem Portal Aktio Note.
„Mir ist vollkommen bewusst, dass es nicht einfach wird, bei Olympia anzutreten, und ich denke, dass es ein harter Kampf werden wird. Ich bin derzeit nicht Teil des Weltcup-Teams. Wenn sich das nicht ändert, glaube ich nicht, dass ich an Olympia teilnehmen kann“, betonte Kasai und skizzierte einen möglichen Plan bis zu den Winterspielen in Italien. „Die Teilnahme am Weltcup ist ein Muss.“ Und die steht wirklich in Aussicht.
Beim zweitklassigen Continental Cup im finnischen Kuusamo flog Kasai auf die Plätze 14 und 18 – kein Springer aus dem deutschen B-Team war besser. Spätestens beim Heim-Weltcup in Sapporo Mitte Januar soll er über das zusätzliche Kontingent der nationalen Gruppe wieder in der ersten Liga starten und dann seinen Altersrekord weiter steigern. Es wäre das nächste Kapitel seiner einzigartigen Karriere.