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Vor fünf Jahren erschütterte sein tragisches Schicksal die Wrestling-Welt

Die Tragödie eines Ringriesen

Am zweiten Weihnachtsfeiertag 2020 schockte der Tod von Brodie Lee die Wrestling-Welt. Die Karriere des früheren Luke Harper war gerade dabei, spät zu erblühen.
Jon Huber war bei WWE bekannt als Luke Harper, bei AEW als Brodie Lee
Jon Huber war bei WWE bekannt als Luke Harper, bei AEW als Brodie Lee
© All Elite Wrestling
Am zweiten Weihnachtsfeiertag 2020 schockte der Tod von Brodie Lee die Wrestling-Welt. Die Karriere des früheren Luke Harper war gerade dabei, spät zu erblühen.

Cody Rhodes, der heutige Champion und Topstar von WWE, gehörte zu den wenigen Personen, die von der sich anbahnenden Schreckensnachricht wussten.

Ihr guter Freund Jonathan Huber - bei WWE bekannt als Luke Harper, bei AEW als Brodie Lee - würde sterben. 10 Tage nach dessen 41. Geburtstag. 13 Tage nach dem neunten Hochzeitstag mit Ehefrau Amanda, der Mutter seiner beiden Söhne Brodie und Nolan, damals acht und drei Jahre alt.

Der Körper des Superschwergewichts wurde von einer schweren und rätselhaften Lungenkrankheit befallen, die den 125-Kilo-Mann um fast 50 Kilo abmagern ließ und die sich letztlich als unkurierbar herausstellte.

Rhodes gehörte zu den wenigen Eingeweihten - wie auch der frühere WWE-Champion Big E, einer der engsten Freunde Hubers. Die beiden spielten am Ende noch einmal eine besondere Rolle in der Geschichte, die am zweiten Weihnachtstag vor fünf Jahren ein trauriges Ende nahm.

Als Luke Harper bei WWE weltbekannt

Bis kurz vor seinem viel zu frühen Ableben galt Huber in der Szene als unterschätztes und unvollendetes Phänomen: Ein in besonderem Maße athletischer 2-Meter-Hüne, unter Kollegen wegen seiner menschlichen und professionellen Qualitäten beliebt und hoch anerkannt - dessen Karriere aber etwas glücklos verlaufen war.

Bei WWE hatte der aus Rochester bei New York stammende Huber die Rolle seines Lebens als Teil der Wyatt Family, die als schauriger Clan aus den Sümpfen der Südstaaten präsentiert wurde. Angeführt von dem damaligen Shootingstar Bray Wyatt - inzwischen unter ebenso tragischen Umständen wie Huber ebenfalls früh verstorben - entwickelte sich die Gruppierung zu einer der größten Erfolgsgeschichten der Liga.

Der damalige Luke Harper hielt das mit Stars wie John Cena, Roman Reigns und dem Undertaker rivalisierende Bündnis dabei stärker zusammen, als es auf den ersten Blick den Anschein hatte: Huber war mit seiner jahrelangen Erfahrung in den Independent-Ligen der arrivierteste Ringhandwerker der Gruppe. Auch sein kreativer Input und seine Fähigkeit, beunruhigende Präsenz zu erzeugen, waren für die Gruppierung integral.

WWE-Aus im Frust

Huber hatte die Hoffnung, bei WWE auch als Einzelwrestler eine gewisse unsichtbare Grenze zu überschreiten, doch sie erfüllte sich nie: Als Luke Harper blieb er festgelegt auf die Sidekick-Rolle. Er durfte Sekundär- und Tag-Team-Titel mit Partner Erick Rowan halten, aber nie mehr.

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Im April 2019 verlor Huber die Geduld mit WWE: Er bat um seine Entlassung, als er mitbekam, dass der damalige Boss Vince McMahon - zu dem er ein angespanntes Verhältnis hatte - den Daumen senkte über einen letzten Versuch der kreativen Zuarbeiter, ihn größer herauszubringen.

Nach längerem Hickhack bekam der damals 39-jährige Huber schließlich die Freigabe, die Liga zu verlassen - und einen späten Neustart hinzulegen.

Brodie Lee bei AEW auch eine Parodie von Vince McMahon

Bei der jungen Promotion AEW startete Huber in einer neuen Rolle durch: als Mr. Brodie Lee, zwielichtiger Anführer der bösartigen Sekte The Dark Order. Als das „intelligent monster“, das er bei WWE nie sein durfte, wandelte er auf den Spuren des 1988 ermordeten Phänomens Bruiser Brody - und nahm in der neuen Rolle auch eine kleine Rache an Ex-Boss McMahon.

Er dichtete seinem Alter Ego diverse Marotten an, die er sich von McMahon abgeschaut hatte - unter anderem dessen Vorliebe für teure Steaks und seine stets wütende Reaktion auf Untergebene, die in seiner Gegenwart niesen.

Huber erlangte bei AEW mit seiner kreativen Neuausrichtung schnell eine tragende Rolle: Er bestritt 2020 ein großes World-Title-Match gegen Jon Moxley und regierte selbst als TNT-Champion. Highlight der Fehde mit dem damals noch bei AEW aktiven Rhodes, den er dem Titel abnahm: ein blutig-intensives „Dog Collar Match“, das von Fans und Experten mit Lob überschüttet wurde.

Für Huber, der lange eine eher prekäre Existenz als einfacher Büroarbeiter hatte, war eine späte Karriere-Blüte erreicht - als aus dem Nichts das Schicksal losschlug.

Todesursache: Lungenfibrose, kein Corona

Beim Wiederaufbautraining nach dem kräftezehrenden Kampf merkte Huber, dass mit ihm etwas nicht in Ordnung war: Er konnte eine Routineeinheit auf dem Laufrad nicht beenden, fühlte sich schlapp und geschwächt, schließlich so sehr, dass er sich in die Notaufnahme bringen ließ.

Die Mediziner merkten an seinen schockierend schlechten Sauerstoff-Werten, dass seine Lunge nicht mehr richtig arbeitete. Die naheliegende Diagnose Covid-19 wurde durch alle denkbaren Tests ausgeschlossen, doch es war kein Grund zum Aufatmen, buchstäblich.

Huber hatte eine Lungenfibrose erlitten, eine Schädigung und Vernarbung seiner Atmungsorgane. Die genaue Ursache konnte nie geklärt werden, die Spezialisten vermuteten eine auf tragische Weise unerkannte und verschleppte Lungenentzündung: „Er war in so guter Form, dass sein Körper sich wohl durch die Warnsignale durchgearbeitet hat“, berichtete Witwe Amanda in einem persönlichen Nachruf, den sie ein Jahr nach dem Tod ihres Mannes für Player‘s Tribune verfasste.

AEW hielt Hubers Schicksal unter Verschluss

Bis Ende November war Jon noch wach und ansprechbar, richtete am Krankenbett noch über den familiären Streit, ob Brodie Jr. an Halloween als sein Wrestlerkollege Orange Cassidy verkleidet durch die Straßen ziehen dürfte (“Kauf dem Jungen die verf***te Jeans-Jacke“).

Am 22. November 2020 erlitt Huber eine folgenschwere Panikattacke, seine schnellen, unkontrollierten Bewegungen waren Gift für die massiv geschwächte Lunge. Einen Monat später stellte sich heraus, dass eine potenziell rettende Transplantation nicht mehr möglich war - das Todesurteil.

Wie Hubers Witwe Amanda später enthüllte, rief sie dessen Freunde Rhodes und Big E als moralische Stütze in ihr Haus, als sie Brodie Jr. die Nachricht vom nahenden Tod des Vaters überbringen musste. Die beiden verbrachten den Abend mit der Familie, spendeten Trost, teilten die untragbare Last.

Hubers Fans bekamen von der Tragödie bis kurz nach dessen Tod nichts mit: AEW hielt das Schicksal seines Stars unter Verschluss, um die Privatsphäre der Familie zu wahren. Die große Community der Showkampf-Anhänger ging von einer normalen Verletzungs- oder Erholungspause Hubers nach dem brutalen Kampf gegen Rhodes aus - und war umso geschockter, als die Nachricht seines Todes am 26. Dezember 2020 am Tag darauf öffentlich wurde.

Ein würdevoller Abschied

Wohin die Karriere von Jon Huber alias Brodie Lee noch hätte führen können, ist Spekulation. Sicher ist: In einer Branche, in der ähnliche Tragödien oft geschmacklos ausgeschlachtet worden sind, erwarb sich AEW viel Anerkennung und Profil durch den ausnehmend würdevollen Umgang mit seinem Tod.

AEW-Boss Tony Khan stellte eine emotionale Tributepisode der TV-Show Dynamite auf die Beine, die zu einem Festgottesdienst für Brodie wurde - und von Fans ebenso wie innerhalb der Szene viel Wertschätzung erfuhr.

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Bei AEW beginnt bis heute jede Show mit einer subtilen Würdigung Hubers: Der Satz „It‘s ... - and you know what that means“, mit dem die US-Kommentatoren alle AEW-Übertragungen einleiten, spielt auf einen Running Gag Hubers an. Die Erwähnung des jeweiligen Wochentags und den kryptischen Anhang postete er jahrelang täglich auf Twitter.