Dennis Schröder hat aktuell keinen guten Stand bei seinem Trainer.
So wird Schröder kein ganz Großer
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Nach Visa-Problemen und Suspendierung wegen zu späten Erscheinens aus dem All-Star-Urlaub kam der deutsche NBA-Star am Wochenende auch zu spät zum Teambus der Atlanta Hawks vor dem Spiel in Orlando - und flog aus der Startformation.
Hawks-Coach Mike Budenholzer sah sich zum Handeln gezwungen: "Respekt gegenüber den Teamkollegen ist bei uns wichtig. Es ist die Aufgabe des Klubs, unsere Kultur zu pflegen."
Nicht zum ersten Mal musste der Disziplinfanatiker aus der Spurs-Schule von Gregg Popovich bei seinem Point Guard zu erzieherischen Maßnahmen greifen.
Die unnötigen Aktionen häufen sich
Budenholzer schätzt Schröders Talent und Spielweise ungemein, mahnt aber als sportlicher Ziehvater auch immer wieder Reife, Respekt und persönliche Weiterentwicklung als entscheidende Punkte an, um ein ganz Großer in der NBA zu werden.
Schröder darf sich dabei oftmals angesprochen fühlen. Die Häufung solcher unbedachten und unnötigen Aktionen wie den Unpünktlichkeiten oder der kindischen Fehde mit Bostons All-Star Isaiah Thomas gefährdet den Status des 23-Jährigen. Er droht, sein gewaltiges Talent zu verschleudern - zumindest große Teile davon.
Immer wieder Angriffsfläche
Denn nicht nur Angehörige der alten Schule wie Budenholzer legen ihm seine scheinbar kleinen Vergehen als mangelhafte Einstellung und fehlenden Fokus auf seinen eigentlichen Job aus.
Auch in Deutschland gibt es diese Stimmen, vor allem seit der Heim-EM im Sommer 2015 in Berlin. Damals glänzte Schröder erstmals auf großer Bühne mit sportlich überragenden Leistungen gegen europäische Topstars.
Dennoch blieb - fair oder nicht - seine öffentliche Kritik an Bundestrainer Chris Fleming als fader Beigeschmack von Dirk Nowitzkis letztem großen Turnier zurück. Auch sein bizarrer Ticketstreit mit dem FC Bayern München im selben Sommer sorgte für Irritationen.
Schröder hadert mit der deutschen Mentalität
Schröders öffentliches Auftreten ist nicht immer glücklich, auch seine Aktivitäten in den sozialen Medien mit diversen Fotos seiner Sportwagen in Gold und Tarnlook kann man deplatziert finden.
Gerade aus Sicht des deutschen Publikums, bei dem Protzerei als deutlich weniger schicklich gilt als in Amerika. Und dem viele Jahre lang von Dirk Nowitzki ein ganz anderes Maß an Demut und Disziplin vorgelebt wurde.
Schröder hadert auch immer wieder öffentlich damit, dass er die Wertschätzung aus seinem Heimatland vermisst. "Es ist immer etwas schwierig. Wenn etwas gut läuft, bist du der Held. Wenn es schlecht läuft, wirst du blamiert", sagte Schröder im November im SPORT1-Interview.
Einen Monat später freute er sich in der Welt am Sonntag darüber, "dass ich es allen gezeigt habe, die in Deutschland so lange an mir gezweifelt haben". Inklusive seiner Lehrer, die ihm gesagt hätten, "dass ich irgendwann arbeitslos sein werde".
Die sportliche Klasse ist da
Markige und trotzige Ansagen, statusbewusstes Zurschaustellen seines Reichtums (2016 unterschrieb er einen 70-Millionen-Deal): Man muss Schröder nicht dafür mögen, aber er kann es sich erlauben, so lange er auf dem Court überzeugt.
Und alles in allem legt er ja auch eine starke Premierensaison als Starter hin, offenbart großes Potenzial, auf All-Star-Niveau zu wachsen.
Dazu gehört aber auch die richtige Einstellung und unbedingte Konzentration aufs Wesentliche - genau daran lässt Schröder gerade Zweifel zu.
Trainer Budenholzer ist ein Trumpf
Die möglichen Folgen sind nicht zu unterschätzen: Gut Basketball spielen können viele andere Spieler in der NBA oder der D-League auch, schon mancher Jungstar ist trotz großer Qualität brutal abgestürzt.
Schröder hat das Glück, in Atlanta einen Coach wie Budenholzer zu haben, der streng, aber fair ist. Nach der Degradierung in Orlando ließ er Schröder von der Bank kommend immerhin noch 31 Minuten ran - und auch sonst tut er alles, um seinen Schützling auf den richtigen Weg zu bringen.
Wenn es dafür statt Zuckerbrot auch einmal die Peitsche braucht, ist das ein kleiner Preis für ein großes Talent.