"Erfrischend, Wahnsinn!": Franz Reindl war voll des Lobes über den Shootingstar der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft.
Nachrücker Tiffels als Geheimwaffe
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Mit drei Toren und einer Vorlage hatte der US-Collegespieler Frederik Tiffels bei der doppelten Generalprobe für die Heim-WM (5. bis 21. Mai LIVE im TV auf SPORT1) nicht nur den Präsidenten des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) begeistert, sondern allen die Show gestohlen.
Als es nach dem 3:2-Sieg im letzten Test gegen Lettland im Flieger in seine Heimatstadt Köln ging, hatte der 21-Jährige den längsten Weg aller WM-Kandidaten hinter sich, um sich einen großen Traum zu erfüllen.
"2010 war es schon toll, als Kölner nur zuzuschauen", sagte Tiffels, bei der grandiosen Weltmeisterschaft vor sieben Jahren noch im Schülerteam der Haie, "jetzt selbst zu spielen, wäre noch besser."
Sturm über Tiffels: "Er brennt"
Die Chancen stehen gut: Der Stürmer, der nicht nur wegen seiner ersten drei Länderspieltore in den letzten beiden Testspielen überzeugte, war die Entdeckung der WM-Vorbereitung und wurde in den vorläufigen Kader berufen. "Er hat alles umgesetzt, was wir verlangt haben", lobte Bundestrainer Marco Sturm: "Er brennt."
Dabei hatte der Chefcoach des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) Tiffels eigentlich gar nicht auf dem Zettel. Nach dem Playoff-Aus mit der Western Michigan University in der US-College-Liga NCAA rutschte der Wirtschaftsstudent erst dank der Schulterverletzung des Mannheimer Routiniers Christoph Ullmann in den Kader. Oder wie Tiffels es ausdrückte: "Herr Ullmann hatte abgesagt."
Der Angreifer, der 2015 von den Pittsburgh Penguins gedraftet worden war, packte bei den "Broncos" seine Sachen und machte sich auf eine lange Reise: "Ich bin von Kalamazoo nach Detroit gefahren, dann nach Paris geflogen, nach Düsseldorf, Köln", berichtete der Youngster, "und am nächsten Tag schon wieder nach Norwegen." Dort hatte vor gut einem Monat die WM-Vorbereitung begonnen, und Tiffelts wurde "von Spiel zu Spiel besser", wie Reindl urteilte.
Lob von Ehrhoff
Dass er beim unglücklichen 3:4 nach Verlängerung am Sonntag und beim 3:2 am Montag gegen Lettland dreimal traf, krönte diese Entwicklung. "Er ist einer der schnellsten, wenn nicht der schnellste Spieler der Mannschaft", meinte Kapitän Christian Ehrhoff und gab zu: "Ich kannte ihn nur vom Namen her."
Kein Wunder, denn Tiffels wanderte schon als 17-Jähriger aus, ging aber nicht wie viele andere Eishockeytalente in die kanadische, sondern in die US-Juniorenliga. "Ich habe meinen Highschool-Abschluss gemacht und bekam die Chance, aufs College zu gehen", erzählte er.
Bei den "Broncos", dem Uniteam in Kalamazoo zwischen Chicago und Detroit, bildet ihn ein Meister seines Fachs aus: Andy Murray, der Kanada dreimal zu WM-Gold führte und 1998/99 als Manager in Köln arbeitete.
Tiffels träumt von den Penguins
Sein großer Traum ist der Sprung in die NHL zum Stanley-Cup-Sieger Pittsburgh, dessen Scouts ihn regelmäßig beobachten. Doch zuvor will Tiffels die WM vor der eigenen Haustür genießen - und dabei von denen lernen, die es schon in die beste Eishockey-Liga der Welt geschafft haben.
"Es ist schon cool, sie jetzt im realen Leben zu sehen", sagte Tiffels über die NHL-Profis Thomas Greiss, Dennis Seidenberg und Tobias Rieder.
Einer aus dem Trio kann ihm genau erzählen, wie man überraschend zu einer Heim-WM kommt und dann eine große Karriere startet. 2001 nutzte Seidenberg als 19-Jähriger die unverhoffte Chance als "Sprungbrett nach Nordamerika". Mittlerweile hat er den Stanley Cup gewonnen und 900 NHL-Spiele auf dem Buckel.