Als Sportchef Rudi Völler seinen Geschäftsführer Michael Schade nach Abpfiff demonstrativ umarmte ("Wir dürfen uns auch mal freuen in diesen schwierigen Tagen"), hatte Kapitän Simon Rolfes den sich anbahnenden Rauswurf von Prügel-Profi Emir Spahic quasi schon verkündet.
Bayer bleibt in der Spur, Spahic vor Aus
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"Wir wünschen dem Ordner gute Besserung. Er gehört auch zu unserem Verein. Der Sieg ist auch für ihn", sagte der Kapitän des Bundesligisten Bayer Leverkusen im Anschluss an das 3:2 (1:0) beim FSV Mainz 05.
Schade: "'Jetzt müssen wir handeln"
In der Sportschau äußerte sich Völler dann deutlich über Spahic: "Er hat einen riesen Fehler gemacht, es tut im unwahrscheinlich leid und er hat versucht, sich bei allen zu entschuldigen. Aber wir wissen natürlich, dass es so schwierig ist, in irgendeiner Form weiterzumachen."
Auch Schades Worte lassen erahnen, worauf es wohl hinauslaufen wird: "Wir haben von Anfang an gesagt, wir übergeben der Staatsanwaltschaft alle Dokumente. Wir wollen auch nicht vorverurteilen, die Staatsanwaltschaft muss ermitteln. Da kannten wir keine Videobilder. Dann haben wir sie gesehen und gesagt 'jetzt müssen wir handeln'. Dann haben wir uns zusammengesetzt mit allen Beteiligten. Ein Gespräch steht noch aus, wir werden uns zeitnah dazu äußern."
Distanzierung von Spahic
Viel deutlicher konnte die Distanzierung von Spahic nicht ausfallen. Der sechste Leverkusener Sieg in Folge, die Absicherung des vierten Tabellenplatzes und die gute Ausgangsposition im Rennen um die Teilnahme an der Champions League sechs Spieltage vor Saisonende waren schon wenige Minuten nach dem Spielende in den Hintergrund getreten. Der Skandal um Spahic, der am Montag wohl seine Papiere erhält, war das beherrschende Thema.
Völler ließ durchblicken, dass es wohl nur noch um vertragliche und rechtliche Fragen mit Blick auf die Kündigung des ehemaligen bosnischen Nationalmannschaftskapitäns geht: "Er hat noch Vertrag, es gibt jetzt Juristen, die sich mit der Sache befassen", sagte der Weltmeister von 1990 bei Sky.
Bayer-Fans mit Pro-Spahic-Transparent
Die Leverkusener mussten sich seit der Viertelfinal-Niederlage im DFB-Pokal am Mittwoch gegen Bayern München (3:5 i.E.) mit der Affäre um Spahic auseinandersetzen. Eine Gruppe um den 34-Jährigen, der aufgrund einer Syndesmose-Verletzung in Mainz fehlte, hatte sich im Anschluss an das Spiel eine Auseinandersetzung mit Ordnern geliefert. Dabei versetzte Spahic einem von ihnen einen Kopfstoß (Die Highlights zum Nachhören auf SPORT1.fm).
Neben dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) hat auch die Kölner Staatsanwaltschaft Ermittlungen gegen Spahic aufgenommen. Dem Verteidiger, der noch bis Ende der kommenden Saison bei Bayer unter Vertrag steht, droht eine Haftstrafe wegen Körperverletzung.
Dennoch hing vor dem Bayer-Fanblock in Mainz vor dem Anpfiff ein großes Transparent mit der fragwürdigen Aufschrift "Emir - einer von uns".
Schmidt: "Das ist eine sehr traurige Geschichte"
Zur Mannschaft gehört Spahic aber offensichtlich nicht mehr - obwohl er sich im Vorfeld des Mainz-Spiels in einem Gespräch seinen Teamkollegen erklärte. Rolfes und Torwart Bernd Leno äußerten übereinstimmend, dass sie von den Bildern "schockiert" waren.
Auch die Aussagen von Trainer Roger Schmidt hörten sich wie die letzte Würdigung eines ehemaligen Spielers an. "Das ist eine sehr traurige Geschichte, die so groß ist, dass sie den Verein insgesamt betrifft. Sie kam aus dem Nichts", sagte der Coach: "Es geht um einen Spieler, der sehr viel für den Verein geleistet hat."
Spannende Schlussphase in Mainz
Fußball gespielt wurde in Mainz übrigens auch. Vor 31.578 Zuschauern war Bayer dabei der verdiente Sieger. Heung-Min Son (15. ), Stefan Kießling (59.) und Hakan Calhanoglu (73.) besiegelten die erste Mainzer Niederlage nach vier Partien ohne Pleite (SERVICE: Die Statistiken des Spiels).
Ja-Cheol Koo sorgte zwar zweimal per Foulelfmeter (78., 90.) in der Schlussphase für ein wenig Spannung, der Erfolg der Gäste war aber nicht ernsthaft in Gefahr.