Die Stimmung ist "gespenstisch". Das befand BVB-Geschäftsführer Carsten Cramer mit Blick auf die Notbesetzung auf der Geschäftsstelle am Rheinlanddamm und die Leere am Trainingsgelände in Brackel. Dort, wo sonst reges Treiben herrscht, ist momentan so gut wie gar nichts mehr los.
Cramer: "Kampf ums Überleben"
Die Coronakrise macht freilich auch vor Borussia Dortmund nicht Halt. Bis zum kommenden Montag haben die Schwarz-Gelben ihren Profi-Fußballern frei gegeben.
Als Cramer am Freitag zusammen mit Sportdirektor Michael Zorc und Lizenzspielerchef Sebastian Kehl den Spielern die Entscheidung mitgeteilt hat, habe man eine große Verunsicherung gespürt, erzählt der Boss jetzt im neuen BVB-Podcast. "Es waren alle irritiert aufgrund der Lage und nicht so sehr im Fokus. Deshalb haben wir uns entschieden, den Spielbetrieb ruhen zu lassen."
BVB-Boss Kehl: "Niemand weiß, was morgen ist"
"Für uns alle ist das im Moment eine schwierige Situation", sagt auch Kehl. "Niemand weiß, was morgen ist und wie es übermorgen weitergeht."
Beim BVB arbeiten sie auf den 30. März hin. An dem Tag wird sich die Deutsche Fußball-Liga erneut in Frankfurt versammeln und über das weitere Vorgehen in Zeiten der Covid19-Krise sprechen. "Dann wissen wir alle mehr", sagt Cramer.
Die Spieler um Erling Haaland und Co. sind soweit in enger Abstimmung mit Athletiktrainer Andreas Beck mit individuellen Trainingsplänen ausgestattet und halten sich im Homeoffice fit. "Sie lechzen danach, endlich wieder gemeinsam zu trainieren", sagt Cramer.
"... dann läuft man in eine mittlere Katastrophe"
Mit Blick auf die "dramatische" Lage und die mehr als 50.000 Jobs, die an der Fußball-Branche hängen, spricht der BVB-Direktor Vertrieb und Marketing von einem "Kampf ums nackte Überleben".
Er sei sich darüber im Klaren, "dass viele Menschen zurzeit andere Sorgen haben als sich zu fragen, wie es mit dem Fußball und dem BVB weitergeht. Aber wir haben eine verdammte Pflicht, die Zukunft zu planen. Wenn man die Augen zu macht, dann läuft man in eine mittlere Katastrophe."
Und weiter: "Sich die Dramatik in unserer Fußballwelt vor Augen zu führen und zu merken, in welcher unfassbar großen Krise wir uns gerade befinden, hat dazu geführt, dass ich mir jeden Morgen die Frage stelle: ist das eigentlich wahr, was da gerade passiert? Wir stehen vor großen Herausforderungen."
BVB denkt nicht an Kurzarbeit
850 Mitarbeiter beschäftigt der BVB mit seinen zahlreichen Tochterunternehmen und zählt damit zu den größten Arbeitgebern in Dortmund. An Kurzarbeit denkt man bisher nicht. "Wir gehen verantwortungsbewusst mit der Situation um, jeder weiß, dass sein Job beim BVB absolut sicher ist."
Der 51-jährige Cramer sehnt sich indes nach dem Tag, an dem man wieder in einem ausverkauftem Stadion Fußball spielen kann: "Wenn wir die Möglichkeit haben, wieder zu spielen, dann sollten wir alle die Chance ergreifen. Nichts wäre schlimmer, als wenn die Bundesliga allzu lange pausiert."
Es sei vollkommen klar, dass alles in Relation gesetzt werden müsse. "Aber irgendwann wird der Tag kommen, an dem Normalität erlaubt sein muss."