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Rassismus-Vorfall um Jordan Torunarigha: Kommentar von Hassan Talib Haji

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Rassismus-Vorfall um Jordan Torunarigha: Kommentar von Hassan Talib Haji

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Der Knackpunkt beim Schalke-Eklat

Hassan Talib Haji ist Schalker durch und durch. Doch der gebürtige Kenianer erklärt, warum vom jüngsten Rassismus-Eklat etwas am Verein haften bleibt. Ein Gast-Kommentar.
Schalke schlägt Hertha und steht im Pokal-Viertelfinale. Die Entscheidung fällt erst in der Verlängerung. Wagner und ein Hertha-Profi fliegen vom Platz.

Innerhalb von sechs Monaten befindet sich der FC Schalke 04 zum zweiten Mal in einem schwerwiegenden Rassismus-Skandal. Letzten Sommer gab es den Eklat um Clemens Tönnies und am vergangenen Dienstagabend kam es beim DFB-Pokalspiel zwischen Schalke 04 und Hertha BSC zu rassistischen Beleidigungen gegenüber dem Spieler Jordan Torunarigha.

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In einer Stellungnahme des Hauptstadtklubs an den DFB-Kontrollausschuss teilte der Klub mit, dass es zu einem Vorfall in der 84. Minute vor der Südkurve der Schalke-Arena kam. Torunarigha wurde laut Angabe der Berliner von Schalke-Fans mit Affenlauten rassistisch beleidigt. Der Deutsch-Nigerianer soll auf dem Platz geweint haben und war davor, nicht mehr weiterspielen zu wollen.

In einem hochemotionalen Pokalspiel wurde der 22-Jährige in der Nachspielzeit von Schiedsrichter Harm Osmers mit einer gelbroten Karte des Feldes verwiesen. Nach einem Zweikampf mit dem Schalker Omar Mascarell hob er eine Getränkekiste auf und warf sie, sichtlich emotional angefasst, auf den Boden.

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Das nachträgliche Ausscheiden der Mannschaft von Trainer Jürgen Klinsmann oder eben der Schalker Sieg über Hertha BSC, ist kaum Gegenstand der Berichterstattung der letzten Tage. Und das hat einen Grund. Vielmehr wird über das Geschehen in der 84. Minute gesprochen – und das ist richtig so.

Dieses Gefühl ist sehr schmerzvoll

Wir als fußballbegeisterte Menschen schauen vielleicht ein wenig stirnrunzelnd zur Serie A. Man liest immer wieder von Rassismus in Italiens Stadien. Dunkelhäutige Spieler werden aufgrund ihrer Hautfarbe und ihrer Herkunft verunglimpft. Nun haben wir in Deutschland auch einen prominenten Fall. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Rassismus in deutschen Stadien gab es schon vorher. Ich habe das persönlich erlebt – auf Schalke. Dennoch sollte uns das gerade in der heutigen Zeit zu denken geben. Rassismus ist ein gesellschaftliches Problem. Der Fußball ist ein Spiegelbild jener Gesellschaft, und dieses Spiegelbild hat uns eine hässliche Fratze gezeigt.

Doch, wie fühlt es sich eigentlich an, rassistisch beleidigt zu werden? Haben Sie sich das schon mal gefragt? Aus eigener Erfahrung kann ich Ihnen sagen, dass dieses Gefühl ein sehr schmerzvolles ist. Um dies vielleicht etwas besser zu verstehen, versetzen Sie sich in die Lage eines dunkelhäutigen Menschen und stellen Sie sich die Frage: Warum beleidigen die Menschen Sie für etwas, für das Sie gar nichts können? Sie haben sich Ihre Hautfarbe nicht ausgesucht, genauso wenig das Land, in dem Sie geboren wurden. Es geht auch nicht um Ihre moralischen Grundsätze oder irgendwelche Entscheidungen, die Sie mal getroffen haben. Sondern lediglich darum, was Sie sind und wie Sie aussehen.

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Ich bin Schalker mit Leib und Seele. Seit über 30 Jahren fiebere, freue und leide ich mit diesem Verein. Gerade als gebürtiger Afrikaner tut mir das sehr leid, wenn Menschen rassistisch beleidigt werden. Nicht nur im Stadion, überall. Ich kann verstehen, wie sich Torunarigha gefühlt haben muss. Der FC Schalke 04 war mal ein Leuchtturm als es um Rassismus ging, eine Instanz – ein starker Gegner gegen Rechtsextremismus. Natürlich kann kein Klub der Welt etwas dafür, dass vereinzelte Idioten sich daneben benehmen. Trotzdem bleibt das an diesem fantastischen Fußballverein haften.

Wie will man die Zuschauer sanktionieren?

Unsere Gesellschaft und der Fußball als dieses Spiegelbild haben noch sehr viel Arbeit vor sich. Es ist lobenswert, dass der FC Schalke 04 eine "Null Toleranz"-Politik nach diesem Vorfall öffentlich verkündet. Doch wie will man diese Zuschauer sanktionieren? Clemens Tönnies bekam eine dreimonatige Auszeit für offenen Rassismus und darf danach seelenruhig weitermachen. Wird man jetzt diese Schalker aus der Südkurve ein Leben lang mit einem Stadionverbot bestrafen oder gar mit dem Vereinsausschluss, sollten es Mitglieder sein? Das ist eben der Knackpunkt und dieser zeigt auf, in welch' schwieriges Fahrwasser man gerät, wenn bei Rassismus inkonsequent gehandelt wird.

Und unterschätzen Sie dabei bitte nicht die Signalwirkung. Wenn Rassismus nicht konsequent bestraft und Rassisten nicht geächtet werden, heißt das nichts anderes als: "Es ist doch nicht so schlimm." Dann sollte man aber nicht voller Empörung den moralischen Zeigefinger heben, wenn es Menschen gibt, die das tatsächlich glauben.

Hassan Talib Haji ist Blogger, Schalke-Mitglied und Schalke 04-Experte für Bundesligarechteinhaber Amazon und Fan-Experte für "Der Spiegel".