Macht Deutschland heute ein besonderes Kunststück perfekt? Die Basketball-Nationalmannschaft trifft im EM-Finale (20 Uhr im LIVETICKER) auf die Türkei und kann sich mit einem Sieg als aktueller Weltmeister auch zum Europameister küren.
Finale der Basketball-EM: Er ist der X-Faktor für den deutschen Titel
Er ist der X-Faktor für den EM-Titel
Dies gelang im Basketball bisher nur der Sowjetunion (zweimal), Jugoslawien (viermal) und Spanien (einmal), einer deutschen Nationalmannschaft aber noch nie.
Damit dies gelingen kann, muss aber erstmal die starke Türkei besiegt werden, die genau wie Deutschland im Turnier bisher ungeschlagen ist und mit Serbien und Griechenland im Turnier schon echte Brocken aus dem Weg räumte. Für Deutschland wird das Team um NBA-Star Alperen Sengün die mit Abstand härteste Aufgabe.
Speziell taktisch sind die Türken das beste Team im Turnier. So gelang es ihnen im Halbfinale, Megastar Giannis Antetokounmpo komplett abzumelden. Auch für die deutschen Stars Franz Wagner und Dennis Schröder werden sie sich ganz sicher eine spezielle Defensiv-Taktik ausdenken. Deshalb könnte Tristan da Silva, Deutschlands dritter NBA-Spieler, im Finale noch wichtiger werden.
Basketball-EM: Da Silva wird immer mehr zum Faktor
Für den Spieler der Orlando Magic ist es das erste große internationale Turnier für die A-Nationalmannschaft und bisher spielt er mit 10,1 Punkten im Schnitt gut.
„Ich schaue einfach, dass ich so gut reinpasse, wie es geht. Deshalb versuche ich einfach, den Rhythmus der Mannschaft zu finden und mich einfach so ein bisschen mittreiben zu lassen durch die EM“, hatte da Silva vor der EM im SPORT1-Interview erklärt und genau diese Rolle füllt er bisher perfekt aus.
In der öffentlichen Wahrnehmung steht er zwar deutlich hinter den Superstars Wagner und Schröder, doch er füllt die Rolle als dritte Scoring-Option und Energizer von der Bank nahezu perfekt aus.
Magischer Wurf gegen Slowenien
Beim schweren Spiel gegen Portugal (11 Punkte, 3/3 Dreier) und im Halbfinale gegen Finnland (13 Punkte, 3/6 Dreier) lieferte er ab und wurde mit seinem verlässlichen Scoring und starker Defensive zu einem der Faktoren für das Weiterkommen.
Im unglaublich engen Viertelfinale gegen Slowenien erzielte da Silva zwar nur fünf Punkte, lieferte mit seinem Buzzer-Beater von der Mittellinie aber wohl den bisher wichtigsten deutschen Moment bei der EM und ließ das Spiel so zu Gunsten Deutschlands kippen.
Da Silva erlebte schweren Start in die EM
Fast schon unbemerkt wurde da Silva in den letzten Spielen zu einem der wichtigsten Spieler im deutschen Team, der immer abliefert, wenn er gebraucht wird. Das zeigt auch seine überragende Dreierquote von 50 Prozent (15/30) im Turnier.
Diese Statistik ist besonders beeindruckend, wenn man bedenkt, wie schwer da Silva ins Turnier gestartet war. In seinen ersten drei EM-Spielen kam er im Schnitt nur auf 5,3 Punkte bei einer Dreierquote von 14,3 Prozent (1/7).
Im Training merkte man zu Turnierstart deutlich, wie sehr er mit sich haderte. Nach jeder Einheit warf er noch minutenlang Dreier auf den Korb, viele verfehlten dabei das Ziel. Kopfmensch da Silva war klar anzumerken, dass es in ihm arbeitete. Immer wieder schüttelte er den Kopf oder schrie laut durch die Halle, wenn ein Dreier daneben ging.
Doch der 24-Jährige fand dann ein Mittel und durchbrach mit 25 Punkten gegen Großbritannien seine Blockade, wie er anschließend auch SPORT1 erklärte: „Da muss man sich schon reinarbeiten. Ich habe jetzt Sachen gefunden, die für mich funktionieren und jetzt fühle ich mich auch besser. Deshalb glaube ich, dass ich auf einem guten Weg bin.“
Und dieser Ankündigung ließ da Silva anschließend auch Taten folgen. Seit dem Spiel gegen Großbritannien trifft er satte 60 Prozent seiner Dreierversuche.
Tristan hat besondere Beziehung zu „Vorbild“ Oscar
Die Eigenschaft, manchmal etwas zu verkopft in ein Spiel zu starten, hat er übrigens mit seinem Bruder Oscar gemein. In diesem Sommer laufen die Geschwister erstmals gemeinsam für die deutsche A-Nationalmannschaft auf.
„Schon im ersten Spiel war das crazy, mit ihm das ganze Warm-up zu machen und dann auf dem Platz zu stehen und ein bisschen diesen Moment teilen zu können, in der Nationalmannschaft zu sein. Das macht es 1000-mal besonderer“, sagte Tristan da Silva vor dem Turnier im SPORT1-Interview.
Insgesamt verbindet die da Silvas eine ganz besondere Beziehung, wie auch ihre Eltern Christine, eine PR-Managerin aus München, und Valdemar, der in seinem Geburtsland Brasilien Profiboxer war und jetzt eine Bar in München betreibt, im Interview mit dem Spiegel verrieten.
Tristan habe seinem großen Bruder Oscar von klein auf nachgeeifert. Als dieser vom Fußball zum Basketball wechselte, zog der Jüngere wenig später auch nach. Ein Moment kurz nachdem Tristan in der NBA gedraftet worden war, wäre deshalb ganz besonders gewesen, verriet seine Mutter. Er sei nach seinem Vorbild gefragt worden und sagte: „Sein einziges Vorbild ist sein Bruder Oscar. Das war sehr berührend.“
Tanzt da Silva die Türken aus?
Heute kann Tristan mit seinem „Vorbild“ Oscar gemeinsam Basketball-Geschichte schreiben und als erstes deutsches Bruder-Paar den EM-Titel gewinnen. Dabei helfen wird ganz sicher auch seine wiedergewonnene brasilianische Leichtigkeit.
„Tristan ist mehr Brasilianer, er war schon immer ein Tänzer“, sagte Vater Valdemar dem Spiegel. Seine Mutter Christine ergänzte: „Auf jeden Fall. Der ist nicht so ein Kopfmensch wie ich oder manchmal Oscar. Der hat mehr die Lässigkeit von Valdemar.“
Genau diese Lässigkeit wird Deutschland von Tristan da Silva brauchen. Wenn die Türken im EM-Finale mit einer speziellen Taktik für Schröder oder Wagner Erfolg haben, wird es ganz sicher große Räume für alle anderen Spieler geben, die speziell da Silva mit seinen Fähigkeiten ausnutzen kann.