Grimmiger Blick. Eine E-Gitarre spielende Gestalt mit furchteinflößendem Totenkopf auf dem Shirt. Haare bis zur Brust.
Der etwas andere Darts-Profi
Ryan Searle verbreitet allein schon durch seine optische Erscheinung Angst und Schrecken auf den Darts-Bühnen dieser Welt - doch er tut das zunehmend auch in sportlicher Hinsicht.
Durch seinen Finaleinzug bei den Players Championship Finals vor eineinhalb Wochen ist der Engländer endgültig in der Weltspitze angekommen - rechtzeitig vor Beginn der Darts-WM kommende Woche:
Wird der etwas andere Darts-Star auch dort zum Faktor? (Die PDC Darts-WM 2022 ab 15. Dezember LIVE im TV auf SPORT1 und im LIVESTREAM)
Searle erreicht Top 16 der PDC Order of Merit
Der 34-Jährige aus der südwestenglischen Arbeiterstadt Wellington, der auf der Tour mit dem in mehrfacher Hinsicht passenden Spitznamen „Heavy Metal“ an den Start geht, liegt gut zwei Wochen vor dem größten Event des Jahres erstmals in den Top 16 der Weltrangliste.
Das Preisgeld in Höhe von 50.000 Pfund, das er jüngst aus Minehead entführt hat - wenige Kilometer von seinem Heimatort entfernt -, katapultierten ihn auf Rang 15 der Order of Merit. „Es hat nicht lange gedauert, bis er sich etabliert und gezeigt hat, was er auf einer TV-Bühne zu leisten im Stande ist. Er ist ein beeindruckender Spieler“, zollte auch Turniersieger und Ex-Weltmeister Peter Wright seinem Gegner Respekt.
Das laufende Jahr ist Searles mit Abstand erfolgreichstes seit seinem Debüt auf dem PDC Circuit 2017, als er erstmals die Tour Card innehatte: Er gewann nicht nur insgesamt ein Preisgeld im sechsstelligen Bereich (144.000 Pfund), er zog beim World Grand Prix auch zum ersten Mal ins Viertelfinale eines Majors ein und toppte dieses Ergebnis bei den Players Championship Finals gar mit seinem ersten Finale vor TV-Kameras.
In dieser Form gehört Searle im Alexandra Palace zumindest zu den Kandidaten für eine große Überraschung. Im Achtelfinale könnte es zu einem erneuten Duell mit Wright kommen. Zweimal stand er bei der WM bereits unter den besten 16, 2019 und 2021. (DATEN: Spielplan und Ergebnisse der Darts-WM)
Searle leidet unter Astigmatismus
Searles Erfolg ist umso höher einzuschätzen, wenn man bedenkt, dass er unter Astigmatismus (Hornhautverkrümmung) leidet. Sein rechtes Auge verfügt über wesentlich geringeres Sehvermögen als sein linkes.
„Es gibt leider nicht wirklich etwas, was man dagegen tun kann. Es ist mehr ein genetisches Problem“, erklärte „Heavy Metal“ kürzlich bei Metro.co.uk.
Die Einschränkung führt bei ihm dazu, dass er teilweise verschwommen sieht und nicht immer erkennen kann, in welchem Feld die Pfeile stecken.
Kontaktlinsen, die er seit ein paar Jahren trage, hätten geholfen, „aber ich habe zehn Jahre lang mit verschwommener Sicht gespielt. Ich weiß nicht, wie ich es damit geschafft habe, eine Tour Card zu holen und die Challenge Tour als Zweiter (2016, Anm. d. Red.) abzuschließen“, sagte Searle.
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Zum Autofahren muss der frühere Fensterputzer eine Brille tragen, Dartspielen funktioniert ohne, allerdings muss er den Caller häufiger als andere Spieler fragen, wo der eben geworfene Pfeil gelandet ist.
„Ich muss dann warten und hören, was angesagt wird. Aber man gewöhnt sich dran“, fügte Searle hinzu.
Negative Schlagzeilen in BDO-Zeit
Vermutlich spielte dieser Umstand auch eine Rolle, als er zum ersten Mal für Schlagzeilen in der Darts-Welt sorgte. Beim World Masters, als er noch bei der BDO spielte, wurde er für einen unfairen Spieler gehalten.
In der Runde der letzten 32 im Match gegen Richie George verfehlte er seinen Matchdart auf die Doppel-10. (NEWS: Alles Wichtige zum Darts)
Caller Nick Rolls sah den Dart allerdings im richtigen Feld und erklärte Searle zum Sieger. Dieser nahm den Fehler des Schiedsrichters einfach hin - oder sah es einfach nicht besser.
Mittlerweile spricht jedoch niemand mehr über diesen Vorfall. Searle wird auf der Tour respektiert und wirkt in Interviews und im Gespräch mit Kontrahenten sehr umgänglich.
„Heavy Metal“ macht seinem Namen alle Ehre
Da täuscht der Eindruck bisweilen, wenn man ihm während des Matches zusieht - Stichwort grimmiger Gesichtsausdruck und Totenkopf.
Doch sein Auftreten passt schlichtweg zum Gesamtbild des Darts-Profis Ryan Searle.
„Dazu gehört, dass ich es mag, ein wenig anders zu sein. Ich habe so lange Haare wie nicht viele andere Leute. Niemand anders hat so schwere Darts, also habe ich mir gedacht, ich sollte sie benutzen“, verriet er.
Searle spielt mit Abstand „schwerste Pfeile“
Mit einem Gewicht von 32 Gramm spielt Searle in der Tat mit Abstand die schwersten Pfeile unter den Profis. Nicht umsonst wird er immer wieder scherzhaft als „Speerwerfer“ bezeichnet.
Bei seinem Nickname verwundert es auch nicht, dass er gerne Hardrock hört - bevorzugt aus vergangenen Jahrzehnten: „System of a Down, Papa Roach und auch das alte Zeug, Iron Maiden und Black Sabbath“ .
Sein Walk-on-Song ist „Paranoid“ von der letztgenannten Metalband um den legendären Ozzy Osbourne. Der harte und düstere Gitarrensound passt perfekt zum furchteinflößendsten Spieler der Darts-Szene.