Als Nitin Kumar direkt seinen ersten Matchdart ausgenutzt hatte und die Doppel-8 traf, gab es für ihn kein Halten mehr. Er machte seinem Spitznamen „The Royal Bengal“ alle Ehre und brüllte seine Freude über den historischen Einzug in die 2. Runde bei der Darts-WM (alle Sessions bis zum 3. Januar live auf SPORT1) wie ein bengalischer Tiger heraus.
Darts-WM: Die indische Sensation aus Dubai
Die indische Sensation aus Dubai
Der 40-Jährige schrieb Geschichte, denn Kumar ist der erste Inder, der bei der Darts-WM ein Spiel gewinnen konnte. Die Zuschauer im Alexandra Palace rasteten ebenfalls komplett aus und feierten den historischen Erfolg des Underdogs.
„Mein Traum war immer, einmal Weltmeister zu werden“, erzählte der gefeierte Underdog auf der anschließenden PK: „Ich gehe Schritt für Schritt. Dieser Sieg ist phänomenal. Ich liebe diese WM, denn sie verändert dein Leben.“
Darts-WM: Sensationssieger ringt nach den Worten
Im Gespräch mit SPORT1 rang Kumar noch um die passenden Worte: „Ich kann meine Gefühle nicht beschreiben, weil ich sowas zum ersten Mal fühle.“ Er gestand lachend: „Es ist ein bisschen merkwürdig. Wenn es das ist, was ich immer fühlen muss, um Spiele gewinnen, dann will ich das nicht jeden Tag spüren.“
Der Inder sprach von einem „harten Spiel“ gegen den favorisierten Richard Veenstra, den er mit 3:2 in Sätzen schlug. „Bis zu dem Zeitpunkt, als Richard Emotionen zeigte, konnte ich nicht einschätzen, ob ich ihn nervös mache“, fügte Kumar an.
Tatsächlich blieb der Niederländer lange Zeit ruhig, strahlte Selbstbewusstsein aus und wirkte so, als könnte er die Partie für sich entscheiden. Schließlich scorte Veenstra besser und warf fünf Highfinishes.
Herausragende Doppelquote als Trumpf
Doch Kumar ließ sich davon nicht beeindrucken, denn sei Faustpfand war die Doppelquote: Er stand bei 9 von 12 auf die Doppelfelder, was eine überragende Quote von 75 Prozent ergab.
„Das ist absolute Weltklasse über fünf Sätze“, staunte SPORT1-Experte Philip Brzezinski und betonte, dass es beeindruckend gewesen sei, wie Kumar mit der Performance seines Gegners umgegangen sei. „Er hatte keine andere Wahl, als so effektiv seine Doppel zu treffen. Das macht die ganze Sache noch größer“, hob Brzezinski hervor.
Der Inder sagte dazu: „Er hat mich über weite Strecken des Spiels outscored und hat viele Highfinishes geworfen. Der einzige Weg für mich, das Spiel zu gewinnen, war, meine Doppel zu treffen. Zum Glück hat es funktioniert, denn das gelingt nicht immer.“
Ein Luke Littler aus Indien?
In der Geschichte des Dartsports hat es noch kein Inder geschafft, Berühmtheit zu erlangen – sowohl national als auch international. Kumar hat die größte Bühne im Ally Pally genutzt, um sich begeisternd in den Mittelpunkt zu spielen und ist seinem Traum, Vollzeitprofi zu werden, ein Stück nähergekommen.
„Das wird einen Einfluss auf Kinder in Indien haben und ab sofort wird dort ein größerer Fokus auf Darts liegen“, war Kumar sich bei SPORT1 sicher und führte stolz aus: „Es gibt sehr viele Kinder, die schon Darts spielen, und ich kann ihnen abseits von Berufen wie Arzt, Anwalt oder Cricket-Spieler einen neuen Karriereweg aufzeigen.“
Der 40-Jährige ergänzte daraufhin scherzhaft: „Da kann sich in den nächsten fünf bis zehn einiges tun – und vielleicht bekommen wir unseren eigenen Luke Littler.“ Auf der Pressekonferenz sprach er noch lachend eine Warnung aus: „Stellt euch vor, wenn hier demnächst acht Spieler mit Bollywood-Musik reinkommen.“
Seit den 90er-Jahren spielt Kumar Darts
Kumar spielt schon seit Mitte der 90er-Jahre Darts und nahm im Alter von 13 Jahren an seinem ersten Turnier in einem Pub teil. Ansonsten durfte er dort nicht trainieren, weil er noch minderjährig war.
Später zog es ihn dann nach Dubai, wo der Inder bis heute lebt. Aufgrund der weiten Entfernung nach Europa, wo die wichtigsten PDC-Turniere stattfinden, hat er erstmal keine Ambitionen, dorthin zu ziehen.
Allerdings hat Kumar bereits ein Visum für Januar bekommen, um an der Q-School teilzunehmen, wo die Tourkarten für alle Spieler außerhalb der Top-64 vergeben werden.
Auf dem Weg zum Fanliebling?
Falls er sich die Tourcard erspielen kann, ist eines sicher: Kumar hätte das europäische Publikum immer hinter sich, denn während des gesamten Spiels gegen Veenstra feuerten ihn die Zuschauer im Ally Pally lautstark an und fieberten mit.
„Er hat das Potenzial, zum Fanliebling im Ally Pally zu werden“, meinte SPORT1-Kommentator Basti Schwele nach dem historischen Triumph.
Am kommenden Samstag steht für Kumar das Zweitrundenduell gegen keinen Geringeren als Stephen Bunting an. Die Nummer vier der Welt geht zwar als haushoher Favorit in die Partie, hatte jedoch beim Auftakt gegen Sebastian Bialecki etwas Mühe.
Bunting zollt Kumar Respekt
Bunting wurde nach seinem Einzug in die zweite Runde auf die bevorstehende Partie gegen Kumar angesprochen und stellte klar: „Nitin ist ein fantastischer Spieler. Was er für das indische Darts getan hat, ist außergewöhnlich.“
Es ist nicht das erste Mal, dass sich die beiden auf einer Bühne gegenüberstehen werden: Im vergangenen Januar trafen Bunting und Kumar beim Bahrain Darts Masters aufeinander. Der Engländer gewann damals souverän mit 6:2.
„Ich habe glücklicherweise gewonnen und die Weltmeisterschaft ist noch etwas anderes. Ich bin optimistisch, dass ich weiterkommen werde“, sagte Bunting abschließend.