Es muss, auch wenn Sie den Autor dieser Zeilen nun womöglich endgültig für ein Fashion Victim halten, an dieser Stelle wieder um ein Kleidungsstück gehen.
Erzählungen: Der bewegte Mantel
© facebook.com/fortunaduesseldorf
Ich weiß, ich weiß, wir hatten hier vergangene Woche erst den Ärmel, aber was will man machen, wenn der Stoff sich ein weiteres Mal aufdrängt.
Der Fußball, die Mode, die Menschheit an sich: Vielleicht gibt es einfach irgendeine tiefere Verbindung zwischen den großen Themen dieser Kolumne.
Und auch wenn nicht: Es muss hier nun jedenfalls um den Mantel gehen. Den Mantel an sich zum einen, den Mantel von Kerem Demirbay im Speziellen. Der hat diese Woche schließlich einige Diskussionen ausgelöst.
Wieso das denn, fragt sich der an der Kulturhistorie Interessierte - und weist mit Recht darauf hin, dass der Mantel dort doch eigentlich immer einen ordentlichen Ruf besaß.
Er hält warm, ist komfortabel, ein bewährter Schutz gegen widrige Witterung. Und auch weniger schöne Dinge kann man gut mit ihm umhüllen, einen Mantel des Schweigens, des Vergessens, der Nächstenliebe drüberlegen. Auch das bewährt.
Und Martin von Tours erst, der seinen Mantel einst mit einem frierenden Bettler teilte: Gilt heute als Legende, quasi als Heiliger.
Mit einem Mantel kann man also nicht viel falsch machen, wird sich auch Demirbay gedacht haben. Und was richtig machen tat ja Not nach der Geschichte vorher.
Hatte er doch Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus angeschimpft, von wegen Frauen, Männersport und so weiter.
Tat ihm dann ja auch leid und er pfiff ein Mädchenspiel als Schiedsrichter, machte also was Gutes, richtigerweise.
Und dachte sich wohl eben: Noch besser, wenn ich dabei einen Mantel trage, einen besonders schönen dazu.
Und Fortuna Düsseldorf, sein Verein, dachte sich hinzu: Am allerbesten, wenn wir's wie Martin von Tours machen und den Mantel teilen, also auf Facebook.
Aber, wie es halt so ist heute: Statt frierender Bettler am anderen Ende das Internet - und das so: Schick schick, ist das jetzt hier jetzt die neue Büßermantelmode, höhö?
Shitstorm also, eine Windhose, da schützt der beste Mantel nicht, wahrscheinlich wäre da auch Sankt Martin machtlos gewesen.
Der Düsseldorfer Hinweis, dass Jugendspiele grundsätzlich immer in Straßenkleidung gepfiffen werden, half gegen ihn jedenfalls ebenso wenig wie ein Hinweis des Schweizer Schriftstellers Max Frisch.
Der mahnte ja einst diejenigen, die sich in Besitz der Wahrheit wähnen, sie anderen doch besser nicht wie ein feuchtes Tuch um die Ohren zu hauen - sondern sie ihnen wie einen Mantel anzubieten, in den sie sanft hineinschlüpfen können.
Was soll man dem noch hinzufügen? Ich biete ab jetzt nur noch den Mantel des Schweigens.