Die Hamburger Fußball-Hierarchie gerät ins Wanken, die Fans in der Hansestadt sind verblüfft: Der „große“ Hamburger SV und der „kleine“ FC St. Pauli - davon kann an Alster und Elbe derzeit nicht die Rede sein.
Hierarchie wankt: St. Pauli lässt HSV alt aussehen
Nicht einmal ein Drittel der Zweitliga-Saison ist absolviert und die Kiezkicker sind als Tabellenführer den Rothosen bereits um sieben Punkte enteilt. (DATEN: Die Tabelle der 2. Bundesliga)
Für die Profis des Spitzenreiters aber war die aktuelle Situation auch nach dem 4:2 (0:1)-Sieg beim 1. FC Heidenheim weiterhin nicht mehr als eine Momentaufnahme. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der 2. Bundesliga)
Burgstaller sieht noch kein Spitzenteam
„Als Spitzenteam kann man uns noch nicht bezeichnen. Aber ein frühes Gegentor wirft uns nicht mehr aus der Bahn“, sagte Torjäger Guido Burgstaller.
Auch diese psychische Stärke macht aktuell den Unterschied zwischen den beiden Traditionsvereinen aus. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur 2. Bundesliga)
Denn wenige Stunden nach dem Erfolg von St. Pauli kam der HSV gegen Fortuna Düsseldorf trotz Führung und 67-minütiger Überzahl nicht über ein 1:1 (1:0) hinaus. Nicht wenige der 38.954 Zuschauer verabschiedeten die Spieler mit Pfiffen.
„Wir müssen mehr Verantwortung für unser Team übernehmen“, bemängelte HSV-Trainer Tim Walter nach dem Spiel bei SPORT1. „Ich erwarte von meinen Jungs, dass sie für ihr Team noch mehr einstehen. Da sind einige noch nicht bereit dazu, sondern sehen dann ihr Ding ein bisschen mehr im Vordergrund. Das stört mich.“
Harnik kritisiert HSV-Coach Walter
Zudem bräuchten seine Spieler noch Zeit, meinte der Coach. Doch um ernsthaft um den Aufstieg mitspielen zu können, brauchen die Rothosen so bald wie möglich Konstanz.
„Es zieht sich wie ein roter Faden durch die Saison. Es war nicht das erste Spiel in Überzahl“, legte SPORT1-Experte Martin Harnik den Finger in die Wunde. „Das war gegen Sandhausen der Fall, wo sie es noch gedreht haben. In Bremen war es der Fall, da haben sie zwar auch gewonnen, aber mit mehr Glück als Verstand.“
In Überzahl gelte es eben, mit dem eigenen Spiel auf die neuen Gegebenheite zu reagieren, meinte der frühere HSV-Angreifer: „Das ist das, was ich Tim Walter immer wieder vorwerfen muss. In so einer Phase muss man sich dem Spielverlauf auch anpassen, vielleicht ein bisschen mehr Kontrolle in die Verteidigung legen, statt immer nur nach vorne zu denken.“
Während der ehemalige Bundesliga-Dino derzeit also sehr mit sich selbst beschäftigt ist, eilt der Erzrivale vom Millerntor derzeit von Bestmarke zu Bestmarke.
22 Punkte aus zehn Spielen sind ein Startrekord. Viermal hintereinander mindestens drei Tore erzielt - das gelang den „Boys in Brown“ in der 2. Liga zuletzt vor mehr als 46 Jahren.
Läuft St. Pauli dem HSV den Rang ab?
Dass da auf dem Kiez zehn Jahre nach dem letzten Abstieg Träume auf eine Bundesliga-Rückkehr reifen, daran hat Erfolgscoach Timo Schultz auch gar nichts auszusetzen: „Ich bin ein Freund von Euphorie. Ich mag niemandem das Träumen verbieten, wenn er dabei das Arbeiten nicht vergisst.“
Und sollte der FC St. Pauli auch zum Schluss der Saison, ob nun als Aufsteiger oder nicht, vor dem HSV liegen, wäre eine weitere historische Bestmarke geknackt.
Denn einen solchen Endstand gab es letztmals in der gemeinsamen Oberliga-Saison 1953/54, da spielte Uwe Seeler beim HSV noch in der Jugend...
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Mit Material des Sportinformationsdiensts (sid)