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Eberl zu Bayern? "Immer in ihm geschlummert, dort arbeiten zu wollen": Lars Stindl im SPORT1-Interview

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Eberl zu Bayern? "Immer in ihm geschlummert, dort arbeiten zu wollen": Lars Stindl im SPORT1-Interview

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Stindl: KSC-Wechsel „kein Rückschritt“

Lars Stindl wechselte im Sommer nach acht Jahren bei Borussia Mönchengladbach zurück zum Karlsruher SC. Im exklusiven SPORT1-Interview erklärt der Ex-Nationalspieler seinen besonderen Schritt.
Hertha BSC muss sich gegen Karlsruhe mit einem Punkt zufrieden geben. Die Hauptstädter hadern vor allem mit der eigenen Chancenverwertung.
Reinhard Franke
Reinhard Franke

Lars Stindl wagte im Sommer einen Schritt, der für so manchen erstmal nicht ganz nachzuvollziehen war. Der frühere Nationalspieler wechselte von Borussia Mönchengladbach zum Karlsruher SC in die Zweite Liga. Doch Stindl wollte nochmal eine besondere Herausforderung und entschied sich ganz bewusst für die Rückkehr zu seinem Herzensverein.

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Im exklusiven SPORT1-Interview spricht der 35-Jährige über den KSC, die Krise bei der deutschen Nationalmannschaft und Max Eberl, der ihn einst nach Mönchengladbach holte.

SPORT1: Herr Stindl, Ihr Wechsel im Sommer von Borussia Mönchengladbach zum KSC war eine reine Herzensangelegenheit. Wie haben Sie den „Abstieg“ von der Bundesliga in die Zweite Liga bisher erlebt?

Lars Stindl: Es war definitiv kein Rückschritt für mich, sonst hätte ich es nicht gemacht. Die Entscheidung habe ich nicht aus rein romantischen Gründen getroffen, sondern das war schon ganz bewusst, auch aus privaten Überlegungen. Ich habe zudem wahrgenommen, dass sich beim KSC in den vergangenen Jahren einiges entwickelt hat. Hier möchte man etwas voranbringen, und ich freue mich weiter darauf, ein Teil davon zu sein.

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SPORT1: Sportlich hat sich leider nicht alles so entwickelt, wie Sie es sich vorgestellt haben.

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Stindl: Ich bin jedoch immer noch sehr zufrieden, dass ich es gemacht habe. Ich fühle mich hier total wohl. Sportlich gesehen bleiben wir hinter unseren eigenen Erwartungen zurück. Das liegt aber nicht daran, dass die Mannschaft nicht alles versucht; wir betreiben großen Aufwand. Aber der Ertrag ist leider relativ gering, da wir immer noch zu viele Fehler machen.

SPORT1: Ihr Start begann wie im Märchen. Ein Testspiel gegen den FC Liverpool zur Einweihung des neuen Stadions.

Stindl: Das war wirklich großartig. Ich wurde toll empfangen, auch im Team. So hatte ich es mir erhofft und gewünscht. Der Saisonstart verlief sehr positiv, wir müssen wieder dorthin gelangen, wo wir zu Beginn der Runde standen.

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Lars Stindl im exklusiven Sport1-Interview
Lars Stindl im exklusiven Sport1-Interview

In der Zweiten Liga „kann wirklich jeder jeden schlagen“

SPORT1: Ist dies die beste Zweite Liga aller Zeiten?

Stindl: In dieser Liga herrscht eine unglaubliche Leistungsdichte. Der Fußball ist dort immer näher zusammengerückt. In der Zweiten Liga kann wirklich jeder jeden schlagen. Während sich in der Bundesliga oben meistens vier, fünf Klubs absetzen, ist in der Zweiten Liga alles eng beieinander. Die womöglich bessere Mannschaft gewinnt nicht immer. Man kann mit einfachen, legitimen Mitteln erfolgreich sein. An Schalke und Hertha sieht man, wie schwierig diese Liga ist. Auch ich musste mich erst einmal zurechtfinden. Der HSV macht auf mich den besten Eindruck, aber auch sie haben gelegentlich Probleme, ihre Leistung konstant auf den Platz zu bringen.

SPORT1: Beim KSC herrscht ein Vakuum an sportlicher Kompetenz: Oliver Kreuzer ist weg, wurde bisher nicht angemessen ersetzt. Wollen Sie eigentlich mal die Rolle des Sportchefs übernehmen, wenn Sie Ihre Karriere beenden?

Stindl: Der Verein hat sich gerade umstrukturiert. Das Trainerteam hatte mehr Entscheidungsbefugnisse erhalten, und es kamen dennoch neue Leute dazu. Insbesondere Sebastian Freis (Sportdirektor, d. Red.) hat eine neue Position bekommen, was die sportliche Kompetenz betrifft. Es gibt einen regen Austausch mit uns Spielern. Ich bin noch davon entfernt, mir Gedanken über die Zeit nach meiner Karriere zu machen; ich möchte einfach noch Fußball spielen. Es macht mir Freude, auf dem Platz zu stehen und zu trainieren.

SPORT1-Reporter Reinhard Franke traf sich mit Lars Stindl in Karlsruhe zum Exklusiv-Interview
SPORT1-Reporter Reinhard Franke traf sich mit Lars Stindl in Karlsruhe zum Exklusiv-Interview

Aufstieg mit dem KSC? „Nicht mein primärer Traum“

SPORT1: Was ist in Karlsruhe möglich? Das neue Stadion ist nun vorhanden. Muss die Rückkehr nach oben unbedingt gelingen?

Stindl: Es ist unglaublich, was hier entstanden ist. Ich kenne das Stadion noch aus früheren Zeiten. Der KSC gehört eigentlich in die Bundesliga und hat eine lange Tradition. Aber die 18 Erstligaklubs haben sich das Recht hart erarbeitet, in der Bundesliga spielen zu dürfen. Realistisch betrachtet gehört der KSC Stand heute noch nicht dorthin. Doch natürlich ist es der große Wunsch von jedem großen Traditionsverein, irgendwann wieder dort zu spielen.

SPORT1: Ihr persönlicher Traum ist es doch bestimmt, mit dem KSC noch einmal aufzusteigen, oder?

Stindl: Das ist nicht mein primärer Traum. Für mich war es zunächst wichtig, im Sommer diese neue Herausforderung anzunehmen und Teil dieses wunderbaren Klubs zu sein. Momentan haben wir eine nicht ganz einfache Situation, da müssen wir selbstkritisch genug sein. Aber ich möchte den eingeschlagenen Weg hier weiterverfolgen.

TV-Experten? Stindl erklärt seine Sichtweise

SPORT1: Sie sind ein Spieler mit einer klaren Meinung. Steffen Baumgart hat zuletzt gemeckert, dass die TV-Experten immer öfter über Trainerkollegen schimpfen und zu allem ihren Senf abgeben, auch Thomas Tuchel war zuletzt genervt. Dietmar Hamann hat kürzlich kein gutes Haar an Urs Fischer gelassen. Nervt Sie das auch?

Stindl: Grundsätzlich habe ich Respekt vor dem Job des TV-Experten. Sie befassen sich sehr viel mit Fußball. Dass hier und da Kritik geübt wird, ist klar. Trotzdem bin ich ein großer Freund davon, solche Kritik vernünftig zu formulieren. Ich mag es nicht, wenn Dinge einfach nur polemisch rausgehauen werden, nur um Schlagzeilen zu produzieren und persönliche Befindlichkeiten damit einfließen zu lassen. Man kann inhaltlich immer kritisieren, aber es geht um die Art und Weise. Der ein oder andere war zuletzt schärfer, und er hat nur darauf gewartet, Leute wie Tuchel oder Urs Fischer so hart anzugehen. Es gibt aber auch TV-Experten, die das sehr vernünftig machen. Da muss ich Christoph Kramer (Borussia Mönchengladbach, Anm. d. Red.) oder Per Mertesacker (Ex-Profi, Anm. d. Red.) nennen.

SPORT1: Was macht für Sie einen guten TV-Experten aus?

Stindl: Er beherrscht die Kunst, konstruktive Kritik in gut gewählten Formulierungen zu äußern, ohne der kritisierten Person zu nahezutreten. Zudem zeigt er Verständnis für die individuelle Situation sowohl dieser Person als auch des Klubs.

SPORT1: Können Sie Baumgart also verstehen?

Stindl: Absolut. Es kommt immer auf die Art der Kritik an. Diese sollte stets auf einem angemessenen Niveau bleiben. Einige Herren sind in Bezug auf den Ton etwas abgekommen.

SPORT1: Wer ist Ihr Lieblings-Experte?

Stindl: Chris Kramer.

DFB-Team aus 2017 hatte „ein Gefühl der Einmaligkeit“

SPORT1: Lassen Sie uns über die Nationalmannschaft sprechen. Sie haben 2017 den Confed-Cup gewonnen. Das war Deutschlands letztes Sommermärchen. Was haben Sie, was andere heute nicht haben?

Stindl: Was damals durch diese zusammengewürfelte Truppe entstanden ist, war ein Gefühl der Einmaligkeit. Wir haben das mit allem, was wir hatten, ausgefüllt, das Momentum genossen. In den vergangenen Jahren hatten wir hier und da ein paar Probleme, was unsere Nationalmannschaft betrifft, dennoch ist klar, dass jeder Einzelne sehr stolz ist für die Nationalmannschaft zu spielen und natürlich immer versucht, das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.

Lars Stindl (r.) feiert den Sieg beim Confed Cup - an der Seite von Joshua Kimmich, Emre Can und Niklas Süle
Lars Stindl (r.) feiert den Sieg beim Confed Cup - an der Seite von Joshua Kimmich, Emre Can und Niklas Süle

SPORT1: Haben Sie eine Erklärung dafür, warum es derzeit nicht so gut läuft mit der Nationalmannschaft? Welche Rolle spielen die Trainer?

Stindl: Ich schätze Julian Nagelsmann sehr, er ist ein absoluter Top-Trainer. Auch Jogi Löw und Hansi Flick sind ausgezeichnete Fußballlehrer. Natürlich hatte man sich vom Wechsel von Flick zu Nagelsmann viel versprochen. Die USA-Reise hatte einen positiven Eindruck hinterlassen, es schien eine neue Euphorie da zu sein. Man wollte darauf aufbauen, aber die beiden Spiele gegen die Türkei und gegen Österreich waren ein Rückschlag. Nagelsmann hat es selbst gesagt: Das Auftreten des Teams neben dem Platz lässt sich nicht auf den Rasen transferieren.

SPORT1: Aber wie kann das sein?

Stindl: Ich habe dafür keine einfache Erklärung. Die Österreicher oder die Türken pressen sehr hoch und versuchen, unsere Spielidee zu zerstören. Dem DFB-Team fehlen hier ab und zu noch Lösungsansätze. Generell ist das Grundgefüge der Nationalmannschaft vieles spielerisch zu lösen. Wir sollten uns auf die ein oder andere Grundtugend wieder besinnen, die uns stark gemacht hat. Ich glaube jedoch, dass die richtigen Personen am Ruder sind.

SPORT1: Hat die Nationalmannschaft ein Mentalitätsproblem?

Stindl: Was ist Mentalität? Für mich ist Mentalität eine bestimmte Einstellung zum Spiel. Einige Beispiele: Ilkay Gündogan zeigt Mentalität, indem er sich jeden Ball zwischen den Innenverteidigern holt und versucht, das Spiel aufzubauen. Auch Mats Hummels und Toni Rüdiger setzen sich ab und wollen das Spiel aufbauen. Mentalität zeigt sich ebenfalls, wenn Leroy Sané nach zwei verlorenen Bällen wieder in den Halbraum kommt und versucht, das Spiel anzukurbeln. Wir haben die richtige Mentalität, es funktioniert nur eben leider gerade nicht.

Ter Stegen oder Neuer? „Das ist ein Luxus-Problem“

SPORT1: Rund um Katar 2022 hat der DFB, aber auch ganz Deutschland, eine extreme Rolle eingenommen. Es ging mehr um Botschaften, Kapitänsbinden und Haltungsfragen als um den Fußball. Fatal aus Ihrer Sicht?

Stindl: Die Botschaften stehen und fallen mit den Ergebnissen. Durch die Niederlagen wird natürlich alles schlecht geredet. Andere Länder haben sich nicht solche Gedanken gemacht wie wir. Die Kombination zwischen Sport und Politik hat bei uns nicht funktioniert. Das Ergebnis ist bekannt.

SPORT1: Die Frage zuletzt schlechthin: Wer ist für Sie die Nr. 1 im Tor? Neuer oder ter Stegen? Oder gar Trapp?

Stindl: Das ist ein Luxus-Problem. Mit ter Stegen und Neuer haben wir zwei außergewöhnlich gute Torhüter. Man muss jetzt erstmal abwarten, wie Manu die ganze Belastung verkraftet. Er ist so ehrgeizig, die Nummer 1 bei der Heim-EM sein zu wollen.

SPORT1: Schafft er es im DFB-Team wirklich nochmal?

Stindl: Das wird die Zeit zeigen. Er hat eine unglaubliche Qualität. Aber auch Marc-André hat bis zu Manus Rückkehr herausragend gehalten. Und er spielt bei einem der größten Vereine in der Welt. Da müssen wir uns keine Sorgen machen.

SPORT1: Wenn Sie an Ihre Karriere in der DFB-Elf zurückdenken - war es die schönste Zeit in Ihrem Leben?

Stindl: In der Zeit, als ich beim DFB war, war es ein unfassbar schöner Abschnitt in meiner Karriere. Ich habe mich super wohlgefühlt und es hat ganz viel Spaß gemacht. Ich bin mit den Jungs gerne herumgereist und das möchte ich nicht missen.

So denkt Stindl über Max Eberl

SPORT1: Lassen Sie uns noch über Max Eberl sprechen. Wie haben Sie ihn in den vergangenen, schwierigen Monaten gesehen?

Stindl: Wir haben ein sehr enges und persönliches Verhältnis und sind immer wieder im Austausch. Er hat mich damals nach Gladbach geholt. Die vergangenen Monate waren keine einfachen für Max. Er hat einige Entscheidungen getroffen, die bei vielen Personen in Gladbach nicht gut ankamen und die damit ein echtes Problem hatten. Aber man muss diese Dinge einfach respektieren, denn es waren seine persönlichen Entscheidungen. Ich habe mich unglaublich gefreut, dass er nach seiner Auszeit wieder zurück ist und bereit ist für den Fußball.

Lars Stindl (l.) hat eine hohe Meinung von Max Eberl
Lars Stindl (l.) hat eine hohe Meinung von Max Eberl

SPORT1: Wie sehr hat sein Image aber zuletzt gelitten? Hat er sich selbst entzaubert?

Stindl: Das klingt zu hart. Max bleibt weiter bei sich und ist nach wie vor sehr gut in dem, was er tut - zum Beispiel die letzte Transferperiode bei Leipzig. Es war sicher hier und da nicht die populärste Entscheidung für einen Fußballfan, dennoch sollte man es akzeptieren. Bei mir hat aber nichts gelitten, unser Verhältnis ist nach wie vor top.

SPORT1: Eberl wird als neuer Sportdirektor beim FC Bayern gehandelt. Wäre das die richtige Entscheidung?

Stindl: Max war schon mal bei Bayern, er kommt von dort. Ich glaube, es hat immer in ihm geschlummert, dort arbeiten zu wollen. Ich würde mich wirklich freuen für ihn, wenn er in die Bundesliga zurückkehrt. Bei dem Unmut einiger Fans, den man teils verstehen kann, möchte ich aber daran erinnern, dass er vor einigen Jahren, als er schonmal sehr umworben war von Bayern, bei Borussia verlängert beziehungsweise den Bayern abgesagt hat. Dann hatten wir noch zwei, drei richtig gute Jahre mit ihm.