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Weltmeister 1954: Helmut Rahn wäre 90 Jahre geworden

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Weltmeister 1954: Helmut Rahn wäre 90 Jahre geworden

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Wie der "Boss" zum Helden wurde

Helmut Rahn wäre am 16. August 90 Jahre alt geworden. Der 54er-Weltmeister machte beim 1. FC Köln vor allem durch Eskapaden auf sich aufmerksam. SPORT1 blickt zurück.
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© Getty Images
von Denis de Haas

Da stand er auf dem Balkon des Hotels Belvédère und gab eine Parodie zum Besten. "Prima schnittfeste Tomaten, Leute! Oma-Lutsch-Birnen für zahnlose Großmütter, Rotkohl, Weißkohl, Wirsing, Spinat. Leute, heut wird alles verschenkt", brüllte Helmut Rahn im Stil einer Marktfrau. Seine Teamkollegen lachten sich schlapp.

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Diese Szene schrieb der Nationalmannschaftskapitän Fritz Walter später nieder. Er erlebte den komödiantischen Auftritt während der Fußball-Weltmeisterschaft 1954 - dem Turnier, in dem sein Zimmerkollege Rahn zur Legende wurde.

Am 4. Juli musste der Angreifer in Bern aus dem Hintergrund schießen. Er zog ab und Radiokommentator Herbert Zimmermann bejubelte das "Toooor, Toooor, Toooor, Toooor" zum 3:2 über Ungarn. Rahns zweiter Treffer brachte Deutschland den Titel. Nicht nur das: Das "Wunder von Bern" galt als wahre Geburtsstunde der Bundesrepublik Deutschland.

Meisterschaft mit Rot-Weiss Essen

Der Torschütze, der am 16. August 90 Jahre alt geworden wäre, wurde zum Volkshelden. 250.000 Fans feierten Rahn beim Empfang in Essen. Den Klub aus seiner Heimatstadt führte der Mann mit dem Spitznamen "Boss" auch noch zur Deutschen Meisterschaft. 1955 gewann Rot-Weiss Essen das Endspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern mit 4:3. Es herrschte Rahnsinn im Ruhrgebiet.

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Der wuchtige Angreifer erhielt zu dieser Zeit auch lukrative Angebote. Real Madrid wollte Rahn verpflichten, ebenso der Racing Club Buenos Aires. Doch der "Boss" blieb im Ruhrgebiet und verbrachte gerne Zeit mit seinen Kumpels. Mit ihnen stand er in seiner Essener Stammkneipe "Friesenstube" gerne an der Theke. Zu später Stunde kam das Thema oft auf Bern. "Hömma Helmut, erzähl mich dat dritte Tor", hörte der Nationalspieler dann. Und Rahn erzählte.

Er zahlte auch mal eine Lokalrunde. Von der Weltmeisterprämie in Höhe von 2500 D-Mark war bald nichts mehr übrig. Also musste Rahn nebenbei arbeiten gehen. Er pachtete eine Tankstelle und war auch als Kraftfahrer unterwegs.

Mit 2,6 Promille in die Baugrube

Tore schoss der Rechtsaußen weiterhin. Doch Rahn schaffte es nicht nur mehr aus sportlichen Gründen in die Schlagzeilen. Im Juli 1957 steuerte er sein Auto mit 2,6 Promille in eine Baugrube. Die alarmierten Polizisten traktierte Rahn mit Fäusten. Die Strafe: zwei Wochen Gefängnis, ohne Bewährung.

Der DFB sperrte Rahn sogar für ein Jahr. Bundestrainer Sepp Herberger wollte auf seinen Spieler aber nicht verzichten, auf seinen "Meister der positiven Improvisation". Er schätzte Rahns Unberechenbarkeit. Die auf dem Fußballplatz, wohlgemerkt.

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Der DFB begnadigte Rahn. Der Essener fuhr mit zur WM 1958 nach Schweden, erzielte dort seine Treffer - sechs an der Zahl. Mit dem damals 17-jährigen Brasilianer Pelé teilte er sich Platz zwei der Torschützenliste. Deutschland schied dennoch im Halbfinale aus.

Ein Jahr nach diesem Turnier wechselte Rahn den Verein. Beim 1. FC Köln machte er vor allem durch Eskapaden auf sich aufmerksam. 1960 zogen die Domstädter ins Endspiel um die Deutsche Meisterschaft ein. In der Nacht vor dem Finale soll Rahn sich dann betrunken haben. Er spielte dennoch. Köln unterlag dem Hamburger SV mit 2:3.

Wechsel zu Twente Enschede

Danach schwänzte der 1954er-Weltmeister ein Testspiel, eine Trainingseinheit sowie den Empfang beim Bürgermeister. Die Kölner trennten sich von ihrem prominenten Angreifer. Und Rahn wechselte zum Sportclub Enschede in die Niederlande. Herberger nominierte damals keine Spieler von ausländischen Klubs. Rahns Nationalmannschaftskarriere war also vorbei.

1963 kehrte der Angreifer nach Deutschland zurück und schrieb im Trikot des Meidericher SV  Geschichte - als erster Rotsünder der neu gegründeten Bundesliga. Er verpasste Harald Beyer von Hertha BSC einen Kopfstoß und musste anschließend vom Feld. Zwei Tage nach seinem Platzverweis rief Rahn den Sender Freies Berlin an und bat, in einem Wunschkonzert für ihn das Lied "Glück und Glas, wie leicht bricht das" zu spielen.

Diese später im Spiegel erzählte Anekdote passte wieder zum Spaßvogel Rahn. Mit seinem trockenen Humor beglückte er die Öffentlichkeit jedoch selten. Rahn scheute nach seinem Karriereende 1965 die großen Auftritte.

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Autohändler und Taubenzüchter

Er betrieb mit seinem Bruder fortan einen Gebrauchtwagenhandel. Rahn frönte zudem der Brieftaubenzucht. Mit seiner Frau Gerti und seinen beiden Söhnen lebte der Fußballstar in einem Mietshaus seiner Heimatstadt. In Essen fand Rahn auch seine letzte Ruhe. Er verstarb am 14. August 2003, kurz vor seinem 74. Geburtstag.

Somit erlebte Rahn auch nicht mehr den Kinostart von "Das Wunder von Bern". In dem Film geht es auch um die Geschichte des Essener Angreifers. Um einen humorvollen und direkten Menschen, der mit einem Schuss aus dem Hintergrund eine ganze Nation glücklich machte.