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DFB-Pionier Erwin Kostedde über Rassismus-Erfahrung als erster schwarzer DFB-Spieler

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DFB-Pionier Erwin Kostedde über Rassismus-Erfahrung als erster schwarzer DFB-Spieler

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So litt der tragische Pionier

Erwin Kostedde wurde als Nachfolger von Beckenbauer und Müller gehandelt und war der erste schwarze Spieler im DFB-Trikot. Unter Rassismus litt er trotzdem.
Toni Kroos ist positiv auf Corona getestet worden, dadurch gerät sein Start bei der EM in Gefahr. Seine Personalie ist bei den Fans ohnehin umstritten.
. SID
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von SID

Erwin Kostedde lief 1974 als erster schwarzer Spieler im DFB-Trikot auf. Der Mann, der einst von Franz Beckenbauer als möglicher Nachfolger von Gerd Müller gesehen wurde, aber nur drei Länderspiele bestritt, wird am Freitag 75 Jahre alt. (Löw: Lieber spät als gar nicht - Kommentar)

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Das EM-Qualifikationsspiel zwischen Malta und Deutschland am 22. Dezember 1974 bot eigentlich wenig Potenzial, um ein historisches zu werden. Und doch schrieb ein Mann an diesem Tag Geschichte.

Erwin Kostedde wurde mit seinem Debüt zum ersten schwarzer Spieler der deutschen Nationalmannschaft. Eine glorreiche DFB-Karriere blieb ihm aber verwehrt. 

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Kostedde: "Seit dem ich denken kann, sind das immer Probleme gewesen"

Beim Blick auf Kosteddes Laufbahn mit dem Adler auf der Brust schwingt eine gewisse Tragik mit. Nicht nur, aber auch in dem kurzen Abschnitt als Nationalspieler, hatte er immer wieder mit Rassismus zu kämpfen.

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Das belegen Kosteddes Aussagen im kürzlich veröffentlichten Dokumentarfilm "Schwarze Adler". "Wie das ist, mit so einer Hautfarbe durch Deutschland zu laufen, das können Sie sich gar nicht vorstellen", sagt er. "Seit ich denken kann, sind das immer Probleme gewesen."

Als Kostedde im Winter 1974 im dritten Jahr in Folge für die Offenbacher Kickers wie am Fließband traf, kam Bundestrainer Helmut Schön nicht mehr um eine Nominierung herum. Auch der Kaiser höchstpersönlich hatte sich für ihn stark gemacht.

Franz Beckenbauer hoffte, Mittelstürmer Kostedde könnte die Lücke schließen, die Gerd Müllers Rückritt nach dem WM-Finale 1974 gerissen hatte. Und so erfüllte sich Kostedde, 1946 als Sohn einer Deutschen und eines US-Soldaten in Münster geboren, an jenem Dezemberabend auf Malta seinen großen Traum.

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"So etwas geht rein"

"Ich wollte schon immer mal den Adler auf der Brust tragen. Im Nachhinein bedauere ich das", sagt Kostedde: "Ich bin nie damit warm geworden, auch nicht innerhalb der Mannschaft." Was ihm für die Kickers wie selbstverständlich gelang, wollte im DFB-Trikot partout nicht funktionieren: Wenig Bindung zum Spiel und vergebene Torchancen prägten seine drei Auftritte.

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Seine mäßigen Leistungen hatten allerdings nicht nur sportliche Gründe. Kostedde berichtet von einem Erlebnis vor seinem zweiten Länderspiel im Wembley-Stadion. "Wir sind mit dem Bus hingefahren. Ich saß direkt am Fenster und draußen standen angetrunkene deutsche Fans. Sie riefen: 'Guckt mal, einen Schwarzen haben wir auch. Wir wollen keine Schwatten.' So etwas geht rein."

Dementsprechend spielte Kostedde dann auch: "Ich habe gespielt wie ein Eimer Wasser", sagt er: "Ich war nicht der Erwin Kostedde, der ich hätte sein können."

Auf 98 Tore in 219 Bundesliga-Spielen brachte es Kostedde insgesamt, die meisten davon für seine Offenbacher. "Er war ein Hero in Offenbach. Gerd Müller 2", sagt sein ehemaliger Mitspieler Jimmy Hartwig in "Schwarze Adler". 1974 erzielte Kostedde gegen Borussia Mönchengladbach das spätere Tor des Jahres.

Kostedde wusch sich mit Kernseife

Damals setzte er sich im Zweikampf gegen Berti Vogts durch. Jahre später sagt er, bezogen auf seinen schweren Stand als Nationalspieler: "Wie Berti Vogts muss man sein. Dann kommt man gut durch." Als Kind wusch er sich stundenlang mit Kernseife, weil er weißer werden wollte. Rassistischen Anfeindungen begegnete er schon damals.

Mit dem Fußball hat Kostedde, der in seiner Heimat Münster lebt, schon lange nichts mehr zu tun. Inzwischen haben viele weitere dunkelhäutige Spieler das DFB-Trikot getragen - einige davon weitaus erfolgreicher als er. Doch seine Geschichte ist auch heute noch präsent: als Warnung und Mahnung im immer noch präsenten Kampf gegen Rassismus.