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Sandro Wagner: Ex-Bayern-Stürmer will bei Unterhaching durchstarten

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Sandro Wagner: Ex-Bayern-Stürmer will bei Unterhaching durchstarten

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Wagner will in die Bundesliga

Sandro Wagner will sich in Unterhaching als Cheftrainer behaupten und hat große Ziele. Bei SPORT1 gewährt der Ex-Nationalspieler exklusive Einblicke in sein Training und seine Pläne.
Sandro Wagner gibt im exklusiven SPORT1-Interview ganz tiefe Einblicke in sein neues Trainerleben bei der SpVgg Unterhaching. Wie er mit dem Spieler Sandro Wagner auskommen würde, was ihn in Rage bringt und warum er schon früh wusste, dass er noch Nationalspieler wird.
Florian Plettenberg
Florian Plettenberg

Sandro Wagner ist nervös und schaut auf seine Uhr. Denn um 13 Uhr bittet er seine Spieler zur Videoanalyse in der Geschäftsstelle der Spielvereinigung Unterhaching.

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Wagner ist der neue Cheftrainer des Regionalligisten, trainiert aus Dankbarkeit quasi zum Nulltarif und sich zu verspäten, kommt für den Trainer-Novizen nicht infrage. “Ich hasse Unprofessionalität”, sagt Wagner, der in jeder Hinsicht ein Anführer und Vorbild sein will. Von einigen seiner Spieler könnte der 33 Jahre alte Ex-Nationalspieler der Vater sein.

Seine Worte wählt er im exklusiven Interview mit SPORT1 mit Bedacht. Mal ruhig, mal laut, mal auf den Punkt, mal spricht er in der dritten Person über sich.

Sandro Wagner traf sich in Unterhaching zum Interview mit den SPORT1-Reportern Florian Plettenberg (Bild) und Felix Fischer
Sandro Wagner traf sich in Unterhaching zum Interview mit den SPORT1-Reportern Florian Plettenberg (Bild) und Felix Fischer

Im Trainer Wagner steckt noch viel vom Spieler, der mit seiner erfrischenden Art ein Unikum in der Bundesliga war. Dass er dort reichlich Erfahrung gesammelt hat, zeigt sich im anderthalbstündigen Training sofort. “Männer, auf geht’s. Erst Warmlaufen, dann zum Passspiel mit Roman”, ruft er seiner Mannschaft zu, die im Schnitt 22 Jahre jung ist.

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Er packt die Taktiktafel aus und verschiebt die Magnete. Er stoppt Spielzüge und zeigt seiner Mannschaft auf dem Feld Räume auf. Von einem jungen Innenverteidiger fordert er den Chipball in den Strafraum statt des riskanten Querpasses und spielt ihn selbst rein. Das Tempo im Training ist enorm, die Lautstärke ebenso. Hier trainiert ein Regionalligist unter Profi-Bedingungen.

Unterhaching ist die erste Trainerstation für Wagner. Medienanfragen überhäufen ihn. Um sich auf seinen Job zu konzentrieren, blockt er jedoch fast alles ab. Selbst Parteien die um Wählerstimmen kämpfen, reißen sich um ihn als mögliches Testimonial.

Für SPORT1 macht Wagner hingegen die Tür auf. Das große Interview mit einem etwas anderen Trainer-Neuling.

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SPORT1: Herr Wagner, früher sind Sie mit dem FC Bayern und der Nationalmannschaft durch die Welt gereist. Am Samstagnachmittag spielt ihre Mannschaft in Eichstätt. Erdet Sie das?

Sandro Wagner: Ich brauche keine Dinge, die mich erden! Ich freue mich auf die Reise und das Spiel in Eichstätt und es ist mir völlig wurscht, wohin genau es geht. Ich will gewinnen, das ist für mich wie bei einem Champions-League-Spiel in Lissabon oder einer Auswärtsfahrt nach Hoffenheim. Die Eichstätter haben auch ihre Mentalität und Taktik, stehen auf Platz zwei in der Tabelle. Jetzt liegt es an mir, meinem Trainerteam und meiner Mannschaft, diese Aufgabe zu lösen.

Sandro Wagner: Den Druck fand ich geil

SPORT1: Sie sind holprig gestartet, zuletzt gab es drei Siege in drei Spielen ohne Gegentor. Mit einem Erfolg am Samstag wären Sie punktgleich mit dem Tabellenzweiten.

Wagner: Die ersten drei Spiele liefen nicht so rosig. Auch wenn mir klar war, dass es gerade anfangs schwer wird: Da habe ich erstmals in meinem Trainerberuf einen gewissen Druck verspürt. Aber das fand ich geil. Ich habe meinen Jungs gesagt, dass es folgendermaßen ist: Wenn wir weiter Spiele verlieren, steht überall geschrieben, dass Sandro Wagner wieder ein Spiel verloren hat - sie brauchen sich also keinen Druck zu machen. Und das Team hat in den darauffolgenden Spielen eine tolle Antwort gegeben.

Trainer Sandro Wagner (r.) bejubelt mit seinen Spielern ein Tor
Trainer Sandro Wagner (r.) bejubelt mit seinen Spielern ein Tor

SPORT1: Hätte der Trainer Sandro Wagner Lust gehabt, den Spieler Sandro Wagner zu trainieren?

Wagner: Total! Bezogen auf meine Art als Spieler: Ich habe im Kader drei, vier erfahrene Spieler drin, die sehr mündig sind, und einen ganz jungen, der ist rotzfrech. Mir macht das Spaß. Ich sage den Jungs immer, dass ich eine Diskussion haben will. Ich bin für jeden Input froh, der aus der Mannschaft kommt. Wie zuletzt als wir einen Gruppen-Videotag hatten. Dann schulen wir die Außenverteidiger, die Achter, die Sechser… Ich fordere dabei immer die Interaktion seitens der Spieler.

SPORT1: Was sind Ihre Ambitionen in Unterhaching?

Wagner: Mein ganz großes Ziel ist, dass ich hier in den nächsten 24 Monate eine maximale Entwicklung sehen will. Im Team und im Verein generell. Wir haben schon viele gute Dinge angestoßen. Der Aufstieg kann in diesem Jahr aber noch nicht das Ziel sein. Dafür sind andere Mannschaften von ihrer Struktur her weiter. Wir haben vor der Saison 18 Spieler verloren, ich habe die halbe U19 mit hochgenommen. Fast alle älteren Spieler im Kader haben aufgrund von Verletzungen teilweise über ein Jahr nicht gespielt und sind noch nicht auf ihrem Leistungsniveau.

“Ich habe immer große Ziele gehabt”

SPORT1: Ihr Vertrag läuft zwei Jahre. Verfolgen Sie einen Karriereplan?

Wagner: Ich habe immer große Ziele gehabt und ich wusste auch immer, dass ich Nationalspieler werden kann. So ist es jetzt auch, ich möchte ein absoluter Top-Trainer werden und ganz oben ankommen. Ich will das Maximale aus diesem Job herausholen. Ich arbeite jeden Tag sehr hart, muss viele Erfahrungen sammeln und brauche auch noch ein paar Jahre für meine Trainer-Scheine. Ich bin daher sehr entspannt und sehe das hier als Riesen-Chance. Ich wollte eigentlich in der Jugend starten, dennoch ist Unterhachings Männerteam perfekt für mich. Die Mannschaft besteht zur Hälfte aus Jugendspielern und Spielern, die teilweise älter sind als ich. Ich habe auf die Aufgabe hier total Bock.

SPORT1: Was ist ganz oben?

Wagner: Ganz oben ist für mich die Bundesliga. Ich möchte dort irgendwann trainieren. Ich werden Ihnen jetzt aber keinen Verein nennen (lacht). Ich bin erst 33 Jahre alt und habe noch viel Zeit.

SPORT1: Viel Zeit dürften all die Fotos einnehmen, die Zuschauer mit Ihnen machen.

Wagner: Es ist teilweise wirklich nicht so einfach, wenn ich von der Kabine auf den Platz gehe. Ich gehe zudem nie an Kindern vorbei ohne ein Foto zu machen. In Aubstadt oder Heimstetten hat es bis zu 15 Minuten gebraucht, bis ich an der Trainerbank war. Den ein oder anderen Erwachsenen habe ich aber schon mal gebeten, dass wir das Foto nach Spielende machen und nicht davor. Aber das gehört dazu und ist wohl eine Bestätigung dafür, dass man mich mag. Mit einem Arschloch macht man schließlich keine Fotos.

Sandro Wagner klatscht vor Spielbeginn mit Balljungen ab
Sandro Wagner klatscht vor Spielbeginn mit Balljungen ab

SPORT1: Trainer wollten Sie schon lange werden.

Wagner: Stimmt! Es war bereits seit zehn Jahren mein Ziel, ins Trainergeschäft einzusteigen und meine Vision von Fußball weiterzugeben. Deswegen bin ich dankbar, bei Unterhaching sofort eine so gute Einstiegsmöglichkeit bekommen zu haben. Die Bedeutung ist riesengroß für mich, denn ich habe Verantwortung für die Karrieren meiner Spieler, meinen Staff, für bis zu 40 Menschen.

SPORT1: Wie viel Zeit nimmt dieser Job ein?

Wagner: Es ist ein 24/7 Job, richtig abschalten kann ich kaum. Neulich rief mich ein Spieler um 22.20 Uhr an und sagte mir, dass es ihm nicht so gutgeht. Vor dem Schlafengehen schaue ich mir Videosequenzen an, bereite das Training vor… Diesen Job kann man nur mit absoluter Leidenschaft machen - und die habe ich.

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SPORT1: Über was freut sich der Trainer Sandro Wagner?

Wagner: Neulich hat ein junger Innenverteidiger, den ich aus der U19 hochgenommen habe, im Spiel zwei Fehler gemacht. Dadurch haben wir 1:2 gegen Burghausen verloren. Zwei Wochen später macht er den Siegtreffer. Das freut mich zwischenmenschlich enorm, weil ich viel mit ihm gesprochen habe, damit er wieder wie eine Eins dasteht. Inhaltlich macht es mir Freude, wenn wir unsere Philosophie von Fußball vermitteln und dann auf dem Platz durch Verschiebungen in gewisse Räume, durch unsere Aktionen und ausgelöste Reaktionen vom Gegner Tore erzielen.

Jener Spieler Timon Obermeier (18) geht am Ort des Interviews vorbei. Sandro Wagner nimmt ihn in den Arm und ruft: “Das ist der gute Junge”. Der schmächtige Mittelfeldspieler strahlt und geht in den Fitnessraum.

Wagner will die alte Schule sehen

SPORT1: Was bringt Sie in Rage?

Wagner: Wenn man nicht genug Leistung und Leidenschaft zeigt. Es mag oldschool klingen, wenn ich sage, dass Fehler in Ordnung sind, solange wir alles geben. Aber diese alte Schule bleibt immer gleich, denn man muss erstmal immer alles in die Waagschale werfen. Falls nicht, werde ich fuchsig. Das war in Unterhaching aber noch nicht der Fall. Alle Jungs gehen für sich und das Trainerteam durchs Feuer.

SPORT1: Sie hassen Unprofessionalität.

Wagner: Das stimmt. Sie kennen mich gut.

SPORT1: Wie professionell ist es in Unterhaching?

Wagner: Vor allem in der Regionalliga ist es nicht einfach, einen solchen Apparat wie hier in Unterhaching zu fahren. Mit dem Stadion, den Trainingsplätzen, dem Staff und unserem NLZ. Unsere U19 und U17 spielen zudem in der Bundesliga. Hier wird sehr gute Arbeit geleistet und ich bin da, um im sportlichen Bereich Einiges weiter zu optimieren. Wenn man nicht das größte Budget hat, muss man umso mehr in Leidenschaft und die Menschen investieren. Das versuche ich vorzuleben.

SPORT1: Ein gutes Stichwort. Kölns Trainer Steffen Baumgart sagte zuletzt, dass er seinen Spielern den Alkohol und das Rauchen nicht verbieten könne. Wie stehen Sie dazu? Einer ihrer Spieler trägt Zahnspange, ein anderer Vollbart.

Wagner: Erstmal muss ich sagen, dass ich Steffen Baumgart überragend finde. Er ist ein toller Trainer, unter dem ich gern mal selbst gespielt hätte. Denn mir gefällt sein inhaltlicher Ansatz von Fußball. Er verkörpert Offensivpower, zieht sein System durch und passt sich nicht allzu sehr dem Gegner an. Das ist ein interessanter Ansatz, wenngleich meiner einen Tick anders ist. Er erfrischt die Bundesliga mit seinem Charakter, das tut sehr gut. Auch der Kölner Mannschaft und deren Umfeld. Ich bin jetzt schon voller Vorfreude auf Spiele des FC.

SPORT1: Aber zurück zur Frage …

Wagner: Wir haben auch Ernährungspläne und zeigen zum Beispiel auf, wie man am besten schlafen kann. Aber grundsätzlich hat Steffen Baumgart recht: Ich kann und sollte das als Trainer nicht in Gänze kontrollieren, Spieler müssen eigenverantwortlich handeln. Aber man sieht im Spiel und Training ohnehin, was ein Spieler in seiner Freizeit für seinen Job tut.

Sandro Wagner bei seiner ersten Pressekonferenz als Trainer der SpVgg Unterhaching
Sandro Wagner bei seiner ersten Pressekonferenz als Trainer der SpVgg Unterhaching

SPORT1: Was ist Ihre Spielphilosophie?

Wagner: Ich werde nie ein Trainer sein, der seine Spielphilosophie öffentlich in Gänze erklärt. Weil es inhaltlich sehr komplex ist und besserwisserisch rüberkommen kann. Zudem ist am Ende entscheidend, wie das Ganze auf dem Platz gelebt wird. Grundsätzlich ist mir wichtig, dass unser Fußball offensiv ausgerichtet ist und wir zum Großteil auf uns schauen. Wir dürfen aber nicht blauäugig sein und den Gegner außer Acht lassen: Unsere Jungs haben zwei Tage vor dem Spiel alle inhaltlichen Infos über Eichstätt bekommen. Wie sie spielen, sich in diversen Situationen verhalten, was die Charakteristiken der Einzelspieler sind und wo sie in welchen Räumen zu knacken sind. Lösungen für den Gegner zu haben ist wichtig. Die eigene Stärke auf den Rasen zu bringen ist aber noch wichtiger.

Wagner-Gen statt Bayern-Gen

SPORT1: Bei Ihrem Antritt sagten Sie, dass Sie nicht das “Bayern-Gen” hätten, vielmehr das “Sandro-Wagner-Gen”. Was meinten Sie damit?

Wagner: Das war kein Spruch gegen den FC Bayern, aber mit dem Begriff “Bayern-Gen” konnte ich wenig anfangen. Ich bin ein Mensch, der maximalen Erfolg will. Bei allem was ich mache. Ich will meinen Hunger auf Erfolg an die Jungs weitergeben. Ich könnte ein entspanntes Leben führen und erstmal zu Hause bleiben, denn es geht mir ganz gut. Ich habe aber jeden Tag den Willen, mich zu verbessern und voranzukommen. Da ich aber nur mit meinem Trainerteam vorankommen kann und eine Mannschaft mitnehmen muss, versuche ich alle mitzunehmen. Ich bin in der privilegierten Lage, dass ich hinsichtlich meiner Philosophie vom Leben und vom Fußball von vielen tollen Menschen etwas mitnehmen konnte.

SPORT1: Kann man Sie nicht dafür begeistern, nochmal in der Regionalliga aufzulaufen?

Wagner: Mein Spielerpass hängt noch irgendwo in China fest (lacht). Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wo der liegt. Aber es juckt mich schon, weil ich Fußball liebe. Mein Körper macht aber nicht mehr mit. Ich habe ein paar Mal im Eck mitgespielt, danach ist mein Knie angeschwollen, mein Rücken hat zugemacht und meine Bandscheibe hat sich gemeldet. Ich tue gut daran, zuzuschauen und meinen Input von außen zu geben. Aber unsere Stürmer machen es ohnehin gut, daher brauchen wir aktuell keinen Sandro Wagner auf dem Spielfeld.

SPORT1: Ist Ihr Freund Joshua Kimmich ein Spieler, an denen sich Ihre jungen Spieler hochziehen? Laden Sie ihn mal ein?

Wagner: Joshua ist natürlich ein gutes Vorbild für diese Generation. Er will immer mehr, ist nie satt. Er macht immer mehr als andere. Ich versuche den Jungs aber auch internationale Top-Beispiele zu geben. Sie bekommen Szenen von Top-Spielern und Mannschaften: In der Kabine läuft jeden Tag der Fernseher, auf den wir diese Szenen jagen. Sie bekommen ebenso auf ihre Handys Video-Sequenzen eingespielt. Ich will ihnen zeigen, wie auf dem obersten Level gearbeitet wird und wie man dorthin kommt. Nicht, weil man im Lotto gewonnen hat, sondern hart arbeitet. So wie Joshua. Ich lade ihn gern ein, aber zuletzt hatte er immer keine Zeit gehabt (lacht).

Sandro Wagner im Gespräch mit Bayern-Kumpel Joshua Kimmich
Sandro Wagner im Gespräch mit Bayern-Kumpel Joshua Kimmich

SPORT1: Ihren früheren Trainer Hermann Gerland wollen Sie ebenso einladen.

Wagner: Auf jeden Fall! Den Tiger lasse ich noch seinen Sommerurlaub mit seinen Enkeln machen. Dann hat er mir versprochen, dass er ein Stürmertraining bei uns absolviert. Darauf freue ich mich schon.

SPORT1: Fragen Ihre Spieler nach, wie es früher bei Ihnen lief?

Wagner: Das kommt vor. Vor allem am Anfang waren viele junge Spieler aber sehr nervös. Das hat sich geändert und mittlerweile rufen Sie mich auch mal an und fragen mich Persönliches. Was ich zum Beispiel von Beratern halte oder von Ärzten oder Physios. Die jüngeren Spieler fragen mich zudem viel Inhaltliches, was ich super finde.

“Ich werde meine Art ohnehin nicht verändern”

SPORT1: Besteht eigentlich die Gefahr, dass Ihnen Ihre klare Kante und Sprüche im Fall des Misserfolgs auf die Füße fallen?

Wagner: Ich denke nicht, aber ich werde meine Art ohnehin nicht verändern. Es wird immer mal wieder Sätze geben, die mir falsch ausgelegt werden. Das wird ohnehin immer schlimmer. Aber nicht nur im Fußball. Denn gesamtgesellschaftlich muss man derzeit sehr aufpassen, was man sagt. Ich bleibe aber auf meinem Weg.

SPORT1: Bleibt es auch bei Ihren Einsätzen als gefragter Kommentator? Wie bewerkstelligen Sie das alles?

Wagner: Ich brauche ein sehr gutes Zeitmanagement und bisher lief es echt sehr gut. Ich habe eine tolle Frau, die mir den Rücken freihält und unsere vier Kinde sind eh hier verwurzelt und oft am Trainingsplatz. Mir machen alle Sachen Spaß: Die Familie, der Trainerjob, die Kommentatoren-Tätigkeit und auch die Trainer-Lehrgänge, die ich noch absolvieren muss. Ich muss sagen, dass der DFB mich dabei sehr unterstützt. Das ist top.

Sandro Wagner vor einer Einwechslung mit Bundestrainer Joachim Löw
Sandro Wagner vor einer Einwechslung mit Bundestrainer Joachim Löw

SPORT1: Von wem holen Sie sich Input?

Wagner: Von fast allen, die ich in meiner Karriere kennengelernt habe. Ich bin ein Mensch, der brutal viel nachfragt und alles wie ein Schwamm aufsaugt. Ich tausche mich zum Beispiel mit Trainern wie Hansi Flick und Julian Nagelsmann aus. Mit Managern wie Alexander Rosen, Jonas Boldt und Michael Reschke. Dazu mit vielen Spielern, Ärzten, Physios und mit Verantwortlichen in anderen NLZs. Das Feedback von diesen Leuten ist ein großer Mehrwert für mich.

SPORT1: Joachim Löw?

Wagner: Zuletzt wenig Kontakt gehabt.

SPORT1: Nochmal Julian Nagelsmann.

Wagner: Viel Kontakt.

SPORT1: Wie?

Wagner: Es ist eine moderne Kommunikationskultur zwischen uns. Mal WhatsApp, mal Face Time, mal ist es der normale Anruf oder eine Sprachnachricht.

SPORT1: Scheint, als hätten Sie in Ihrer Karriere nicht viel falsch gemacht.

Wagner: Ich weiß schon, dass ich aufgrund meiner aggressiven und unsympathischen Spielweise den einen oder anderen Fan in den letzten Jahren verstimmt habe - nachvollziehbarerweise. Aber jeder meiner Weggefährten ist mir wohlgesonnen. Es gibt zum Glück niemanden, bei dem ich die Straßenseite wechseln müsste.

Sind sie neidisch auf Julian Nagelsmann?

SPORT1: Julian Nagelsmann ist mit 34 Jahren Trainer beim FC Bayern, Sie sind ein Jahr jünger und in Unterhaching. Neidisch?

Wagner: Eine provokante Frage! (lacht) Aber nein, ich bin 0,0 neidisch. Er ist seit zehn Jahren Trainer und ich seit vier Monaten. Dafür habe ich in der Champions League gespielt und war Nationalspieler (grinst). Ich vergleiche mich aber mit niemanden. Und ich bin ein Mensch, der jedem alles gönnt.

SPORT1: Ist Julian Nagelsmann der richtige Trainer für den FC Bayern?

Wagner: Er ist genau der richtige Mann für den FC Bayern. Er ist ein Sensations-Trainer, ein Jahrhundert-Talent. Nicht nur, was das Taktische oder Inhaltliche angeht. Das sind Nuancen. Seine ganz große Stärke ist das Zwischenmenschliche. Auch das Managen der Medien, der vielen Abteilungen rund um das Team. Damit haben einige Trainer Probleme, hatte ich als Spieler festgestellt. Das sind aber Ebenen, die werden immer wichtiger. Die hat Julian perfektioniert. Er bringt mit seinem jungen Alter perfekte Voraussetzungen mit.

Sandro Wagner und Julian Nagelsmann verstehen sich gut
Sandro Wagner und Julian Nagelsmann verstehen sich gut

SPORT1: Bitte vervollständigen Sie: Hansi Flick …

Wagner: … ist die absolut perfekte Wahl für den Posten des Bundestrainers. Wenn man sich einen schnitzen müssen, er wäre es. Flick hat inhaltlich die modernsten Ansichten des Fußballs. Er hat ein modernes Team um sich herum, er hat zum Beispiel einen Standardspezialisten. Er holt den Tiger Hermann Gerland mit dessen alter Schule wieder dazu, den ich noch vor ein paar Wochen auf dem Erdbeerfeld getroffen habe. Hansi macht es perfekt. Er ist zudem unvoreingenommen und hat bereits gesagt, dass er nur die Besten einlädt. Es ist ohnehin skurril, das sagen zu müssen, denn das sollte selbstverständlich sein. Was mir vor allem gefällt…

SPORT1: Bitte.

Wagner: Er kombiniert die moderne Welt und die alte Schule und lässt beides in seine Arbeit einfließen. Das versuche ich in Unterhaching ebenso umzusetzen. Hansi kommt mit allen klar, er kann seine Spieler und seinen Staff motivieren. So einen brauchen wir beim DFB. Jemanden, der uns wieder euphorisiert. Übrigens war ich bei der EM echt euphorisiert, aber als ich das ein oder andere Spiel als Fan gesehen habe, wurde mein Feuer mit Wasser gelöscht. Der Funke von der Mannschaft zu den Fans ist zuletzt nicht mehr übergesprungen. Hansi wird das erreichen.