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England: Harry Maguire spaltet die Nation

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England: Harry Maguire spaltet die Nation

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Der Mann, der eine Nation entzweit

Wohl kaum ein anderer Fußballprofi spaltet eine Nation wie Harry Maguire. Während seine Trainer und Mitspieler vom United-Star schwärmen, ist er für viele Fans ein rotes Tuch.
Harry Maguire wurde nach seinem Urlaubs-Eklat in Griechenland verurteilt. Der United-Star kündigt an, in Berufung zu gehen.
Johannes Fischer
Johannes Fischer

Am Dienstagabend spitzte sich im Londoner Wembleystadion eine Personalie zu, die den englischen Fußball schon seit einiger Zeit umtreibt.

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Es geht um Harry Maguire - wenn man so will die verschärfte Version von Timo Werner. Doch während der deutsche Nationalstürmer vor einigen Jahren vergleichsweise harmlose Unmutsbekundungen aus den eigenen Reihen über sich ergehen lassen musste, wird der englische Verteidiger von den eigenen Fans heftig angefeindet.

Schon als der Mann mit der Rückennummer 6 gegen die Elfenbeinküste ins Stadion einlief, wehten dem Abwehrspieler laute Buhrufe und ein gellendes Pfeifkonzert entgegen.

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Die Unmutsbekundungen setzten sich fort, als sein Name in der Aufstellung verlesen wurde, und auch während der Anfangsphase blieb Maguire nicht von negativen Äußerungen verschont.

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Southgate zu Maguire-Pfiffen: „Ich dachte, der Empfang war ein Witz“

Die Schmähungen aus den eigenen Reihen waren so heftig, dass sich seine Mitspieler samt Nationaltrainer Gareth Southgate nach dem 3:0-Sieg bemüßigt sahen, Maguire zur Seite zu stehen - und nicht primär den Erfolg zu bewerten.

„Ich dachte, der Empfang war ein Witz. Ein totaler Witz“, echauffierte sich Southgate über das Verhalten der Fans. „Ich verstehe es nicht. Was er für uns getan hat, ist phänomenal“, lobte der Coach seinen Schützling.

Tatsächlich hatte der 29-Jährige dem Spiel durchaus seinen Stempel aufgedrückt, blieb in der Abwehr weitgehend fehlerlos und war sogar an zwei Toren beteiligt.

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Teamkollege Jack Grealish kritisierte die Schimpftiraden der Fans als „lächerlich“ und legte sich für seinen Kollegen ins Zeug. „Harry war unglaublich für dieses Land bei der WM, bei der EM, herausragend. Ich denke, sogar heute Abend war er brillant.“ Das ganze Team könne die Anfeindungen nicht nachvollziehen, ergänzte der City-Star.

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Englands Mittelfeldspieler Jordan Henderson twitterte, er könne „nicht verstehen, was heute Abend in Wembley passiert ist. Harry Maguire war ein Koloss für England.“

Doch woher rührt die ungeheure Diskrepanz zwischen der Beurteilung seiner Kollegen und dem Ansehen bei den Fans?

Englands Boulevard lässt Maguire fallen

Viel hat offenbar mit seinem Wechsel 2019 von Leicester City zu Manchester United und der astronomischen Ablöse von sagenhaften 87 Millionen Euro zu tun. Drei Jahre zuvor war er noch als Fan zur EM nach Frankreich gereist, was die englischen Medien zu einer echten Heldengeschichte animierte.

Der plötzliche Aufstieg soll Maguire dann aber zu Kopf gestiegen sein - und die berüchtigten Boulevardblätter ließen ihn fallen wie eine heiße Kartoffel.

Hinzu kam, dass Maguire im Sommer 2020 auf der griechischen Urlaubsinsel Mykonos wegen einer Beteiligung an einem Gewaltdelikt verurteilt wurde. Ein Zeuge warf ihm bei der Festnahme versuchte Bestechung („Wissen Sie, wer ich bin? Ich bin sehr reich, ich kann Ihnen Geld geben.“) vor.

Seine Leistungen bei United waren durchwachsen, fielen im Vergleich zu den meisten anderen Spielern aber auch nicht ab. Dennoch bekam Maguire auch von einigen Experten immer heftigeren Gegenwind.

Als besonderer hartnäckiger Kritiker erwies sich der ehemalige HSV-Star Rafael van der Vaart, der als Experte in regelmäßigen Abständen über den 1,94 Meter großen Abwehrmann herzog.

Van der Vaart mit vernichtendem Urteil gegen United-Spieler

„Er ist einfach sch***“, urteilte van der Vaart beim niederländischen Sportsender Ziggo Sport unverblümt „Ich verstehe nicht, wie United 90 Millionen Euro für ihn bezahlen konnte. Wo haben sie nach ihm gesucht? Man findet Spieler wie ihn bei jedem Amateurklub in Holland.“

Dass die Anfeindungen auch vor den eigenen United-Fans nicht Halt machen, musste Maguire schon diverse Male am eigenen Leib erfahren. Als er vor einigen Wochen in einem Ligaspiel ausgewechselt wurde, reagierten Teile der Anhänger mit lautem, sarkastischem Jubel.

Bei User-Umfragen in englischen Blättern stimmt die Mehrheit regelmäßig gegen Maguire ab, wenn beispielsweise danach gefragt wird, ob er in der Startelf der Red Devis stehen sollte.

Ralf Rangnick setzt weiter auf Harry Maguire
Ralf Rangnick setzt weiter auf Harry Maguire

Dies alles hält seine Trainer nicht ab, Maguire das Vertrauen zu schenken - sowohl auf Klub- als auch auf Nationalmannschaftsebene. Ralf Rangnick verzichtete bislang nur zwei Mal auf seine Dienste, ansonsten ist Maguire gesetzt.

„Ohne Maguire wäre die Entwicklung Englands während der vergangenen beiden Turniere nicht möglich gewesen“, schob Henderson in seinem Tweet nach.

2018 hatte England das WM-Halbfinale erreicht, 2020 das EM-Endspiel im eigenen Land.

Für Henderson sind die Reaktionen gegen Maguire völlig indiskutabel: „Was ist aus uns geworden? Was heute Abend passiert ist, war einfach falsch.“