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Ukraine: Sheriff-Trainer Vernydub berichtet vom Krieg: "Waffe noch nicht benutzt"

Sheriff-Trainer berichtet vom Krieg

Yuriy Vernydub sorgte im vergangenen Jahr noch mit einem erstaunlichen Underdog-Sieg in der Champions League für Aufsehen. Auch jetzt steht er wieder in den Schlagzeilen - aus völlig anderen Gründen.
Sheriff Tiraspol ist die Überraschung der aktuellen Champions-League-Saison. Gegen Real Madrid setzen sie das nächste Ausrufezeichen.
Yuriy Vernydub sorgte im vergangenen Jahr noch mit einem erstaunlichen Underdog-Sieg in der Champions League für Aufsehen. Auch jetzt steht er wieder in den Schlagzeilen - aus völlig anderen Gründen.

Es ist noch nicht allzu lange her, da trat Yuriy Vernydub mit Sheriff Tiraspol gegen Real Madrid in der Champions League an. In einem nicht für möglich gehaltenen Spiel setzte sich der Trainer mit seiner No-Name-Mannschaft gegen die Königlichen durch.

Rund drei Monate später ist alles anders. Vernydub hat sich in der Ukraine dem Militär angeschlossen, um seine Heimat zu verteidigen. Der Tag, an dem sich seine Geschichte einschneidend veränderte, war der 24. Februar.

„Mein Sohn hat mich um 4.30 Uhr in der Früh angerufen und mir gesagt, dass die Russen uns angegriffen haben“, berichtet der 56-Jährige in einem unter anderem von der BBC veröffentlichten Statement. Er berichtet darin vom Krieg. Und der Hoffnung auf eine Rückkehr zum Fußball.

Vernydub hatte sich zu diesem Zeitpunkt mit seiner Mannschaft in Braga befunden, zum Auswärtsspiel in der Europa League: „Ich wusste, dass ich in die Ukraine zurückkehren würde, um zu kämpfen.“

Für Vernydub ist Flucht keine Option

Nach dem Spiel am Donnerstag flog er nach Transnistrien, ein international nicht anerkanntes De-facto-Regime unter russischem Einfluss, wo das Team zuhause ist - und bahnte sich anschließend den Weg in die Ukraine. Am Sonntag schloss er sich dem Militär an.

„Ich will nicht lügen. Als ich nach Hause gekommen bin, habe ich viele starke, junge Männer gesehen, die das Land verließen.“ Mit ihren Familien seien diese nach Moldawien und Rumänien gezogen. „Ich wusste, dass sich es ihnen in diesem Moment nicht gleichtun kann.“

Sein Umfeld habe versucht, ihn zu stoppen: „Meine Frau, meine Kinder, meine Enkelkinder. Ich bin standhaft geblieben und danke meiner Frau, dass sie mich unterstützt.“ Wenn er einmal eine Entscheidung getroffen habe, könne er nicht mehr umgestimmt werden. Die Flucht nach Moldawien sei für seine Familie weiter eine Option. „Aber meine Frau und ich - wir bleiben auf jeden Fall.“

„Ich habe meine Waffe noch nicht benutzt“

Er sei aktuell etwa 120 km von den schwersten Kämpfen entfernt: „Ich habe keine Angst“, sagt Vernydub. In seiner Jugend habe er den verpflichtenden Militärdienst geleistet. „Zwei Monate lang wurden wir in der Theorie unterrichtet und danach haben wir den Umgang mit einer Waffe gelernt.“ Es sei lange her, aber er wisse, wie er mit einer Waffe umzugehen habe.

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Sein jüngster Sohn könne aus gesundheitlichen Gründen nicht kämpfen: „Mein ältester Sohn ist nicht hier, weil ich darauf bestand, dass er zu Hause bleibt. Er hat zwei junge Kinder. Wenn er gebraucht wird, wird er sicher kommen, daran habe ich keinen Zweifel.“

Es sei ihm nicht erlaubt, seine Rolle in der Armee näher zu beschreiben. „Jeden Moment sind wir bereit dahin zu gehen, wo sie uns hinbeordern. Ich habe meine Waffe noch nicht benutzt, aber ich bereit, immer. Jederzeit.“

Der Fußball motiviert den Sheriff-Coach weiter

Er könne den russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht verstehen: „Und ich kann die Russen, die nicht gegen ihn sind, nicht verstehen. (...) Sie sagen, dass sie uns befreien. Aber wovon? Sie sagen, wir wären Faschisten, Nazis. Ich finde keine Worte, um zu beschreiben, was sie tun. Sie greifen zivile Häuser an und sagen, dass sie nur militärische Einrichtungen attackieren. Sie lügen.“

Er habe keinen Zweifel, dass die Ukraine den Krieg gewinnen werde. „Ich kann an nichts anderes denken. Ich bin sicher. Ich habe gesehen, dass uns diese Tragödie als Nation geeint hat.“

Und weiter: „Ich glaube, es wird nur Frieden geben, wenn wir siegen. Ich glaube, die russischen Forderungen sind unmöglich zu erreichen. Wir werden nicht klein beigeben.“ Vernydub forderte Gespräche, um die Kämpfe zu beenden. „Vor allem hoffe ich, das Frauen und Kinder nicht mehr sterben. Das ist das Wichtigste.“

Er bedankte sich bei den Ländern, die ukrainische Flüchtlinge aufnehmen - und trägt im Herzen weiter seinen Sport. „An Fußball zu denken, motiviert mich. Fußball ist mein Leben. Ich hoffe, dieser Krieg dauert nicht lange. Wir werden gewinnen und ich werde zurück an meine geliebte Arbeit gehen.“