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Sammy Kuffour im SPORT1-Interview: "Der FC Bayern bewegt sich in eine neue Richtung"

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Sammy Kuffour im SPORT1-Interview: "Der FC Bayern bewegt sich in eine neue Richtung"

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„De Ligt trägt Nummer zu Recht“

Sammy Kuffour ist beim FC Bayern eine Vereinslegende. Nach seiner erfolgreichen Karriere wohnt der heute 46-Jährige in Ghana. Im SPORT1-Interview spricht er über das rot-weiße Trikot, seine Bayern und Uli Hoeneß.
Für den guten Zweck traten die Legenden des FC Bayern München und 1860 München im Olympiastadion gegeneinander an. Bei einem spektakulären 8:6 erzielte Zvjezdan Misimović das sehenswerteste Tor des Tages.
Reinhard Franke
Reinhard Franke

Samuel „Sammy“ Kuffour ist eine Legende beim FC Bayern.

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Mit 18 wurde er dort Profi, gewann sechs Mal die Deutsche Meisterschaft, vier Mal den Pokal und 2001 auch die Champions League. Heute lebt der 46-Jährige in Ghana, hat seine Bayern aber weiter im Blick.

Für das Legendenspiel des FC Bayern gegen den TSV 1860 München flog Kuffour in seine zweite Heimat. Jetzt spricht er bei SPORT1 unter anderem über das rot-weiße Trikot, seine Bayern und Uli Hoeneß.

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SPORT1: Herr Kuffour, Sie standen einst für das rot-weiße Trikot. Was sagen Sie zu dem bunten Dress, das die Bayern zuletzt getragen haben?

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Sammy Kuffour: Nun, das ist natürlich nicht mein rot-weißes Trikot. Es ist aber ein Jubiläums-Trikot für das Olympiastadion und das war viele Jahre mein Wohnzimmer. Ich denke, die Leute verstehen das mit dem bunten Trikot, und ich persönlich habe kein Problem damit und daraus muss man auch kein Problem machen.

Sammy Kuffour beim Legendenspiel im Jubiläums-Trikot
Sammy Kuffour beim Legendenspiel im Jubiläums-Trikot

SPORT1: Wie leben Sie heute und was machen Sie beruflich?

Kuffour: Ich lebe in Ghana und liebe das Leben in meiner Heimat sehr. Ich bin wirklich froh, wieder zu Hause zu sein und anderen Menschen, die in Not sind, helfen zu können. Außerdem arbeite ich auch im Fernsehen als Experte und habe noch eine Immobilien-Firma. Ich bin rundum glücklich.

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SPORT1: Was haben Sie aus Ihrer Zeit in München mit nach Ghana genommen? Irgendwelche besonderen Souvenirs, Geschenke von Uli Hoeneß vielleicht?

Kuffour: Ich habe eine Menge Dinge und Erinnerungen aus München. Aber jedes Mal, wenn ich nach München komme und natürlich auch zur Säbener Straße fahre, nehme ich etwas mit nach Hause, um es meinen Freunden oder meiner Familie zu schenken. Sie freuen sich immer, dass ich eine große Tasche dabei habe. Das sind Geschenke vom FC Bayern an mich, damit ich es den Menschen geben kann, die ich wirklich liebe. Ich bin immer wieder froh, in München zu sein.

„Ich glaube, dass sich der FC Bayern in eine neue Richtung bewegt“

SPORT1: Wie sehen Sie aktuell Ihren FC Bayern?

Kuffour: Also, ich glaube, dass sich der FC Bayern in eine neue Richtung bewegt. Wenn man zur Säbener Straße fährt, sieht man dort immer eine neue Entwicklung. Das Gebäude hat sich verändert und die Trainingsmöglichkeiten sind einfach Wahnsinn. Entschuldigung, fast hätte ich das Beste vergessen, denn das Trainingsgelände ist erstaunlich. Die Säbener Straße hat sich in den vergangenen 20 oder 30 Jahren sehr verändert. Es ist ein Ort, an dem sich viel entwickelt hat.

SPORT1: Und wie sehen Sie ihre Bayern sportlich?

Kuffour: „Wenn ich an den FC Bayern denke, dann denke ich nur an die Champions League. Nicht an die Bundesliga. Bayern München wird auch in den nächsten Jahren immer Meister werden. Die Champions League ist ein viel prestigeträchtigerer Wettbewerb. Da sind die Bayern immer bis ins Viertelfinale, Halbfinale oder sogar bis ins Endspiel gekommen. Ich glaube, dass es dieses Mal mit den Leistungen, die ich in den beiden Spielen gegen Barcelona und Inter Mailand gesehen habe, sehr interessant und sehr spannend werden wird.

SPORT1: Aktuell sind die Bayern in der Bundesliga nicht Erster.

Kuffour: Das ist doch egal und es beunruhigt mich nicht. Wichtig ist, wer am Ende die Schale in den Händen halten wird. Und das wird der FC Bayern sein. Jetzt ist Platz 2 noch akzeptabel. Ich erinnere mich an die Saison 1996/97, da waren wir auch nicht immer Erster und am Ende sind wir trotzdem Deutscher Meister geworden. Union Berlin hat am vergangenen Wochenende in Bochum verloren und die Bayern konnten in Hoffenheim einen wichtigen Dreier einfahren. Wie viele Punkte sind es jetzt noch zu Union? Ein mickriges Pünktchen. Ich glaube, die Liga ist für den Bayern-Fan nicht mehr attraktiv. Was der Bayern-Fan braucht, ist die Champions League.

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SPORT1: Warum haben Sie nach ihrer aktiven Karriere nichts mehr beim FC Bayern gemacht, so wie Hasan Salihamidzic und Oliver Kahn?

Kuffour: Also, ich glaube, das ist ein Prozess. Man kann nicht einfach aufstehen und sagen, dass man etwas beim FC Bayern machen will. Es sei denn, man lebt in Deutschland, dann wäre es einfacher. Ich bin mir sicher, wenn die Bayern etwas in Afrika machen, dann würden sie mich da bei geplanten Projekten auf jeden Fall mit einbeziehen.

„Warum reden die Leute so oft über Brazzo?“

SPORT1: Sie konnten als Spieler immer gut mit Salihamidzic. Wie beurteilen Sie seine Arbeit? Er ist in den vergangenen Jahren oft kritisiert worden, auch ungerechtfertigt.

Kuffour: Warum reden die Leute so oft über Brazzo? Warum erlauben Sie es sich, ihn zu kritisieren? Brazzo macht einen tollen Job. Bayern hat die Champions League gewonnen, sie haben mit ihm die deutsche Meisterschaft und den Weltpokal gewonnen. Was will man noch mehr? Brazzo soll sich nicht beirren lassen und so weitermachen wie bisher“

SPORT1: Wie sehen Sie den neuen Verteidiger der Bayern, Matthijs de Ligt?

Kuffour: Er ist ein erstaunlicher Spieler, das hat er in Barcelona wieder gezeigt. Er hat Lewandowski absolut im Griff gehabt. Und er trägt ein sehr starkes Trikot, nämlich die Nummer vier. Das Trikot, das ich früher getragen habe, also trägt er den Geist der Nummer vier in sich. Katsche Schwarzenbeck, Jürgen Kohler, Dante und ich. Jetzt auch de Ligt. Die Nummer vier ist ein sehr starkes Trikot bei Bayern München und de Ligt trägt diese Nummer zu recht. Er wird noch besser werden.

SPORT1: Wer war Ihrer Meinung nach der beste Verteidiger bei Bayern München in den letzten Jahren?

Kuffour: Schwierig, weil jeder Abwehrspieler eine wichtige Rolle gespielt hat. In all den Jahren, von Generation zu Generation, hat jeder seine Sache gut gemacht. Es ist wirklich schwer zu sagen, wer da der beste Verteidiger war. Nehmen wir Klaus Augenthaler, er war großartig. Oder Franz Beckenbauer, Hansi Pflügler, Bixente Lizarazu und auch mich. Da gibt es so viele starke Verteidiger in der Bayern-Geschichte, die sich im rot-weißen Trikot einen Namen gemacht haben.

SPORT1-Reporter Reinhard Franke (r.) traf Sammy Kuffour in München zum Exklusiv-Interview.
SPORT1-Reporter Reinhard Franke (r.) traf Sammy Kuffour in München zum Exklusiv-Interview.

SPORT1: Wie ist Ihr Kontakt heute zu Uli Hoeneß?

Kuffour: Uli war, ist und bleibt wie ein Vater für mich. Er ist immer da. Es gibt keine andere Person, die den Stellenwert hat wie Uli Hoeneß.

SPORT1: Warum war Hoeneß wie ein Vater für Sie?

Kuffour: Weil ich als junger Kerl (mit 18, d. Red.) bei den Bayern Profi wurde und er mich vom ersten Moment an gefördert hat. Ich war sehr jung und habe gute Leute getroffen. Ich habe fast zwölf Jahre in München verbracht, um für Bayern München zu spielen, und es kommt nicht oft vor, dass ein junger Mann aus Afrika nach München kommt und so eine lange Zeit bei einem Verein spielt. Das ist etwas ganz Besonderes und ich danke Gott dafür.

„Ich liebe Leroy Sané“

SPORT1: Manchmal waren Sie Weltklasse, dann auch mal „Bruder Leichtfuß“. Kommen bei Ihnen Erinnerungen hoch, wenn Sie Dayot Upamecano sehen, der sich auch mal den einen oder anderen Leichtsinnsfehler erlaubt?“

Kuffour: Fußball ist ein Glücksspiel. Ich persönlich erinnere mich nicht an das falsche Spiel, das ich gemacht habe. Ich habe so viele Spiele für den FC Bayern gemacht, es sind zu viele, da waren sicher auch einige schwächere Partien dabei. Ich sehe das nicht negativ. Ich sehe es eher positiv, denn schließlich stand ich in so vielen wichtigen Spielen für den FC Bayern auf dem Platz. Dafür bin ich dankbar. Ich blicke nur positiv auf meine Bayern-Zeit zurück.

SPORT1: Wie sehen Sie Upamecano?

Kuffour: Er ist gut. Er ist noch jung. Und er kann noch lernen und sich weiter verbessern. Ich beurteile ihn nicht nach einem Fehler. Ich beurteile ihn nach der Art und Weise, wieviel er zur Verteidigung von Bayern München beigetragen hat. Und ich sehe das positiv, weil er de Ligt an seiner Seite hat, der jung, aber dennoch erfahrener ist. Und mit Manuel Neuer den besten Torhüter der Welt in den vergangenen zehn Jahren hinter sich. Ich sehe Upamecano nicht so negativ, wie er in den zurückliegenden Monaten oft gemacht wurde.

SPORT1: Mit welchem Spieler der aktuellen Bayern-Mannschaft hätten Sie in der Vergangenheit gerne zusammengespielt?

Kuffour: Mit Leroy Sané. Ich liebe diesen Typ.

SPORT1: Warum?

Kuffour: Sané ist ein fast kompletter Spieler. Über Sadio Mané müssen wir übrigens auch nicht reden. Er ist im Moment der zweitbeste Spieler der Welt hinter Karim Benzema. Wer ist noch zu nennen? Alphonso Davies ist eine Maschine. Er ist erst 21 und hat ein unglaubliches Potenzial in der Offensive.

SPORT1: Wer überzeugt Sie noch bei Bayern?

Kuffour: Für mich sind diese Spieler grandios. Auch Coman muss ich hier nennen. Und natürlich Kimmich, der so viele Positionen in der Mannschaft spielen kann. Kimmich ist ein unglaublicher Spieler. Müller ist immer da, um Tore zu schießen und den Unterschied auszumachen. Ich glaube, dass man mit fast allen Spielern zusammenspielen möchte, wenn man die Wahl hat.

SPORT1: Ottmar Hitzfeld war wahrscheinlich Ihr wichtigster Trainer, oder? Was hat ihn damals besonders ausgezeichnet?

Kuffour: Er war auch eine Art Vaterfigur, er hat mich besonders behandelt, weil ich immer 120 Prozent auf dem Platz gegeben habe. Hitzfeld kannte meine Werte im Spiel, deshalb sprach er ständig mit mir. Das wichtigste Puzzleteil aber war Effenberg.

Kuffours krasse Geschichte mit Oliver Kahn

SPORT1: Wieso ausgerechnet er?

Kuffour: Effe kam in jedem wichtigen Spiel im Hotel zu mir ins Zimmer. 2001 war das auch so, da waren wir in Manchester. Er sagte ‚Sammy, erinnerst du dich, dass wir gegen diese Jungs verloren haben? Willst du wieder weinen?‘ Ich sagte ‚Nein‘. Das Gleiche vorm Finale gegen Valencia. Effe kam in mein Zimmer und sagte: ‚Sammy, wenn du Karol hältst, werden wir das Spiel gewinnen, wir werden ein Tor schießen.‘ Das sind die Leute, die man braucht, wenn man spielen will. Effe hatte nicht umsonst den Spitznamen Tiger. Er war auf dem Platz der geborene Tiger.

SPORT1: Gab es ein krasses Erlebnis mit Oliver Kahn?

Kuffour: Ja. 2001 im Rückspiel gegen Manchester United im Olympiastadion. Da ist Oliver Kahn zusammengebrochen und ich musste bei ihm eine Mund-zu-Mund-Beatmung machen. Normalerweise sollte ich in dem Moment erst die Hand auflegen, bevor ich ihn beatmet habe. Aber ich konnte nicht einmal daran denken, weil ich es zu eilig hatte, ihm zu helfen. Von Mund zu Mund habe ich Olli schließlich aus Versehen einen Kuss gegeben. Das war ein Moment, an den ich nicht so gerne zurückdenke.

SPORT1: Letzte Frage: Die Weltmeisterschaft in Katar ist eine Herausforderung für alle Spieler. Sie spielten selbst 2006 bei der WM. Normalerweise haben die Nationalspieler nach so einem Turnier drei, vier Wochen Pause, dann fangen sie an zu spielen und haben noch eine ganze Saison vor sich.

Kuffour: Ich glaube, dass die Spieler sich mehr ausruhen müssen, weil es jetzt mehr Spiele sind. Wenn man sich das anschaut, ist es nur noch eine Woche bis zum Turnier, in der sich die Spieler ausruhen können. Ein Nationaltrainer hat jetzt kaum noch Möglichkeiten, Strukturen wie zum Beispiel die Taktik mit der Mannschaft zu trainieren beziehungsweise diese einer Mannschaft zu vermitteln. Es ist viel zu wenig Zeit, gezielt mit einem Team zu trainieren, um sie so auf die WM vorzubereiten. Die Jungs spielen bis zum 13. November Bundesliga, dann brauchen sie auch mal ein paar Tage Ruhe. Das ist alles nicht förderlich aus Sicht eines Bundestrainers. Der notwendige Teamgeist kann sich so nicht wirklich entwickeln.