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"Das ist wie mit den Bayern in der Bundesliga" - Österreichs Erfolgsmanager Andreas Schicker spricht offen

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"Das ist wie mit den Bayern in der Bundesliga" - Österreichs Erfolgsmanager Andreas Schicker spricht offen

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„Rangnick kann man nur danken“

Andreas Schicker, der Erfolgsmanager von Sturm Graz, spricht im SPORT1-Interview über die Verdienste von Ralf Rangnick, sein Erfolgsgeheimnis auf dem Transfermarkt, die Absage an Rapid Wien und vieles mehr.
Andreas Schicker ist Sportdirektor bei Sturm Graz
Andreas Schicker ist Sportdirektor bei Sturm Graz
© Imago
Reinhard Franke
Reinhard Franke

Jüngst wurde Andreas Schicker in Österreich zum Sportmanager des Jahres ausgezeichnet.

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Den Verantwortlichen von Rapid Wien gab der Ex-Profi einen Korb und verlängerte stattdessen seinen Vertrag beim Tabellenzweiten Sturm Graz, der auch durch Schicker eine Renaissance erlebt. (DATEN: Tabelle der österreichischen Bundesliga)

Im SPORT1-Interview spricht der 36-Jährige über seine besonders erfolgreiche Transferpolitik, ein mögliches Engagement in der deutschen Bundesliga und wie er Red Bull Salzburg jagen will.

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SPORT1: Herr Schicker, Sie werden schon länger sehr gehypt in Österreich, sind auch als „Sportmanager des Jahres“ in Österreich ausgezeichnet geworden. Kriegen Sie das alles mit und was sagen Sie dazu?

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Andreas Schicker: Diese persönliche Auszeichnung ist überaus schön. Es freut mich schon sehr, wie unser gemeinsamer Weg mit Sturm Graz, der vor zweieinhalb Jahren begonnen hat, wahrgenommen wird. Trainerteam, Mannschaft, der Staff drumherum - das alles passt richtig gut. Sonst wären wir nicht erster Jäger von Red Bull Salzburg und zweimal in der Europa-League-Gruppenphase, wo wir zuletzt allerdings sehr unglücklich gescheitert sind.

Schicker verrät Transfer-Plan von Sturm Graz

SPORT1: Sie werden vor allem wegen Ihrer Transfers mit vielen Rekordeinnahmen gelobt. Zuletzt erst 17 Millionen an Einnahmen mit nur einem Transfer - das ist wie 60 bis 80 Millionen in der deutschen Bundesliga. Was ist Ihr Leitmotiv auf dem Transfermarkt?

Schicker: Wir haben in der Kaderplanung eine klare Struktur und verfolgen einen klaren Plan. Wir setzen auf junge Spieler, bei denen wir großes Entwicklungspotential sehen. Zum Beispiel haben wir Kelvin Yeboah für rund eine Millionen geholt und für ein Vielfaches wieder verkauft. Daraus investierten wir wieder einen kleinen Teil für Rasmus Höjlund, den wir nur sieben Monate später wieder für die erwähnten 17 Millionen verkaufen konnten. Damit konnten wir wiederum den gesamten Kader durch gezielte Neuverpflichtungen auf ein neues Level bringen.

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Andreas Schicker ist Sportdirektor bei Sturm Graz
Andreas Schicker ist Sportdirektor bei Sturm Graz

SPORT1: Was ist ihr Erfolgsgeheimnis, damit diese Transfers so gut funktionieren?

Schicker: Erstmal möchte ich dazu sagen: Es gibt nie eine Garantie, dass das immer so gut funktioniert. Man kann aber die Wahrscheinlichkeit erhöhen - das haben wir durch strukturelle Anpassungen getan: Im gesamten Verein verfolgen wir eine einheitliche Spielidee, von den Jugendteams bis zur Profimannschaft. Daraus ergeben sich für jede Position konkrete Anforderungsprofile, sprich: Welche Stärken muss Spieler XY haben. Somit muss man beim Scouting nicht in großen Teichen fischen, sondern kann gezielter suchen. Dabei haben wir unser Scouting-Netzwerk in dem Maße erweitert, dass wir selbst sehr aktiv unterwegs sind und nicht auf Zurufe von Beratern reagieren müssen. Das ist eine gezielte Kombination aus Live- und Daten-Scouting, die am Ende die Wahrscheinlichkeit erhöht, Treffer zu landen.

SPORT1: Wie schaffen Sie es in der Folge konkret, Talente zu solch besseren Spielern zu machen, die derart begehrt sind?

Schicker: Eine gute und gesunde Hierarchie innerhalb der Mannschaft - auch mit älteren Spielern - ist extrem wichtig, damit sich junge Spieler entwickeln können. Dazu natürlich ein Trainerteam, das gezielt mit den Jungs arbeitet und sie besser macht. Darüber hinaus unterstützen wir gerade junge ausländische Spielern auch abseits des Platzes, um ihnen die Eingewöhnung zu erleichtern. Sie werden individuell betreut und bekommen natürlich einen Deutschkurs vom ersten Tag an, um sich bestmöglich zurechtzufinden.

„Ich hänge ganz und gar nicht ständig in der Kabine rum“

SPORT1: Was macht Ihre Arbeit sonst noch erfolgreicher als die von vielen Ihrer Kollegen?

Schicker: Ich will mich nicht mit anderen Kollegen vergleichen. Aber ich denke, es hilft mir, dass meine aktive Karriere noch nicht lange zurück liegt. Das macht es einfacher, die Kabine zu verstehen, sich gezielt in Spieler hineinversetzen zu können. Ich hänge ganz und gar nicht ständig in der Kabine rum, aber ich möchte schon mindestens 50 Prozent der Trainings sehen, um ein Gespür für das Team und einzelne Spieler zu bekommen. Diese Erkenntnisse kann ich dann zum Beispiel bei möglichen Vertragsverlängerungen einbeziehen. Auch aufgrund entsprechender Erfahrungen als Spieler ist mir immer wichtig, nicht rumzueiern, sondern Klarheit zu schaffen. Spieler sollen frühzeitig erfahren, wie es weitergeht, auch wenn dies Enttäuschungen mit sich bringt.

Sturm Graz spielte eine starke Hinrunde in der österreichischen Bundesliga
Sturm Graz spielte eine starke Hinrunde in der österreichischen Bundesliga

SPORT1: Haben sie ein Beispiel dafür?

Schicker: Wenn ein Spielervertrag im Juni ausläuft und ich schon weiß, dass ich mit ihm nicht verlängern will, teile ich ihm das bereits im Januar mit. Das führt zwar zu Enttäuschung, schafft aber Klarheit - und der Spieler kann anderweitig planen. Das alles muss in enger Abstimmung mit dem Cheftrainer geschehen. Die Zusammenarbeit Trainer/Sportdirektor muss einfach passen, persönliche Eitelkeiten dürfen nie im Vordergrund stehen.

Sturm Graz macht Red Bull Salzburg Konkurrenz

SPORT1: Sie wollen Red Bull Salzburg Paroli bieten trotz Millionen-Verkäufen. Wie soll das gelingen?

Schicker: Wenn man sich zum Beispiel unsere Altersstruktur anschaut, sind wir noch nicht am Zenit angelangt, da ist noch Entwicklungspotential. Wir nutzen die WM-Pause, um mit Detailarbeit die Jungs noch besser zu machen. Nicht nur die Resultate, sondern auch fußballspezifische Daten zeigen, dass wir weiter an Red Bull Salzburg herangerückt sind. Aber man muss dennoch realistisch einschätzen: Wenn Salzburg einen Schnitt von 2,6/2,7 Punkten pro Spiel wie in den Vorjahren erreicht, dann wird es ganz, ganz schwer.

SPORT1: Sie verhelfen Sturm Graz zu einer schönen Renaissance. Wann wird der Klub dank Ihnen Meister? (DATEN: Spielplan und Ergebnisse der österreichischen Bundesliga)

Schicker: Ich weiß, der Verein sehnt sich nach über zehn Jahren wieder danach. Aber man muss schon sehen, welche Möglichkeiten Salzburg im Vergleich zu uns hat. Da muss man etwas hoffen, dass Salzburg nicht immer so marschiert - das ist wie mit den Bayern in der Bundesliga. Aber sollten sie straucheln, wollen wir da sein.

SPORT1: Trotz Buhlen vom Tradionsklub Rapid Wien haben Sie ihren Vertrag bei Sturm Graz jüngst verlängert. Warum?

Schicker: Einerseits fühle ich mich hier persönlich sehr wohl, kommen auch aus dem hiesigen Bundesland. Zudem denke ich, dass unser Weg noch nicht zu Ende ist. Wir haben eine super Basis geschaffen - mit einem tollem Trainerteam, einer guten Mannschaft. Das Ganze wollen wir weiter entwickeln, noch besser machen - da freue mich auch, dass mir der Verein diesbezüglich so viel Vertrauen schenkt.

Wechselgerüchte um Rapid Wien: Das sagt Schicker

SPORT1: Haben die anhaltende Gerüchte von Rapid ebenso eine Rolle gespielt?

Schicker: Ja, mir war es ebenso wichtig, Klarheit zu schaffen. Auch weil wichtige Transfergespräche anstehen, da müssen die Spieler wissen, woran sie sind - konkret: dass ich noch länger da bin.

SPORT1: Inwiefern ist die deutsche Bundesliga Ihr Ziel?

Schicker: Es war als Spieler tatsächlich mein Ziel, aber da hat‘s „nur“ zu einem soliden Österreichischen Bundesliga-Spieler gereicht. (lacht) Natürlich ist die deutsche Bundesliga überaus interessant, und ich denke, man kann auch in meiner Position ambitionierte Ziele haben. Aber das spielt für mich derzeit und in naher Zukunft überhaupt keine Rolle. Wenn man gut arbeitet, kommt ohnehin alles Weitere von allein.

„Ralf Rangnick kann man nur danken“

SPORT1: Wer ist Ihr Vorbild als Manager aus der Bundesliga und warum?

Schicker: Das bezieht sich weniger auf konkrete Manager, sondern generell auf Strukturen von Vereinen, die natürlich wieder sehr von Sportdirektoren geprägt sind. Gerade wenns zum Beispiel darum geht: Wie schafft ein Verein erfolgreich den Übergang vom Nachwuchsbereich zu den Profis? Wie sind die Scouting-Strukturen? Ich habe zum Beispiel bei Red Bull Leipzig hospitiert und finde sehr spannend, wie klar und strukturiert dort gearbeitet wird. Auch bei Ralph Hasenhüttl in England war ich mal für eine Zeit, um interessante Eindrücke aus der Premier League mitzunehmen.

SPORT1: Ralf Rangnick ist neuer ÖFB-Teamchef. Was erwarten Sie von der Nationalmannschaft mit Blick auf die EURO 2024?

Schicker: Ralf Rangnick kann man nur danken, weil er seit 2012 die Art und Weise geprägt hat, wie generell im österreichischen Fußball gearbeitet wird. Mittlerweile steht Österreich in der Top 10 der UEFA-Fünfjahreswertung und stellt entsprechend fünf Europapokalteilnehmer, was für so ein kleines Land hervorragend ist. Es war eine sehr gute Entscheidung, Ralf als Teamchef zu gewinnen und einen solchen Fachmann zu bekommen. Mit seiner klaren und direkten Art kann er es schaffen, den ÖFB auf ein neues Level zu bringen - und damit meine ich nur nicht nur die Mannschaft, sondern auch den Verband. Ich sehe sehr gute Möglichkeiten, dass Österreich bei der EM 2024 wieder dabei ist.