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Heftige Schiri-Attacke in Stuttgart! „Gut möglich, dass einer bald auf dem Feld getötet wird“

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Heftige Schiri-Attacke in Stuttgart! „Gut möglich, dass einer bald auf dem Feld getötet wird“

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Heftige Schiri-Attacke in Stuttgart!

Die Bundesliga-Schiedsrichter stehen wegen ihrer Leistung immer wieder in der Kritik. Im Stuttgarter Amateurfußball gibt es nun einen Vorfall, bei dem Fans und Spieler eine Grenze überschreiten.
Bei einem Fußballspiel in Frankfurt kam es zu einem Eklat. Nach Abpfiff stürmen mehrere Personen das Spielfeld, wobei eine gezielt auf den Schiedsrichter zu läuft und ihn bedroht.
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Es sind Geschichten, die im deutschen (Amateur-)Fußball in den vergangenen Jahren immer häufiger aufgetreten sind: Schiedsrichter, die bepöbelt und bedroht werden.

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Am vergangenen Wochenende ist es im Fußballbezirk Stuttgart wieder zu einem Vorfall gekommen, der einen sprachlos zurücklässt.

Referee Kenth Joite hatte für einen Kollegen die Kreisliga-B-Partie zwischen der SG Weilimdorf und dem 1. SV Fasanenhof übernommen - und wurde Opfer einer wütenden Mannschaft.

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„Ich bin im Auto heulend zusammengebrochen und habe erstmal eine Viertelstunde geheult“, erklärt er im SPORT1-Interview.

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Von Beginn an sei die Stimmung in der Begegnung zwischen dem Vierten und Fünften aufgeheizt gewesen. Fasanenhof wollte mit einem Sieg im Duell weiterhin die Hoffnungen auf den Aufstieg aufrechterhalten, denn der Rückstand auf den Relegationsplatz zwei betrug bei einem Spiel weniger lediglich drei Punkte.

„Jede meiner Entscheidungen wurde kommentiert. Es wurde ununterbrochen diskutiert“, schildert Joite den Auftakt.

Mit fortwährender Spieldauer wurden die verbalen Angriffe auf den Unparteiischen seitens Fasanenhof persönlicher. Im Fokus stand dabei seine körperliche Behinderung. Nach einer Herz-Operation und der fehlenden Nachsorge hat Joite einen krummen Rücken und schielt zudem leicht.

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„Da kamen dann von der Bank und von den Zuschauern Sprüche wie ‚Der schielt ja!‘ und ‚Der ist doch eh behindert‘“, berichtet der 32-Jährige, der mit einem schweren Herzfehler auf die Welt kam und nur ein halbes Herz hat.

Die Situation auf dem Sportplatz im Stuttgarter Norden eskalierte weiter, als ein Gästespieler wegen fortwährender, unsportlicher Proteste in Richtung des Schiedsrichters kurz vor Schluss die Gelb-Rote Karte sah. „Die Fouls haben zugenommen und auch die Beleidigungen der Gästezuschauer wurden immer schlimmer“, sagt Joite.

Tätliche Angriffe auf Schiedsrichter

Nach dem Abpfiff schwappte dann die Stimmung über: Es kam zu Rudelbildungen zwischen den Mannschaften - und auch der Schiedsrichter stand im Fokus der Kritik für das 3:3-Remis der Teams.

„Nachdem sich alles etwas verlaufen hatte, kam ein Spieler der Gäste auf mich zu und tat so, als ob er mit mir abklatschen möchte. Da ich mir nichts dabei gedacht habe, habe ich ihm meine Hand gereicht. Diese hat er dann so fest zugedrückt, dass ich vor Schmerzen aufgeschrien habe. Außerdem hat er mich ein kleines Stück mitgezogen. Ich konnte mich dann aber zügig aus seinem schmerzhaften Griff befreien“, erläutert der Unparteiische, der dem Spieler im Anschluss die Rote Karte zeigte.

Mithilfe der Ordner schirmte er sich von den wütenden Spielern ab und beobachte das Geschehen mit Abstand. Er verteilte noch eine zweite Rote Karte für einen Gästespieler wegen einer Beleidigung.

Diese Entscheidung gefiel einem Fasanenhof-Fan allerdings überhaupt nicht, sodass er den Referee attackierte: „Er kam von hinten auf mich zu und stieß mich mit dem Handballen oder der Faust so heftig, dass ich ein, zwei Meter nach vorne stolperte. Der Zuschauer musste dann noch von anderen festgehalten werden, damit er mich nicht erneut angreifen konnte.“

Joite ergriff mit den Ordnern die Flucht und stürmte in Richtung der Kabine. Dort angekommen, verriegelte er die Tür. „Zuschauer und Spieler der Gäste haben vor der Kabine gewartet. Es gab Drohungen wie ‚Wir warten auf dich‘“, erinnert sich Joite.

Fasanenhof wehrt sich gegen die Vorwürfe des Schiedsrichters

Während der Schiedsrichter bereits Strafanzeige gegen den Schubser und den Spieler, der Joites Hand zu fest drückte, gestellt hat, spielt der betroffene Verein die Geschehnisse herunter. Es sei ein normaler Vorgang, wenn „man nach dem Spiel seine Meinung kundtut. So ist es in der Kreisliga“, meint der SV-Abteilungsleiter Tufan Demircan auf SPORT1-Nachfrage.

Viel mehr fühlt er sich betrogen. „Er hat ziemlich einseitig gepfiffen. Es gab mehrere Situationen, in denen er falsch entschieden hat“, kritisiert Demircan.

So konnte er einige der sechs Gelben Karten gegen sein Team nicht nachvollziehen und zeigte sich verwundert, warum Weilimdorf für einige Fouls ohne Verwarnungen davonkam. Zudem beklagte er sich, dass sein Verein keinen Elfmeter nach einer Notbremse eines SG-Spielers bekam.

Der Fasanenhof-Verantwortliche vermutet gar, dass der Schiedsrichter eine enge Bindung zum Heimverein habe und daher einige Pfiffe für die Hausherren ausgefallen seien.

„Das ist völliger Schwachsinn. Ich war nur etwas früher am Spielort, da ich vormittags zwei Kilometer entfernt schon ein Spiel hatte“, kontert der Referee.

„Unterste Schublade!“ Schiri-Obmann kritisiert Verein

„Dass man ihn diskreditiert und beleidigt, ist unterste Schublade“, meint auch Simon Hofmann, Schiedsrichterobmann des Fußball-Bezirks Stuttgart, im SPORT1-Gespräch, der knapp 45 Minuten mit Joite über die Partie gesprochen hat. Für ihn ist es ein „typisches Vorgehen“, dass der betroffene Verein die Vorfälle erstmal leugnet.

In den Augen von Hofmann hat sich die Intensität der Beleidigungen gegenüber den Spielleitern in den vergangenen Jahren ins Negative verändert. Diese Entwicklung ist für ihn ein „Spiegelbild unserer Gesellschaft“.

„Wir machen viele Aktionen wie Fairplay-Aktionen und -Preise, die eigentlich auch Auswirkungen auf andere Vereine haben sollten“, schildert Hofmann. Lob hat der erfahrene Referee hingegen für Weilimdorf übrig. „Gott sei Dank war ein vernünftiger Verein dabei“, erläutert er.

Schiedsrichter mahnt: „Gut möglich, dass einer bald auf dem Feld getötet wird“

Nun wird sich der Württembergische Fußball-Verband WFV mit dem Fall beschäftigen. Joite hat laut eigener Auskunft bereits zwei Sonderberichte geschrieben, zwei weitere werden noch folgen.

Auf SPORT1-Nachfrage teilte ein WFV-Sprecher mit, dass das Sportgericht diese entgegennimmt und dann die Untersuchungen aufnimmt.

Im Falle einer Verurteilung drohen Kollektivstrafen für den Verein und auch den Spielern drohen saftigen Strafen. Neben einer Spielsperre kann der Verband einen Spieler auch bei einem besonders schweren Vergehen komplett ausschließen. Darüber hinaus können zudem Geldstrafen oder Disziplinarmaßnahmen wie das Absolvieren eines Anti-Aggressionstrainings ausgesprochen werden.

Kenth Joite ist Schiedsrichter im Fußball-Bezirk Stuttgart
Kenth Joite ist Schiedsrichter im Fußball-Bezirk Stuttgart

Für Joite hingegen ist aber erstmal klar, dass seine Pfeife vorerst stumm bleiben wird. „Ich werde bis auf Weiteres keine Herrenspiele mehr pfeifen, um das Ganze richtig verarbeiten zu können“, sagt er. Zurzeit spricht er viel mit anderen Schiedsrichtern und hat bereits einen Termin bei einer Trauma-Ambulanz ausgemacht.

Dennoch ist sein Fall ein mahnendes Beispiel. „Ich denke, dass es aktuell immer schlimmer wird und dass jetzt endlich etwas passieren muss. Wir sind gerade an einem Punkt, an dem es gut möglich ist, dass ein Schiedsrichter auf dem Feld durch Angriffe getötet wird. Da sind wir ganz kurz davor und wir diskutieren darüber schon ständig bei Lehrveranstaltungen“, betont der Referee.