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Er führte das "Wunderteam" an und starb unter mysteriösen Umständen

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Mysterium um Jahrhundert-Spieler

Matthias Sindelar war der größte Star des österreichischen Wunderteams, das Anfang der 1930er Jahre nahezu unschlagbar war. Der „Papierene“ wurde zum ersten „Posterboy“ des Fußballs, um den sich nach wie vor einige Mythen ranken. Heute vor 86 Jahren starb der begnadete Mittelstürmer unter mysteriösen Umständen.
Matthias Sindelar war der Star von Österreichs Wunderteam
Matthias Sindelar war der Star von Österreichs Wunderteam
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Johannes Fischer
Matthias Sindelar war der größte Star des österreichischen Wunderteams, das Anfang der 1930er Jahre nahezu unschlagbar war. Der „Papierene“ wurde zum ersten „Posterboy“ des Fußballs, um den sich nach wie vor einige Mythen ranken. Heute vor 86 Jahren starb der begnadete Mittelstürmer unter mysteriösen Umständen.

Anfang April vergangenes Jahres herrschte helle Aufregung bei Austria Wien.

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Dies lag nicht am aktuellen Team, sondern an einem „Sensationsfund“, wie der Klub auf seiner Homepage schrieb. „Nach über 90 Jahren ist das Originaltrikot von Jahrhundert-Stürmer Matthias Sindelar wieder aufgetaucht“, hieß es - und dass das Dress mit einem Schätzwert von 28.000 Euro versteigert werde.

Der deutsche Stürmer Richard Hofmann hatte am 13. September 1931 Sindelar zum damals unüblichen Trikottausch überredet, weil er von seinem österreichischen Widersacher so beeindruckt war. Über Umwege gelangte das Trikot an einen Sammler, bevor es dann unter den Hammer geriet.

Sindelar größter Star von Österreichs Wunderteam

Der stolze Preis erklärt sich durch die historische Bedeutung seines Trägers: Sindelar, dessen hagere Gestalt ihm den Spitznamen „der Papierene“ einbrachte, war Hauptfigur von Österreichs Wunderteam der frühen 1930er Jahre. In jener Zeit galt die Mannschaft als nahezu unschlagbar.

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Mathias Sindelar starb unter rätselhaften Umständen
Mathias Sindelar starb unter rätselhaften Umständen

Nachdem Verbandskapitän (damalige Bezeichnung für Nationaltrainer) Hugo Meisl den Edeltechniker zunächst 14 Spiele lang aus seiner Elf verbannte, weil dieser gegen ein süddeutsches Team sein Kurzpassspiel trotz schneebedecktem Boden durchgezogen hatte (was zu einer Niederlage führte), holte er Sindelar auf Druck von Österreichs Presse und Fans wieder zurück.

Überliefert ist, dass Meisl in einem Wiener Café bei einer verbalen Auseinandersetzung mit einigen Pressevertretern diesen einen Zettel mit der von ihnen gewünschten Aufstellung für das bevorstehende Schottland-Spiel mit den Worten hinwarf: „Da habt‘s euer Schmiranskiteam!“

Österreich fertigt übermächtige Schotten ab

Es sollte die Geburtsstunde des Wunderteams sein, das am 16. Mai 1931 die bis dahin auf dem europäischen Festland ungeschlagenen Schotten vor 60.000 Zuschauen mit 5:0 nach Hause schickte.

Alles, was sich der österreichischen Nationalmannschaft fortan in den Weg stellte, wurde durch das zur damaligen Zeit völlig unbekannte Kurzpassspiel buchstäblich in seine Einzelteile zerlegt. Es war die früheste Form des Tiki-Taka, auf die die Gegner keine Antwort parat hatten.

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Nachbar Deutschland kassierte in Berlin ein 0:6, zwei Wochen später ein 0:5 in Wien, wobei Sindelar einen Dreierpack erzielte. Der 24. April 1932 gilt als der Tag, an dem das von Sindelar angeführten Wunderteam, sein bestes Spiel zeigte. Gegen Ungarn, zum damaligen Zeitpunkt eine der besten Mannschaften der Welt, feierte Österreich einen unglaublichen 8:2-Erfolg, für den Sindelar mit zwei Tore und fünf Assists fast im Alleingang verantwortlich war.

Matthias Sindelar vor seinem Kaffeehaus
Matthias Sindelar vor seinem Kaffeehaus

Erinnerung an Wunderteam in Wembley

Die „Wunderteam“-Ära währte bis 1933, in denen man von 15 Länderspielen zwölf gewann und nur am 7. Dezember 1932 an der Stamford Bridge gegen England verlor. Diese 3:4-Niederlage steigerte jedoch eher noch die Bewunderung über das technisch hochwertige Team, noch heute erinnert eine Gedenktafel in Wembley an diese Partie.

Sindelar erhielt schon damals aufgrund seiner Prominenz Werbeaufträge für Anzüge, Uhren und Molkereiprodukte, er war gewissermaßen der erste Posterboy des Fußballs.

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Beim „Europapokal der Fußball-Nationalmannschaften“ 1931/32, einer Frühform der Europameisterschaft, verhalf Sindelar Österreich mit vier Toren zum Sieg, zudem holte er 1933 mit der Wiener Austria den Mitropacup (die erste internationalen Klubmeisterschaft in Europa).

Austria Wien vorübergehend verboten

Mit dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht und dem Anschluss Österreichs im März 1938 wurde die Nationalmannschaft aufgelöst, zudem wurde die Wiener Austria als „jüdischer Verein“ vorübergehend verboten.

Anlässlich der Annexion wurde ein sogenanntes „Anschlussspiel“ organisiert, in dem sich das alte österreichische Team und die deutsche Nationalmannschaft gegenüberstanden. Sindelar, der lange als Gegner der Nationalsozialisten galt, führte seine Mannschaft ein letztes Mal als Kapitän aufs Feld und ließ es sich nicht nehmen, nach seinem Führungstor einen Freudentanz vor der Ehrentribüne, auf der einige Nazi-Größen saßen, aufzuführen.

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Das Grab von Matthias Sindelar auf dem Wiener Zentralfriedhof
Das Grab von Matthias Sindelar auf dem Wiener Zentralfriedhof

Es sollte sein letztes Länderspiel sein. Insgesamt 43 Mal trug Sindelar das Nationaldress, dabei erzielte er 27 Tore.

Mysteriöser Tod von Sindelar mit 35 Jahren

Dennoch ist die Rolle des „Papierenen“ historisch umstritten. Unter anderem betrieb sein Klub Austria Wien wissenschaftliche Aufarbeitung, wobei Mitautor Bernhard Hachleitner klarstellte, dass es für die angebliche Weigerung von Sindelar, für die reichsdeutsche Mannschaft zu spielen, keine Belege gebe.

Im Gegenteil: Der Ausnahmespieler habe von Arisierungen profitiert, etwa als er das Kaffeehaus „Annahof“ einem jüdischen Besitzer unter Marktpreis abkaufen konnte.

Sindelar starb mit 35 Jahren unter mysteriösen Umständen. Am 23. Januar 1939, heute vor 86 Jahren, fand man seine Leiche, im Polizeibericht war von einer „Kohlenoxidvergiftung infolge eines schadhaften Ofens“ die Rede. Ein Fremdverschulden konnte nicht nachgewiesen werden.

Das tat dem Mythos Sindelar jedoch keinen Abbruch, der auch über achteinhalb Jahrzehnte nach seinem Tod weiterlebt.