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Eintracht Frankfurt nach Fredi Bobic: Das Ende des gehobenen Ausbildungsvereins?

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Eintracht Frankfurt nach Fredi Bobic: Das Ende des gehobenen Ausbildungsvereins?

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Verzockt Eintracht das Bobic-Erbe?

Eintracht Frankfurt hatte sich unter Ex-Sportvorstand Fredi Bobic und dem heutigen Direktor Profifußball, Ben Manga, zu einem „gehobenen Ausbildungsverein“ entwickelt. Verspielen die Hessen diesen Status Stück für Stück?
Das Jahr 2021 neigt sich dem Ende. Guter Zeitpunkt, um das Bundesliga-Jahr von Eintracht Frankfurt Revue passieren zu lassen.
cmichel
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Es war ein Schock für die so stolzen Fans von Eintracht Frankfurt, als der damals installierte Sportvorstand Fredi Bobic im Juni 2016 ein neues Denken im Traditionsklub implementierte. Man müsse ein „Ausbildungsverein“ werden. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)

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Im STAHLWERK Doppelpass auf SPORT1 erkannte er drei Jahre später schon eine Entwicklung: „Wir sind ein gehobener Ausbildungsverein.“

Jesus Vallejo war der erste Deal dieser Art. Der Spanier kam als 19-Jähriger auf Leihbasis von Real Madrid zur Eintracht und hatte eine starke Saison 2016/17 bei den Frankfurtern. Dauerhaft verpflichten konnten die Hessen den Abwehrmann zwar nicht. Doch urplötzlich fischte die Eintracht in Teichen, die zuvor Tabugebiet waren. Aus Spanien, Portugal, Brasilien, Frankreich oder gar Japan kamen die Rohdiamanten an den Main.

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Bevor der erste Transfer getätigt wurde, holte Bobic genau dafür seinen Vertrauten Ben Manga und setzte ihn als Chefscout ein. Und der „Perlentaucher“ hatte sich rasant einen sehr guten Namen erworben. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)

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Bobic und Manga vertrauten in ihre Netzwerke – und sich zudem auch gegenseitig. Jeder Schritt auf dem Transfermarkt wurde genauestens abgesprochen, Ex-Sportdirektor Bruno Hübner und die damaligen Trainer Niko Kovac und Adi Hütter mit ihren Teams waren bei der Genese eines Transfers stets involviert.

So erklärt Manga das Scouting

Die ganz große Kunst war es, die „Perlen“ in der Altersspanne von 17 bis 21 Jahren zu finden, dieses Potenzial vor den größeren Klubs zu entdecken. „Scouting ist nicht nur Glück. Ein guter Scout muss Fantasie und ein gutes Auge haben. Er muss nicht nur sehen, ob ein Spieler gut spielt, sondern es geht auch darum, die Anlagen zu erkennen“, erklärte der heutige Direktor Profifußball Manga zuletzt im vereinseigenen Podcast.

Luka Jovic kam mit 19 an den Main, Evan N‘Dicka als 18-Jähriger, Daichi Kamada wurde kurz nach Ankunft 21 und Tuta war 18. Diese Transferstrategie ging zwar nicht immer auf: Dejan Joveljic (beim Einkauf 19) spielt inzwischen bei LA Galaxy, Rodrigo Zalazar (18) auf Schalke, Ragnar Ache (21) kämpft weiterhin um seinen Durchbruch und ob der aktuell in die Niederlande verliehen Ali Akman (18) anschließend ist Frankfurt durchstartet, steht noch in den Sternen. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)

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Die Juwelen haben die Eintracht nach vorne gebracht

Dennoch sind es genau diese Art von Investments, die einen Klub bei geglückter Entwicklung wirtschaftlich und sportlich sofort weit nach vorne bringen. Für Jovic kassierte die Eintracht von Real Madrid einen Sockelbetrag von rund 60 Millionen Euro, N‘Dicka, Kamada und Tuta sind auch heute noch tragende Säulen, die in schwierigen Coronazeiten zusammenaddiert rund 50 bis 60 Millionen Euro in die Kasse spülen könnten.

Selbst Zalazar oder Joveljic waren keine Verlustgeschäfte, am Ende der Kette wird insgesamt noch ein Plus auf dem Kontoauszug stehen.

Diese Rohdiamanten befinden sich in einem Alter, in dem sie extrem schnell an Marktwert gewinnen und somit Tafelsilber des Vereins sind. Doch wer sind die nächsten Toptalente, die die Eintracht nach vorne bringen? Inzwischen sind die Frankfurter eine routinierte Mannschaft, teilweise standen mit N‘Dicka oder Tuta nur zwei Spieler, die die 23 Jahre noch nicht überschritten hatten, in der Startelf.

Lindström-Transfer war typisch für einen „Ausbildungsverein“

Der im Sommer geholte Jesper Lindström kam erst im Endspurt der Hinrunde ins Rollen, er ist am ehesten ein Deal, der zur Kategorie „Ausbildungsverein“ passt: Unbekannt, eine auffällige Saison in einer eher unter dem Radar fliegenden Liga in Dänemark, talentiert.

Ob Jens Petter Hauge im zweiten Halbjahr durchstartet? Der Norweger hat den Schritt in eine größere Liga nach Mailand bereits gewagt, konnte dort aber nicht zünden. Aufgrund seiner Vita ist Hauge aber nicht vergleichbar mit N‘Dicka, Tuta, Kamada oder dem kurz vor einem Wechsel stehenden Faride Alidou (soll vom Hamburger SV kommen).

Dabei war genau dieses Modell in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich, die Arbeit des Perlentauchers Manga mit seinem Scouting-Team hat den Klub auf ein neues Niveau gebracht. Pokalsieg, Europa-League-Halbfinale, einstellige Tabellenplätze und beinahe die Qualifikation für die Champions League bedeuteten die erfolgreichste Zeit der jüngeren Vereinshistorie.

Corona hat Bobic etwas vom Weg abgebracht

Die verpflichteten Juwelen starteten zwar nicht immer sofort und vollumfänglich durch, doch sie bekamen zügig Chancen, sich zu zeigen und dadurch wichtige Schritte für die eigene Entwicklung zu machen. Auch der neue Sportvorstand Markus Krösche hat Interesse an einer Fortsetzung dieses Geschäftsmodells. Es gilt, Transferüberschüsse zu erzielen und so für ein gesundes Fundament zu sorgen.

Genau diese Talente werden im aktuellen Eintracht-Kader jedoch kaum noch gefördert. Es sind altersmäßig die Profis, die im ersten Jahr herangeführt werden und im zweiten Jahr voll durchstarten. Bobic hatte seinen Weg vor allem coronabedingt verlassen müssen. In den vergangenen 20 Monaten stand das finanzielle Überleben im Fokus, strategisch-weitsichtige Transfers waren so kaum möglich.

Glasner setzt auf Routine

Umso wichtiger war im März die Beförderung von Manga vom Chefscout zum Direktor Profifußball. Wieder etwas jünger und talentierter sollte die Mannschaft werden. Doch noch konnte sich diese Linie nicht vollumfänglich durchsetzen. Der mäßige Saisonstart ließ Trainer Oliver Glasner vor allem auf routinierte Spieler zurückgreifen, die Neuzugänge hatten es schwer.

Sam Lammers kam nur auf Leihbasis und half bislang – wie Hauge auch - nicht wie erhofft weiter, bei dem spanischen Toptalent Fabio Blanco gibt es empfindliche Störgeräusche, weshalb eine Trennung im Winter möglich ist. Für das Projekt „Ausbildungsverein“ wäre das Scheitern des 17-Jährigen ein herber Rückschlag. Kristijan Jakic überrascht zwar als Ersatz von Sebastian Rode, ist aber – wie Rafael Borré auch – bereits Mitte 20.

Krösches Transferstrategie rückt in den Fokus

Die kommenden Transferfenster werden daher eine große Herausforderung für Krösche. Die Verträge von etlichen erfahrenen Akteuren wie Makoto Hasebe, Stefan Ilsanker oder Aymen Barkok laufen aus, die Kontrakte der Stars Filip Kostic, Evan N‘Dicka, Daichi Kamada und Tuta enden 2023. Crunchtime also: Verlängern - oder verkaufen?

Es sind schwierige Entscheidungen, die es zu treffen gilt. Die Altersstruktur ist suboptimal, ablösefreie Abgänge könnten den Umbruch massiv erschweren. Ob die Eintracht sich erlauben kann, das Bobic-Erbe des gehobenen Ausbildungsvereins zu verzocken?

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