Mit einem lockeren 4:0-Sieg gegen den VfL Wolfsburg verabschiedete sich der FC Bayern am Freitagabend in die Winterpause. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)
FC Bayern: Julian Nagelsmann ist ein Glücksfall für den Rekordmeister
Ein echter Glücksfall für die Bayern
Für Julian Nagelsmann endete damit seine erste Halbserie als Cheftrainer der Münchener. Zum Abschluss zog der 34-Jährige eine positive Bilanz und richtete seine Worte an die Mannschaft: „Ich habe mich für das erste Halbjahr bedankt, es macht sehr viel Spaß, mit der Mannschaft und dem Staff zu arbeiten.“
Dabei muss sich der FC Bayern nach einer turbulenten Hinrunde mit einigen Nebenkriegsschauplätzen abseits des Rasens vor allem bei seinem Coach bedanken.
Sportlich lief es für den Rekordmeister weitgehend gut, das desolate Aus im DFB-Pokal mal ausgenommen. In der Liga feierten die Bayern einmal mehr souverän die Herbstmeisterschaft und in der Champions League steht der Klub ohne Niederlage da. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
Nagelsmann managt Themen abseits des Rasen erfolgreich
Doch es waren vor allem die vielen Hintergrundgeräusche, die beim FC Bayern im bisherigen Saisonverlauf für Wirbel sorgten.
Sei es die wochenlange Impf-Debatte um Joshua Kimmich und weitere Mitspieler, das umstrittene Katar-Sponsoring oder die außergewöhnliche Jahreshauptversammlung im November.
Dabei offenbarte sich Nagelsmann als Glücksfall für den FC Bayern. Nach außen hin bewahrte der Coach stets die Ruhe und gab ein gutes Bild ab.
Auch auf Fragen zu schwierigen Themen, die nicht in erster Linie in seinen Verantwortungsbereich fielen, fand der gebürtige Bayer stets eine abgeklärte und freundliche Antwort. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Die eigentliche Führungsetage um Präsident Herbert Hainer, Vorstandsboss Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic rückte in den Hintergrund, während sich Nagelsmann der Öffentlichkeit stellte.
Bayern-Spieler machen unter Nagelsmann nächsten Schritt
Aber auch in den sportlichen Bereichen zeigte sich bereits das positive Wirken des jungen Trainers. Mancher Profi verbesserte sich unter der Leitung von Nagelsmann erheblich.
Allen voran der Leistungskurve von Leroy Sané verlieh der Ex-Leipzig-Coach einen deutlichen Schwung nach oben. Mit Nagelsmann an der Seitenlinie glänzt der deutsche Nationalspieler nicht nur als Torschütze und Vorlagengeber – er stellt sich auch voll und ganz in den Dienst der Mannschaft.
Sané arbeitet nach hinten und glänzt als Balleroberer
So bringt es Sané in 26 Saisonspielen auf starke elf Treffer und elf Vorlagen. Obendrein arbeitet er phasenweise nach hinten mit und tritt als Balleroberer auf.
Sané erklärte seinen Aufschwung bei Sat1 wie folgt: „Ich habe mich nicht verrückt machen lassen. Julian hat gesagt, dass er hinter mir steht, und das hat mir auch schon gereicht.“
Seinem Trainer attestierte der Angreifer eine besondere Gabe. Nagelsmann habe ein „sehr gutes Händchen, liest die Spiele gut und weiß, mit wem er mehr reden muss und mit wem weniger“.
Nagelsmann hält Bankspieler bei Laune
In seinem Hinrundenfazit betonte Nagelsmann zudem: „Mit Blick auf das letzte halbe Jahr bin ich froh, dass wir einen so großen Kader hatten, wir haben jeden Spieler gebraucht.“
Und so hielt der ambitionierte Trainer auch die etatmäßigen Bankspieler bei Laune, was sich vor allem in den letzten Wochen auszahlte. Nach den Ausfällen von Joshua Kimmich und Leon Goretzka setzte Nagelsmann in der Zentrale zunächst auf Corentin Tolisso und Jamal Musiala.
Beide stellten ihr Können direkt unter Beweis, obwohl sie monatelang nur auf Kurzeinsätze gekommen waren. Besonders Mega-Talent Musiala beeindruckte auf der für ihn ungewohnten Position.
Nagelsmann zeigt sich selbstkritisch bei Roca
Als dann auch noch Tolisso passen musste, hatte Nagelsmann fast keine andere Wahl, als Marco Roca zu bringen. Der Spanier hatte bis dato in den Plänen des Trainers keine Rolle gespielt - sogar über einen vorzeitigen Abschied des 25-Jährigen wurde spekuliert.
Doch Roca überzeugte gegen Stuttgart und Wolfsburg in der Startelf und veranlasste Nagelsmann zum Umdenken. Dabei zeigte sich der Verantwortliche auch selbstkritisch. Roca habe ihm gezeigt, „dass es ein Fehler war, ihn so wenig zu bringen“.
Nagelsmann arbeitet an Schwächen der Spieler
Dennoch hat auch der Trainer seinen Anteil daran, dass die Spieler mit kaum Einsätzen zuvor sofort funktionieren. Nagelsmann schafft es, mit den Spielern an ihren Schwächen zu arbeiten.
Auch öffentlich konnte er auf Nachfragen genau erklären, woran es bei diesen Akteuren noch fehlt - und redete sie gleichzeitig stark.
In Summe ist Nagelsmann beim FC Bayern voll angekommen - sowohl als Trainer als auch als überzeugender Redner: „Ich bin unglaublich zufrieden, wie ich im Klub und bei den Fans aufgenommen wurde.“
Der 34-Jährige geriet regelrecht ins Schwärmen: „Ich liebe diesen Job bei Bayern München, ich liebe die Stadt, ich bin jeden Tag gerne auf dem Gelände.“
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Nagelsmann: „Freue mich auf die Rückrunde“
Doch die wahre Herausforderung steht Nagelsmann noch bevor. Vor den wichtigen Monaten schreckt Nagelsmann jedenfalls nicht zurück: „Ich freue mich auf die Rückrunde.“
Dann geht es um den Titel in der Champions League. An diesem Wettbewerb wird sich langfristig entscheiden, ob er noch viele Jahre beim Rekordmeister weiterentwickeln darf.
Er selbst würde gerne lange bleiben. Auf die Frage, ob er sich vorstellen könne, zehn Jahre bei Bayern zu arbeiten, sagte Nagelsmann: „Grundsätzlich kann ich mir das vorstellen. Umzüge regen mich richtig auf. Wenn ich hier zehn Jahre bleiben kann, wäre ich zufrieden.“
Für die Bayern ist Nagelsmann nach den aktuellen Umständen ohnehin ein echter Glücksfall.