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Martin Schmidt: Sportdirektor von Mainz 05 ordnet im Interview die Lage ein

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Martin Schmidt: Sportdirektor von Mainz 05 ordnet im Interview die Lage ein

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Schmidt: “... wären stolz wie Oskar”

Trainer Bo Svensson, DFB-Neuling Anton Stach, Corona-Problematik, Rennen um Europa: Sportdirektor Martin Schmidt ordnet im SPORT1-Interview die Lage beim FSV Mainz 05 ein.
Martin Schmidt kennt den FSV Mainz 05 aus verschiedenen Perspektiven. Als Ex-Trainer und aktueller Sportdirektor erklärt er, warum es bei Mainz derzeit so gut läuft.
cmichel
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Anfang 2021 hat Martin Schmidt das Amt des Sportdirektors beim FSV Mainz 05 übernommen.

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Aus einem potenziellen Absteiger ist inzwischen eine Mannschaft geworden, die sogar noch leise von Europa träumen darf.

Schmidt nahm sich rund 40 Minuten in einem digitalen Gespräch Zeit für SPORT1 und sprach über seine Arbeit, den Saisonverlauf, Trainer Bo Svensson, die Corona-Ausbrüche und die Personalplanung für die kommende Saison. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)

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SPORT1: Martin Schmidt, nach Ihrer Vertragsverlängerung sagte Geschäftsführer Christian Heidel, dass Sie ein „wichtiges Puzzleteil“ bei Mainz 05 seien. Warum klappt es als Sportdirektor so gut in Mainz?

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Martin Schmidt: Ich habe das Gefühl, dass ich in Mainz an einem Ort bin, an dem ich gut arbeiten kann und mich auch sehr wohl fühle. In meinen insgesamt zwölf Jahren hier hat sich meine Rolle häufiger verändert. Ich habe als Trainer im Jugendbereich begonnen und war später Cheftrainer der Profis. Danach habe ich den Verein verlassen, um auch bei anderen Klubs Erfahrungen zu sammeln. Später bin ich in der Rolle als Sportdirektor zurückgekehrt. Der Aspekt der zusätzlichen Erfahrung ist natürlich wichtig. Aber auch die Zusammenarbeit mit Christian Heidel und Bo Svensson passt sehr gut. Wir bringen allesamt die Identifikation mit Mainz mit. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)

„Wir wollten Mainz wiederbeleben“

SPORT1: Bei unserem letzten Gespräch vor etwas mehr als einem Jahr ging es noch um den Abstiegskampf. Diesmal könnte bei einem optimalen Saisonverlauf gar Europa herausspringen. Worin sehen Sie die Gründe für diesen Aufschwung?

Schmidt: Vor 15 Monaten haben wir eine Situation vorgefunden, in der Mainz nichts mehr zu verlieren hatte. Christian Heidel, Bo Svensson und ich haben uns zusammengetan. Wir wollten Mainz 05 wiederbeleben, und zwar indem wir die DNA des Erfolgs wieder herauskitzeln, zu der Philosophie zurückkehren, die den Verein in der Vergangenheit erfolgreich gemacht hat. Dabei geht es vor allem um die Art und Weise, wie wir Fußball spielen. Das ist uns gelungen, weil wir gewusst haben, wie der Verein tickt. Wir verfolgen einen Weg, auf dem Mainz nicht nur draufsteht, sondern Mainz auch drinsteckt. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)

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SPORT1: Um tatsächlich die internationalen Plätze erreichen zu können, müsste Mainz mehr Auswärtspunkte holen. Gegen Gladbach gab es zwar einen Zähler. Insgesamt bedeuten acht Punkte aber Platz 16 in der Auswärtstabelle. Warum gibt es diese Diskrepanz zwischen Heim- und Auswärtspartien?

Schmidt: Die Auswärtsbilanz passt irgendwie nicht zu unserer Heimstärke, stimmt. Das ist vermutlich vor allem eine Kopfsache. Wir hatten in Heimspielen viele gute Momente und gehen deshalb mit positiven Vibes in die Partien. Auswärts erzeugen die ausbleibenden Ergebnisse bei dem einen oder anderen vielleicht schlechteres Gefühl. Das führt dazu, dass die Mannschaft dort nicht gerade vor Selbstbewusstsein strotzt. Wir haben in dieser Woche dreimal die Chance, diese negative Bilanz aufzupolieren.

Martin Schmidt: „Wissen, wo wir herkommen“

SPORT1: Ist die Qualifikation für Europa noch möglich?

Schmidt: Dafür bräuchten wir mehr Punkte. Wir wissen aber, wo wir herkommen und sehen das ganz realistisch. 37 Punkte bieten uns eine solide Basis, im nächsten Schritt wollen wir die 40 Punkte erreichen. Träumereien bringen uns nicht weiter. Wenn unsere Entwicklung weiterhin so positiv voranschreitet, dann können wir vielleicht in naher Zukunft wieder mal an die Tür zur Europa League klopfen.

SPORT1: Mit Bo Svensson entwickelt Mainz aktuell den nächsten Toptrainer. Wie viel Freude bereitet Ihnen die Zusammenarbeit mit ihm?

Schmidt: Die Zusammenarbeit mit Bo Svensson macht einerseits Spaß und bereitet Freude, andererseits ist sie aber auch von ernsthaftem Engagement geprägt. Bo ist sehr zielstrebig. Meine erste Schnittstelle mit ihm war in meiner Zeit mit Thomas Tuchel. Als Spieler hat Bo schon viele Dinge hinterfragt. Das hat sich bis heute nicht geändert. Bei Gesprächen mit ihm musst du immer hellwach sein, weil er sehr viele komplexe Gedankengänge hat. Bei der Kaderplanung hat Bo eine klare Meinung zu den Spielern, das erleichtert uns die Arbeit. Wir wissen, von welchem Spielerprofil er überzeugt ist und wen er entwickeln kann. Seine große Stärke ist dabei der Umgang mit den Spielern. Er nimmt sie mit und sensibilisiert sie für die Themen. Bo ist auch innerhalb seines Trainerstabs ein Teamplayer, aber gibt auch klar vor, in welche Richtung der Weg geht.

SPORT1: Hand aufs Herz: Wie lange kann Mainz Bo Svensson wirklich noch halten?

Schmidt: Bo hat noch über zwei Jahre Vertrag und wird auch über den Sommer hinaus bei uns bleiben. Er kann auch gerne zu uns kommen und sagen, dass er für immer in Mainz bleiben will. Wenn ein guter Verein einen Trainer sucht, kommt er nicht umhin, auch über Bo Svensson nachzudenken. Aber wir rechnen damit, dass Bo auch die nächsten Jahre bleibt.

Trainer Bo Svensson hat die Mainzer wieder in die Spur gebracht
Trainer Bo Svensson hat die Mainzer wieder in die Spur gebracht


SPORT1: Mainz 05 war in dieser Saison gar zweimal von Corona-Ausfällen betroffen. Müssen die Regeln in Zukunft angepasst werden?

Schmidt: Nach dieser Saison soll das Regelwerk, das noch aus der Zeit vom Beginn der Corona-Pandemie stammt, von DFL und DFB überarbeitet werden. Die Richtlinien müssen vor allem hinsichtlich des Wiedereinstiegs in den Wettkampf angepasst werden. Das handhaben wir intern jetzt schon so. Wenn ein Spieler freigetestet wird, dann absolviert er beim Arzt einen „Return to Competition“-Check, der Lungen-, Cardio-, Bluttests und weitere internistische Untersuchungen umfasst. Erst danach wird der Spieler langsam an das Teamtraining und den Wettkampfbetrieb herangeführt. Die Gesundheit steht im Vordergrund. Die Spieler werden nicht einfach als „freigetestet = gesund“ auf den Platz geschickt. Das wird vermutlich bei den neuen Richtlinien ein Hauptaugenmerk werden.

SPORT1: Bei Delano Burgzorg wurde bei diesen Tests eine Herzmuskelentzündung festgestellt. Wie geht es ihm?

Schmidt: Delano ist daheim. Er soll noch nichts machen und benötigt Zeit. In der laufenden Woche wird er in Mainz erneut internistisch durchgecheckt. Danach können wir entscheiden, ob er langsam wieder mit Lauftraining beginnen kann. Delano war dann aber knapp vier Wochen komplett raus aus dem Wettbewerb. So lange braucht ein Spieler in der Regel auch wieder, bis er seinen alten Leistungsstand hat. Eine Rückkehr auf den Platz in dieser Saison könnte deshalb knapp werden.

SPORT1: Die Zukunft von Delano Burgzorg, aber auch Dominik Kohr und Marcus Ingvartsen, ist noch offen. Wie planen Sie mit den Leihspielern?

Schmidt: Die Winterleihe von Delano Burgzorg war ein Vorgriff auf die kommende Saison. Im Sommer ziehen wir eine Kaufoption. Delano wird bei uns Zeit zur Entwicklung erhalten. Bei Dominik Kohr sind wir in guten Gesprächen. Alle Seiten sind grundsätzlich positiv gestimmt. Mit Marcus Ingvartsen planen wir für die nächste Saison.

Martin Schmidt war auch schon als Trainer bei Mainz 05 aktiv
Martin Schmidt war auch schon als Trainer bei Mainz 05 aktiv

„Kontakt zu Danny da Costa nie abgerissen“

SPORT1: Bei der Kaderplanung waren Sie schon fleißig. Mit Anthony Caci und Aymen Barkok wurden bereits zwei Spieler ablösefrei verpflichtet. Was waren die Gründe für diese Transfers?

Schmidt: Wir hatten schon früh Planungssicherheit und konnten die Transfers deshalb schon fixieren. Anthony Caci hat einen starken rechten Fuß, er spielt inzwischen aber auch sehr oft auf der linken Seite und kann in der Dreierkette als Innen- oder Außenverteidiger spielen. Anthony ist ein bodenständiger Typ, der nah an der deutschen Grenze aufgewachsen ist und die Kultur kennt. Aymen Barkok kennen wir schon sehr lange. Seine beste Zeit in Frankfurt hatte er, nachdem ihn Niko Kovac zu den Profis hochgezogen hat. So ein Spielertyp passt nach Mainz. Als die Eintracht ihm mitteilte, dass sie seinen Vertrag nicht verlängern wird, waren wir im Januar schnell da. Aymen ist ein Frankfurter Junge, der zu uns passt und die Spieler schon kennt. Wir freuen uns sehr auf ihn, weil er unser Zentrum und das Spiel in die Spitze verstärken wird.

SPORT1: Danny da Costa wird auch wegen der offenen Zukunft von Daniel Brosinski wieder eng mit Mainz in Verbindung gebracht. Sein Vertrag in bei der Eintracht wird nicht verlängert. Wäre das ein Transfer ganz nach Ihrem Geschmack?

Schmidt: Aktuell haben wir mit Silvan Widmer und Daniel Brosinski zwei Rechtsverteidiger. Wir wollen auch ab Sommer zwei Rechtsverteidiger im Kader haben. Ob Brosinski bleibt oder da Costa oder ein anderer Spieler kommt, wollen wir in den kommenden zwei bis drei Wochen fixieren. Der Kontakt zu Danny da Costa ist jedoch nie abgerissen. Er hatte ein schönes halbes Jahr in Mainz. Trotzdem ist er im vergangenen Sommer nach Frankfurt zurückgekehrt und hat dort seine Chance gesucht. Das haben hier alle verstanden.

Darum wurde Anton Stach verpflichtet

SPORT1: Anton Stach wurde vor zwei Wochen erstmals in den Kader der Nationalmannschaft berufen. Ist so ein Spieler für Mainz noch zu halten?

Schmidt: Ich bin überzeugt davon, dass Anton Stach, sein Berater und familiäres Umfeld wissen, was für ihn der beste Weg ist. Er hat innerhalb von 18 Monaten den Sprung von Liga vier und zwei in die Bundesliga geschafft. Nun geht es darum, dass er vom Shootingstar zum gefestigten Bundesligaspieler und Leistungsträger reift. Aber natürlich wird er in den kommenden Jahren Begehrlichkeiten wecken. Deshalb haben wir Anton auch verpflichtet.

SPORT1: Jonathan Burkardt hat neun Bundesligatore erzielt. Wie sehen Sie seine Entwicklung?

Schmidt: Mit der Entwicklung von Jonathan Burkardt sind wir hochzufrieden. Wenn wir im Sommer auf die Saison zurückblicken, dann wird die Quote stimmen. Jonathan ist gut in die Saison gestartet, hatte dann allerdings eine Phase, wo er gut gespielt, aber nicht getroffen hat. Wenn wir auf die vergangenen zwei bis drei Jahre blicken, dann stimmt der Trend bei ihm. Fußballtechnisch und taktisch bringt Jonathan alles mit, er hat das Näschen in der Box und das Gefühl für den richtigen Zeitpunkt. Potenzial sehen wir noch im Bereich der Athletik. Ich bin davon überzeugt, dass er die Zeit bei uns nutzen und sich zu einem großen Spieler entwickeln wird. Wir trauen ihm dann irgendwann den Wechsel zu einem Topverein in Deutschland oder ins Ausland zu. In Mainz wären alle stolz wie Oskar, wenn ein bei uns ausgebildeter Jugendspieler diesen großen Schritt schaffen würde.

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