Manuel Gräfe hat sich seit seinem Abschied von der Bundesliga zum inoffiziellen Chefkritiker der deutschen Schiedsrichter aufgeschwungen.
Schiedsrichter-Zoff eskaliert
Wie der Ex-Referee am Montag erklärte, sei er „bei weitem nicht der Einzige“, der mit den Leistungen der Unparteiischen derzeit nicht zufrieden ist.
„Insgesamt gibt es zu wenige Top-Schiedsrichter. Die fehlende Qualität hat kürzlich die UEFA der DFB-Schiedsrichter-Führung mitgeteilt“, sagte Gräfe der Bild.
Schiri-Zoff! Gräfe vs. Fröhlich
Diese Mitteilung habe zu einer „Krisensitzung von Lutz Michael Fröhlich (Schiedsrichter-Boss beim DFB, Anm. d. Red.) und Co. mit den deutschen FIFA-Schiedsrichtern“ geführt: „Die UEFA ist mit den Leistungen nicht einverstanden und in Sorge. Diese Meinung habe ich also nicht exklusiv.“
Allerdings widerspricht Fröhlich bei SPORT1 dieser Aussage entschieden.
„Das stimmt nicht. Es hat sich von der UEFA niemand an die DFB-Schiedsrichterführung gewandt, um uns die fehlende Qualität der Schiedsrichter in Deutschland mitzuteilen“, stellte der Schiri-Boss klar.
Man habe sich zwar mit zwar mit den FIFA-Schiedsrichtern zu einem Meeting getroffen, sagt Fröhlich. „Das hatte aber wesentlich zum Anlass, dass wir nur einen Tag später ein Meeting hatten mit dem Bund Deutscher Fußball-Lehrer, um uns dort mit Trainern auszutauschen über den Umgang und die Kommunikation miteinander. Das hatte nichts mit dem Kontext ‚Krise‘ oder ‚schlechte Schiedsrichterleistungen‘ zu tun.“
„Ermüdet mich“: Aytekin kontert Gräfe
Zuletzt hatte schon Bundesliga-Referee Deniz Aytekin die Dauer-Kritik von Gräfe gekontert.
„Keiner, weder die aktiven Schiris noch die Verantwortlichen, sind beratungsresistent“, betonte Aytekin am Montag auf einer Pressekonferenz auf SPORT1-Nachfrage.
„Wir sind sehr offen und versuchen, unsere Leistungen zu erbringen“, erklärte er, ergänzte jedoch auch: „Pauschalkritiken, die immer wieder im gleichen Jargon kommen, ermüden mich!“
Gräfe sei ein super Schiedsrichter gewesen. „Vernünftiger Input bringt etwas, pauschal zu kritisieren, das finde ich schwierig.“
Bundesliga auf SPORT1
Fröhlich: „Haben ein Problem mit Plattitüden“
Ähnlich äußerte sich Fröhlich bei SPORT1. „Mit Kritik müssen wir umgehen. Vor allem auch, wenn sie fachlich fundiert und begründet ist. Wir machen alle auch mal Fehler. Wenn da irgendwas als falsch erkannt und dargestellt wird, müssen wir und die Schiedsrichter damit leben“, sagte der 65-Jährige.
Man habe aber ein Problem mit Pauschalkritik „und was tatsächlich ermüdend ist, ist das, was auch Deniz Aytekin schon zum Ausdruck gebracht hat. Das ist Pauschalkritik. Das sind substanzlose Plattitüden“.
Gräfe hatte zuletzt immer wieder gegen die Leistungen der deutschen Schiris und der Bosse rund um Fröhlich geschossen.
So auch nach dem Bundesliga-Spiel des FC Bayern bei Bayer Leverkusen am Sonntagabend (1:2), bei dem Schiedsrichter Tobias Stieler erst auf Hinweis des Video-Assistenten auf zwei fällige Elfmeter entschied.
Gräfe mit beißender Kritik
Gräfe schreibt dazu bei Twitter: „Wenn man die persönliche Fehlentwicklung des letzten Jahrzehnts beispielhaft verdeutlichen will, dann dass solche Schiedsrichter bis zur höchsten Gruppe der UEFA vom DFB (von Krug, Fandel & Fröhlich) protegiert wurden, aber die Leistungen es nie begründeten...“
Auf Stielers Leistung wollte Gräfe in dem Interview am Tag nach dem Spiel nicht mehr konkret eingehen.
Angesprochen auf dessen Aussagen nach dem Spiel, als dieser die Situation erklärtermaßen „mit Humor“ genommen hatte, sagte er: „Menschen sind unterschiedlich, und jeder geht mit seinen Fehlern anders um. Aber wie sich in letzter Zeit einzelne Schiedsrichter in Interviews inhaltlich äußern, ist für mich befremdlich.“
Fröhlich äußert dagegen Verständnis für Stielers Reaktion: „Am Ende ist alles gut gegangen, weil der Videoassistent eingegriffen hat. Darüber ist man als Schiedsrichter natürlich erleichtert. Das erklärt vielleicht auch ein leichtes Schmunzeln. Das ändert aber nichts daran, dass es ein ganz ernsthaftes Ziel bleiben muss, durch korrekte Entscheidungen auf dem Feld Interventionen durch den Videoassistenten zu vermeiden. Das zeichnet einen Schiedsrichter auf dem Feld aus.“
Fröhlich betonte aber auch: „Dass die beiden Situationen auf dem Feld nicht richtig bewertet wurden, das ist ihm (Stieler, d. R.) natürlich bewusst. Und auch er hat den Anspruch, dass die Situationen auf dem Feld korrekt entschieden werden.“
Brych? „Wäre im Sinne des Fußballs“
Generell meinte Gräfe, und das nicht zum ersten Mal: „Es werden aber dennoch weiterhin Schiedsrichter nicht adäquat eingestuft, was unter anderem zu solchen Folgen wie am Sonntag beim Spiel in Leverkusen führen kann.“
Der Ex-Referee war wegen des Erreichens der inoffiziellen Altersgrenze beim DFB ausgeschieden und hatte erfolgreich dagegen geklagt.
Dass schon in der kommenden Saison ein Schiedsrichter von dem Urteil profitieren könnte, hofft Fröhlich. „Auf dem Niveau, wie Felix Brych derzeit die Spiele leitet, würden wir uns sehr freuen und das wäre auch im Sinne des Fußballs. Er ist fit und hat eine sehr gute Einstellung.“