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Die BVB-Probleme: "Solche Leader wie Kimmich sehe ich beim BVB nicht"

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Die BVB-Probleme: "Solche Leader wie Kimmich sehe ich beim BVB nicht"

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„Dann gibt es bei Bayern zweiten Reus“

Nach dem Pokal-Aus des BVB blickt der frühere Co-Trainer Michael Henke für SPORT1 auf die Problemfelder in Dortmund und erklärt, was im Vergleich zum FC Bayern fehlt.
Innerhalb von nur fünf Tagen erleidet der BVB eine zweite herbe Enttäuschung. Schmeißt der BVB die Saison weg?
Reinhard Franke
Reinhard Franke

Mit dem FC Bayern und Borussia Dortmund sind gleich zwei Giganten im DFB-Pokal-Viertelfinale rausgeflogen.

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Michael Henke arbeitete lange bei beiden Klubs als Co-Trainer und sieht vor allem beim BVB Probleme, gerade was die Führungsspieler angeht.

Im SPORT1-Interview spricht der 65-Jährige auch über Jude Bellinghams Ausraster, die Qualitäten von Mats Hummels und Marco Reus.

BVB? „Die Leistung gibt zu denken“

SPORT1: Herr Henke, wie beurteilen Sie das Pokal-Aus des BVB?

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Michael Henke: Der BVB hatte ja eigentlich einen super Lauf. Sie haben nur so vor Selbstbewusstsein gestrotzt. Und jetzt haben sie scheinbar eine kleine Delle, die zum falschen Zeitpunkt kommt, sagen wir mal.

SPORT1: Ist es wirklich nur eine kleine Delle? Der BVB wirft gerade die gesamte Saison weg.

Henke: Na gut, es ist auf jeden Fall jetzt erstmal eine Ergebnis-Delle. Wenn man jetzt allein an die letzten beiden Spiele denkt, war es ja nicht unverdient. Es ist entscheidend, dass du im letzten Drittel der Saison die richtigen Ergebnisse erzielst. Weil in Vereinen, gerade wie Bayern und Dortmund, bist du bis zum Schluss in der Regel in allen drei Wettbewerben drin. Das ist relativ lange und dann musst du Ergebnisse bringen. Gute Leistungen, Ergebnisse. Das heißt, du musst nicht unbedingt im Oktober fitter als jetzt sein, sondern jetzt, im März, April, Mai, wenn die Finals anstehen, wenn Halbfinal-Spiele gespielt werden. In der Meisterschaft ist natürlich nichts passiert, aber die Leistung gibt zu denken, dass sie relativ klar verloren haben. Wobei, das Spiel gegen die Bayern muss man natürlich auch ein bisschen relativieren. Wenn der Fehler des Torwarts (Gregor Kobel, d. Red.) nicht passiert, wer weiß, wie das dann ist. Am Mittwoch in Leipzig war bedenklich, dass die Dortmunder gegen kriselnde Leipziger so chancenlos waren.

„Leader wie Kimmich oder Goretzka sehe ich beim BVB nicht“

SPORT1: Jude Bellingham ist erst 19 und in den Katakomben ausgeflippt, hat gesagt: „Immer die gleiche Scheiße. So schlecht. Wie oft spielen wir noch diese scheiß Spiele?“ Ist das ein Zeichen, dass die Dortmunder verzweifelt sind?

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Henke: Bellingham ist ein gutes Beispiel. Was unterscheidet jetzt zum Beispiel die Dortmunder und die Bayern? Solche Leader wie Kimmich oder Goretzka sehe ich beim BVB nicht. Mats Hummels ist so einer, aber der ist natürlich auch nicht in der Blüte seiner Leistung. Das ist ja auch ganz normal. Aber ansonsten fehlen mir da so ein bisschen diese Typen, die du natürlich bei Bayern mehr hast. Klar, auch deshalb, weil die Mannschaft so auch zusammengebaut worden ist und die Dortmunder müssen natürlich immer eine Mannschaft zusammen bauen, wo sie die Spieler wieder verkaufen können. Bellingham kann natürlich in seinem Alter noch nicht diese Führungsposition haben, auch wenn er so ausrastet.

Trainer Ottmar Hitzfeld (li.) und Co Trainer Michael Henke arbeiteten nicht nur beim BVB zusammen
Trainer Ottmar Hitzfeld (li.) und Co Trainer Michael Henke arbeiteten nicht nur beim BVB zusammen

SPORT1: Aber warum liefert der BVB einfach nicht ab, wenn es darauf ankommt?

Henke: Das hängt mit der Struktur des Kaders zusammen. Das ergibt sich daraus, dass Dortmund auch nicht die Möglichkeiten hat wie Bayern München. Das heißt, das ist ein hoch qualifizierter Talent-Kader. Sie haben ja nicht umsonst Mats Hummels verpflichtet als Stabilisator, weil sie das selbst erkannt haben. Es war auch mal eine gute Entscheidung, aber scheinbar haben sie nicht genug Führungsspieler im Kader, in der Mannschaft, so wie das bei Bayern zweifellos der Fall ist.

Reus? „Er hat Schwankungen“

SPORT1: Ein Leistungsträger ist zweifelsohne Marco Reus. Wie sehen Sie ihn?

Henke: Er ist ein wunderbarer Spieler. Aber er hat Schwankungen, fällt zu unglücklichen Zeitpunkten immer wieder aus. Und richtige, echte Leader müssen natürlich auch dann zu den entscheidenden Zeitpunkten zur Verfügung stehen. Sonst nützen sie dir nichts. Und das passiert bei Marco Reus leider zu oft, dass er dann ausgerechnet, wenn er wirklich gebraucht wird, ausfällt. Ich will das auf keinen Fall irgendwie werten, er hatte schon immer viel Pech mit Verletzungen. Und dann sind wir wieder bei dem Punkt: Dann gibt es beim FC Bayern einen zweiten Reus. Und den hat Dortmund nicht. Wer muss, der muss in dem entscheidenden Moment funktionieren, sonst gibt es einen Qualitätsverlust beim BVB, was bei Bayern eher auszugleichen ist.

Marco Reus hinkt seinen Erwartungen bei Borussia Dortmund hinterher. Ist seine Zeit beim BVB abgelaufen?
06:11
Marco Reus zeigt beim BVB aktuell keine gute Leistungen | 2 nach 10

SPORT1: Ist Mats Hummels ein Auslaufmodell?

Henke: Er wird auch an seine Grenzen kommen. Aber in ihm habe ich gestern einen der wenigen Führungsspieler gesehen, auch wenn er das ein oder andere Mal überlaufen wurde. Er wollte unbedingt, war aggressiv, hat sich gewehrt. Solche Typen brauchst du eigentlich. Wie lange das dann geht, das ist halt immer die Frage und die schwere Entscheidung in einem Verein. Aber auch das müssen die Dortmunder vor Ort entscheiden.

„Es nützt nichts, einzelne egoistische Führungsspieler zu haben“

SPORT1: Sie waren von 1989 bis 1998 Co-Trainer in Dortmund - was hatten die alten BVB-Recken, was die Neuen nicht haben?

Henke: Da will ich auch nicht unbedingt vergleichen. Fakt ist, dass wir zu unserer Zeit das Glück hatten, dass wir wirklich mehrere stabile Führungskräfte hatten. Führungsspieler hatten, die auch das Ganze zusammen angepackt haben. Es nützt nichts, einzelne egoistische Führungsspieler zu haben, sondern sie müssen sich dann auch im entscheidenden Moment in den Dienst der Mannschaft stellen. Und das waren einfach Typen wie Kohler oder Sammer. Das waren alles stabile Leistungsträger.

SPORT1: Was ist für Sie das Hauptproblem beim BVB?

Henke: Dass sie in so einem Spiel nicht von vorneherein da sind und sich überrollen lassen. Diese Einstellung, bei einem so wichtigen Spiel den Gegner auffressen zu wollen, das war bei Leipzig zu sehen. Und bei Dortmund eben nicht, vor allem nicht am Anfang. Nachher nützt es dir nichts mehr, wenn du da nicht im Spiel drin bist. Der BVB muss ab jetzt in jedem Spiel voll da sein. Anders funktioniert es nicht.