Man kennt das ja: Wenn der FC Bayern zu Besuch kommt, ist es für jeden anderen Bundesliga-Klub das Spiel des Jahres. So auch für den SC Freiburg - und so auch an diesem Freitagabend wieder im Breisgau (ab 20.30 Uhr im Liveticker).

Das Duell am 12. April 2000 war indes denkwürdig und blutig zugleich, wie sich später herausstellen sollte, so dass die damaligen Protagnisten ihn heute wohl gern aus den Geschichtsbüchern streichen würden.

Der Reihe nach: Ungewöhnlich respektvoll wird der Rekordmeister empfangen, als er an dem damaligen Mittwochabend seine Visitenkarte im Dreisamstadion abgibt. Bei der Verlesung der Aufstellung wird bei jedem Namen der Münchner sogar geklatscht, was TV-Reporter Marcel Reif staunen lässt: „Das gibt‘s nicht alle Tage“.

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Dass Freiburg ein besonderer Fußball-Standort ist, belegt auch das: Vor der Partie wird der Verein mit dem UEFA-Fairness-Preis ausgezeichnet, ein Scheck über 12.500 Deutsche Mark wird Kapitän Lars Hermel überreicht.

Das Geld geht in die Fan-Klubs, denn der Preis geht auch an sie. Hinterher wirkt das wie Hohn.

Emotionen kochen nach Elfmeter für Bayern hoch

Wieso das? Das Spiel lässt die Emotionen im beschaulichen Freiburg hochkochen, Bayerns Sammy Kuffour fliegt bereits nach 17 Minuten vom Platz.

Zur Pause steht es 1:1, aber kurz vor Schluss schnuppert der dezimierte Meister aus München am Sieg, als er in der 87. Minute einen Elfmeter erhält.

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Ob Boubacar Diarra Bayerns dabei Bayerns Paulo Sergio wirklich gefoult hat, darüber scheiden sich naturgemäß die Geister. Die SC-Fans sind schon deshalb dagegen, weil ihrem Team kurz zuvor ein Handelfmeter verweigert worden ist.

„Wir haben uns benachteiligt gefühlt und dadurch sind die Emotionen hochgekocht“, erinnert sich der damalige SC-Kicker Andreas Zeyer noch 20 Jahre später.

Die Bayern lassen die Proteste gänzlich kalt, Mehmet Scholl verwandelt - und der FCB führt 2:1.

Golfball streckt Oliver Kahn in Freiburg nieder

Umso heißer pocht das Blut in den Adern der SCF-Fans hinter dem Kasten von Oliver Kahn, Welttorhüters des Jahres 1999.

Sekunden sind noch zu spielen, da passiert das eigentlich Undenkbare: Unmittelbar vor der Ausführung eines Abstoßes sackt Kahn plötzlich im Fünfmeterraum zu Boden.

Keiner weiß warum, abgesehen von einem 16 Jahre alten Zuschauer. Der hat Kahn einen Golfball an den Kopf geworfen.

Das Wurfgeschoss kommt von der Seite und trifft Kahn der linken Schläfe. Das Blut läuft an seiner Wange herunter, Kahn bewahrt aber zunächst die Fassung.

Wie in Trance geht er auf die Suche nach dem Corpus delicti, das einen Durchmesser von 4,2 Zentimeter und eine harte Kunststoffschale hat.

„Titan“ Kahn rastet aus

Der Bayern-Torwart findet es am Fangzaun und übergibt es, mittlerweile blutüberströmt, Schiedsrichter Uwe Kemmling.

Jeder soll es sehen: Hier wird man mit Golfbällen beworfen. Nur wenige Sekunden später pfeift Kemmling die Partie ab - und nun ist es vorbei mit der Gelassenheit des Opfers.

Kahn rastet aus, der damalige Manager Uli Hoeneß will ihn nach Leibeskräften bändigen und beruhigen, was nur so semi gelingt. Kahn brüllt und gestikuliert wild in Richtung Zuschauer, auch einige SCF-Spieler bekommen seinen Frust ab.

„Der Titan wurde zum Vulkan“, titelte hinterher die Bild. Gesundheitlich hat der „Treffer“ keine schwereren Folgen, viel habe aber nicht gefehlt, wie Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld später verrät: „Wenn er nur etwas tiefer getroffen worden wäre, dann könnte er jetzt blind sein.“

Die Wunde wird mit zwei Stichen genäht. Den Preis für den „Top-Spieler des Tages“ holt sich Kahns Vertreter Bernd Dreher ab.

16-Jähriger verurteilt! Freiburg-Fans entschuldigen sich bei Kahn

Weil Bayern die Partie gewonnen hat, gibt es zumindest keinen Protest aus München. Strafe muss dennoch sein - für den Sportclub, der noch 65.000 Mark bezahlen muss.

Und für den 16 Jahre alten Täter, der zwei Tage später ermittelt wird, nachdem der Verein 500 Mark Prämie für sachdienliche Hinweise zu dessen Ergreifung ausgesetzt hat. Die Richterin verurteilt den Teenager zu 30 Stunden gemeinnütziger Arbeit.

Auch anderweitig gibt es Reue. Die friedlichen Freiburg-Fans hängen beim nächsten Heimspiel gegen den FC Schalke 04 ein Transparent auf mit den Worten: „Sorry Olli, es tut uns leid.“

Was bleibt von dem Vorfall? Wenige Wochen später gewinnt Bayern am letzten Spieltag im heimischen Olympiastadion mit 3:1 gegen Werder Bremen - und schnappt dem bisherigen Tabellenführer Leverkusen, der nur wenige Kilometer entfernt bei der Spvgg Unterhaching mit 0:2 patzt, doch noch die Meisterschaft weg.