Mit Willen und offensiver Wucht ist der FC Bayern einem Punktverlust zum Bundesliga-Auftakt entkommen. Der 3:2-Sieg in Niedersachsen zeigte, dass der Rekordmeister in den vorderen Reihen immer für Alarm sorgen kann.
Warum nicht Goretzka?
In der Defensive herrscht dagegen Alarm-Stimmung! Immer wieder zeigte sich die Viererkette mit Alphonso Davies, Minjae Kim, Dayot Upamecano und Sacha Boey wacklig bis sorglos - und für die Ansprüche des FC Bayern eindeutig zu häufig.

Negative Höhepunkte dabei: Das Foul von Boey an Tiago Tomás, das zum Strafstoß in der 47. Minute und damit zum Ausgleich der Wölfe führte. Und der Lapsus von Kim, der nur acht Minuten später den Ball gegen Patrick Wimmer verlor und den Treffer zur zwischenzeitlichen 2:1-Führung der Wolfsburger auf seine Kappe nehmen muss.
Bayern-Defensivproblem nicht neu
Erstaunlich früh sind die Bayern wieder mit einem Problem konfrontiert, das sie bereits in der vergangenen Saison unter Thomas Tuchel immer wieder beschäftigte: Die Abwehr ist zu löchrig. Besonders im Fokus: Kim und Upamecano, die als Innenverteidiger das Herzstück der Defensive bilden.
Kein Wunder also, dass - auch, weil die verletzten Josip Stanisic und Hiroki Ito noch wochenlang ausfallen werden - offen die Möglichkeit eines Not-Transfers diskutiert wird.
„Natürlich haben wir jetzt zwei Verletzte. Das müssen wir registrieren und haben wir registriert. Viel darf hinten nicht mehr passieren. Es ist nicht unser Plan, aber das Transferfenster ist noch fünf Tage offen“, sagte Christoph Freund nach der Partie. Grundsätzlich stehe aber der Kader des FC Bayern.
Der Sportdirektor öffnet damit die Tür für spontane Transfers, die nach dem Testspiel der Münchner gegen Zürich noch fest verschlossen schien. Sportvorstand Max Eberl hatte verkündet, dass der Kader stehe - wenn nichts Außergewöhnliches passiere.
Muss ein Not-Transfer her?
Stellt sich die Frage: Reicht eine chaotische Halbzeit gegen Wolfsburg dafür aus, die Bosse zum Umdenken zu bewegen? Ein Last-Minute-Transfer ist nicht ohne Risiko, Top-Leute bereits unter Vertrag.
Die Verhandlungen mit Bayer Leverkusen um Jonathan Tah entwickeln sich ebenfalls nicht weiter - Werkself-Boss Fernando Carro betonte noch am Freitag, dass er von einem Verbleib des Nationalspielers in Leverkusen ausgehe.
Eine Rückholaktion des aktuell vertragslosen Mats Hummels wäre eine faustdicke Überraschung und entspringt eher dem Wunschdenken einiger Fans bei X.
SPORT1-Informationen zufolge zieht es den Ex-Dortmunder ohnehin nach Spanien. Real Sociedad gilt als heißester Anwärter, Hummels‘ Vater verhandelte vergangene Woche aber auch noch mit dem RCD Mallorca.
Bietet Goretzka die Lösung?
Trainer Vincent Kompany und die Bayern-Bosse hatten dem Mittelfeldspieler intern bereits früh mitgeteilt, dass man seine Situation als schwierig erachte - die Konkurrenz auf der Sechser-Position sei zu stark.
Doch bereits vor der Partie in Wolfsburg klang das versöhnlicher. Erst betonte Eberl unter der Woche nach dem Testspiel gegen Zürich (4:0), dass man „Leon nie schlechtgeredet“ habe und er ein Teil der Mannschaft sei. Am Sonntag ergänzte der 50-Jährige: „Er hat im Training sehr gute Leistungen gezeigt. Deswegen ist er auch heute im Kader.“ Man müsse sehen, was über die Saison hinweg passiere.
Bundesliga-Datencenter
Fakt ist: Die Innenverteidiger-Position ist Goretzka nicht (mehr) fremd. Bereits unter Tuchel musste er dort immer wieder aushelfen und machte seine Sache größtenteils ordentlich.
„Er macht das sehr gut. Ich finde, er spielt sehr klar. Er hat ein sehr gutes, hartes Passspiel. Er traut sich, durch die Lücken zu spielen“, sagte Tuchel im März, als Goretzka eine Art „Quarterback-Rolle“ übernahm. Goretzka mache das auf sehr hohem Niveau, so der damalige Trainer.
Goretzka kein klassischer Innenverteidiger
Zur Wahrheit gehört aber auch: Der 29-Jährige überzeugte damals vor allem im Aufbauspiel und war als zusätzliche Kraft zu Matthijs de Ligt und Eric Dier im Defensivverbund unterwegs. Die Hauptaufgaben eines Innenverteidigers blieben Goretzka zumeist erspart.
Dass der jetzige Trainer zumindest vage die Option im Kopf hat, Goretzka in der Innenverteidigung einzusetzen, wurde gegen den Grasshopper Club Zürich deutlich. 62 Minuten durfte der Bayern-Star in der Abwehrzentrale ran. Ein Gegentor kassierten die Münchner beim 4:0-Sieg nicht - das dürfte aber auch dem Gegner geschuldet gewesen sein.
Vieles spricht also eher dafür, dass Goretzka nicht zur festen Größe in der Abwehr aufsteigen kann. Zumal Kompany als ehemaligem Innenverteidiger von Weltruf diese Position besonders wichtig sein dürfte.
Wahrscheinlicher ist es, dass der Belgier mit den hochveranlagten Kim und Upamecano besonders intensiv arbeiten wird, um einen Not-Transfer oder andere Experimente zu vermeiden.