Am Samstag gab es in der Bundesliga zwei Aufreger-Situationen, die ähnlich waren, jedoch von den jeweiligen Schiedsrichtern unterschiedlich bewertet wurden.
Palhinha-Rot: Experten geben Urteil ab
Während Bayerns Joao Palhinha bei der sensationellen 2:3-Niederlage gegen Bochum nach einem Zweikampf mit Georgios Masouras bereits nach 43 Minuten wegen rohen Spiels mit glatt Rot des Feldes verwiesen wurde, kam Bremens Mitchell Weiser beim 2:0-Sieg in Leverkusen bei einem vergleichbaren Vergehen gegen Florian Wirtz mit der Gelben Karte davon.
Sowohl Palhinha als auch Weiser spielten zunächst klar den Ball, ehe sie ihren Gegenspieler mit offener Sohle erwischten. Unterschiedlich war nur das Trefferbild: Während der Portugiese Masouras oberhalb des Knöchels traf, trat Weiser dem deutschen Superstar auf das Sprunggelenk.
Effenberg: „Ich hätte eine Gelbe Karte gegeben“
Auch im STAHLWERK Doppelpass auf SPORT1 wurde rege über beide Situationen diskutiert, wobei für den Großteil der Gäste die Rote Karte für Palhinha überzogen war.
„Er spielt den Ball mit der Innenseite, ist in der Bewegung“, sagte SPORT1-Experte Stefan Effenberg. „Der Bochumer will eigentlich den Ball blocken und kommt unter die Sohle. Ich hätte eine Gelbe Karte gegeben und keine Rote.“
Foul an Wirtz: „Gelbe Karte völlig fein“
In die gleiche Kerbe schlug Clemens Fritz, Geschäftsführer Profifußball bei Werder: „Für mich war auch Palhinha klar Gelb. Und auch bei Mitch sieht man, dass er klar den Ball spielt. Sicher ist es eine Situation, die äußerst unglücklich ist. Aber man sieht, dass er mit dem Außenrist den Ball spielt. Dann tritt er ihm auf den Fuß, weil er nirgends mehr hin kann. Flo Wirtz schiebt den Fuß noch dazwischen. Ich hoffe, er ist nicht schlimm verletzt. Trotzdem ist es mit einer Gelben Karte völlig fein.“
Einen tieferen Einblick in die Entscheidungsfindung der Schiedsrichter gewährte unterdessen Marco Fritz, seit 1. Januar Leiter Evaluation, Beobachtungen und Regelauslegungen der DFB Schiri GmbH.
„Es gibt sowohl Argumente für Rot und Gelb in beiden Situationen“, betonte der ehemalige Schiedsrichter. „Bei der Palhinha-Szene war für den Schiedsrichter ausschlaggebend, dass das Trefferbild sehr hoch war, über dem Knöchel – auch wenn er vorher den Ball gespielt hat. Bei dem anderen Spiel bei Weiser war der Fuß eben flach auf dem Boden und es war mehr ein Drauftreten mit einem Abrutschen auf dem Spann.“
„Rot ist nicht komplett falsch“
Bei Palhinha würde es Marco Fritz zufolge darauf ankommen, wie man das Trefferbild bewertet: „Ob man das Ballspielen im Vordergrund sieht und sagt, dass es keine extra Bewegung gibt – also der Schwung wird in einem durchgeführt. Auf der anderen Seite muss man sehen, wo er sein Bein abstellt und ob es Alternativen gibt und er es verhindern kann. Da muss man sagen, gibt es ein kleines Fragezeichen. Rot ist also nicht komplett falsch.“
Eine Argumentation, die Effenberg bei Palhinha nicht wirklich überzeugt: „Er spielt einen klaren Ball mit der Innenseite“, erklärte der frühere Bayern-Star. „Wenn du in dieser Bewegung bist, kannst du nicht in der Hundertstelsekunde stoppen. In dieser Situation muss man bei beiden berücksichtigen, dass sie den Ball spielen und überhaupt nicht die Intention hatten, den Gegner zu verletzen.“