Glück im Unglück für Steffen Baumgart: Der Union-Coach wird nach dem Schießen einer Papierkugel und seinem Mittelfinger-Eklat nur für ein Spiel aus dem Innenraum verwiesen.
Baumgart-Strafe zu milde? Experte ordnet ein
Baumgart-Strafe: Experte ordnet ein
Nach einem Elfmeterpfiff gegen seine Mannschaft beim Spiel bei Eintracht Frankfurt (4:3) hatte Baumgart zunächst, nur für die TV-Kameras sichtbar, eine Mittelfinger-Geste in Richtung Spielfeld gezeigt, erhielt anschließend wegen Meckerns die Gelbe Karte und wurde schließlich nach dem Schießen einer Papierkugel mit Rot von der Seitenlinie verbannt.
Weil ihm sein gezeigter Mittelfinger keinen weiteren Ärger einbringt, geht die Diskussion über die Milde der Strafe los. Die richtige Entscheidung?
„Baumgart hat die Papierkugel auf den Platz geschossen. Es ist in den Regeln festgehalten, wenn ein Trainer so etwas macht, dann wird er härter bestraft als ein Auswechselspieler oder ein Spieler. Alle Teamoffiziellen werden in diesem Fall aufgrund ihrer Vorbildfunktion hart bestraft und dann gibt es da eben Rot“, erklärte DFB-Schiri-Lehrwart Lutz Wagner im Gespräch mit SPORT1.
Baumgart: Mittelfinger-Geste nicht an jemanden gerichtet
„Diesen Finger hat der Schiedsrichter gar nicht gesehen, deswegen konnte er das auch nicht melden. Das ist im Endeffekt nur im Fernsehen aufgefallen. Dann hat sich das Sportgericht, meiner Meinung nach völlig berechtigt der Sache angenommen und Baumgart zu einer Stellungnahme aufgefordert“, ordnete der Ex-Schiedsrichter ein.
Bereits auf der Pressekonferenz hatte sich Baumgart reumütig gezeigt und betont, dass der Mittelfinger an keine spezielle Person gerichtet war.
Wagner: „Im Zweifel für den Angeklagten“
Laut Wagner ist dies der springende Punkt, warum das Strafmaß so gering ausfällt: „Man sieht nirgendwo im Fernsehen, dass sie gegen jemanden gerichtet war. Damit ist es keine Unsportlichkeit oder Beleidigung gegen jemand anderes. Das ist einfach eine Frustration in diesem Moment und da sie nicht gegen eine andere Person gerichtet war, finde ich in Ordnung, dass man es jetzt dabei (ein Spiel Sperre; Anm. d. Red.) belässt.“
Der Regelexperte weiter: „Ist zu ermitteln, gegen wen sich die Geste richtet, bin ich für die entsprechende Bestrafung. Wenn aber überhaupt nicht zu ermitteln und unklar ist, gegen wen sich die Geste richtet und in welchem Zusammenhang sie erfolgt, dann muss man sagen: im Zweifel für den Angeklagten.“
Zumal Wagner dem Unioner Trainer abkauft, dass die Geste aus reiner Frustration entstand: „Steffen Baumgart ist ein emotionaler Typ aber auch eigentlich ein wirklich guter Typ, er ist eine ehrliche Haut. Ich denke, wir können ihm glauben, wenn er sagt, dass das nicht gegen jemanden gerichtet war.“
Regelexperte Wagner ordnet Baumgart-Vergehen ein
Baumgart musste bereits im vergangenen März wegen einer Gelbsperre ein Spiel gegen den FC Bayern auf der Tribüne verbringen. Deshalb sieht ihn Wagner jedoch nicht als einen Wiederholungstäter an, der „grundsätzlich länger gesperrt werde“.
„In diesem Fall nehme ich ihm einfach ab, dass er sich über die Situation geärgert hat, und dann sollten wir keinen Präzedenzfall schaffen, wenn man es nicht genau belegen kann“, so Wagner.
Als ehemaliger Schiedsrichter betonte er, dass es für das Schiedsrichtergespann keine anderen Handlungsmöglichkeiten gegeben hätte: „Sehr wahrscheinlich wäre ich nicht anders in dieser Situation vorgegangen. Diese Geste hat niemand im Team mitbekommen, da niemand in seiner Nähe war in diesem Moment. Kein Schiedsrichter hätte anders reagieren können, weil es für den Schiedsrichter gar nicht zu sehen war.“
Wagner resümiert zum Baumgart-Urteil: „Auch Emotionen haben Grenzen. Emotionen sollten auch bestraft werden, wenn sie über die Grenze gehen, vor allem dann, wenn sie unsportlich sind. Es muss jedoch auch klar belegbar sein, dass die Unsportlichkeit sich auch gegen jemanden richtet.“