523 Tore allein für den FC Bayern! Gerd Müller war und ist der mit Abstand größte deutsche Torjäger, wenn nicht sogar der größte Torjäger der Fußballgeschichte überhaupt.
Gerd Müller wäre heute 80 geworden: Der größte Torjäger der Geschichte
Der größte Torjäger der Geschichte
Neben Franz Beckenbauer prägte wohl niemand den deutschen Rekordmeister sportlich so sehr wie der „Bomber der Nation“. Nicht umsonst bekam er, genauso wie der „Kaiser“, eine große Statue vor der Allianz Arena.
„Ohne die Tore vom Gerd wären wir noch immer in unserer alten Holzhütte an der Säbener Straße“, sagte einst ausgerechnet Franz Beckenbauer über die Verdienste des Torjägers. Er sei der „wichtigste Spieler in der Geschichte des FC Bayern“.
Den großen Wert Müllers stellte auch Bayern-Präsident Herbert Hainer 2023 am Rande der Enthüllung der Müller-Statue heraus: „Ohne Gerd Müller wäre der FC Bayern nicht das, was er geworden ist. Er hat Maßstäbe in der Welt der Stürmer gesetzt.“ Heute wäre Gerd Müller 80 Jahre alt geworden.
Müller soll bei Jugendverein 180 der 204 Saisontore erzielt haben
Dass Gerd Müller weiß, wo das Tor steht, wurde schon in seiner Jugendzeit bei seinem Heimatverein TSV 1861 Nördlingen deutlich. Mit zwölf überredete ihn ein Kumpel mit zum Training zu kommen.
Nur wenige Tage später stand er dann Erzählungen zufolge erstmals mit geliehenen Schuhen bei einem Spiel auf dem Platz und erzielte gleich drei Tore.
In seiner letzten Saison in Nördlingen (1962/63) soll er dann so richtig geknipst haben. Der damals 17-Jährige soll unglaubliche 180 der insgesamt 204 Treffer seiner Mannschaft erzielt haben.
Solche Fabelzahlen blieben auch den großen Vereinen nicht verborgen. Der FC Bayern und auch 1860 München sollen Müller umworben haben. Den Zuschlag bekamen die Bayern, wohl auch weil die Löwen keinen weiteren Vertragsspieler verpflichten konnten und Müller kein Amateur bleiben wollte – ein Glücksfall für die Bayern.
„Kleines dickes Müller“ wird gleich zum Bayern-Helden
Denn in München schlug Müller gleich voll ein, auch wenn nicht alle bei den Bayern direkt vom drahtigen Stürmer begeistert waren. „Was soll isch mit dieses Junge, diese Figur, unmöglich“, motzte Trainerlegende Zlatko „Tschik“ Cajkovski und verpasste Müller den legendären Spitznamen „kleines, dickes Müller“.
Letztendlich setzte Cajkovski, auch auf Druck des damaligen Präsidenten Wilhelm Neudecker, doch auf Müller. Eine der wohl besten Entscheidungen in der Geschichte des FC Bayern.
In seiner ersten Saison in der Regionalliga (damals die zweithöchste Spielklasse) traf er in 33 Spielen 26-mal und sicherte den Bayern mit sechs weiteren Treffern in der Aufstiegsrunde den Aufstieg in die Bundesliga.
Anpassungsprobleme hatte Müller auch in der folgenden ersten Bundesliga-Saison nicht. Er erzielte immerhin 14 Treffer. Die Bayern spielten als Aufsteiger gleich lange um die Meisterschaft mit und gewannen den DFB-Pokal. Beim Pokalsieg wurde Müller mit sieben Treffern in vier Spielen, darunter zwei Treffern beim 4:0-Finalsieg gegen den Hamburger SV, zum Helden.
Müller wurde 17-mal Torschützenkönig
Es sollte nicht das letzte Mal sein, dass Gerd Müller für den FC Bayern zum Helden wurde. Gleich in der darauffolgenden Saison wurde er mit 28 Toren erstmals Torschützenkönig der Bundesliga. Noch sechs weitere Male holte er sich die Torjägerkanone in der Bundesliga.
Unglaubliche 365 Bundesliga-Tore erzielte Müller in 427 Spielen, die zu vier deutschen Meistertiteln reichten. In seiner besten Saison 71/72 knipste Müller 40-mal, ein Rekord, der eigentlich für die Ewigkeit halten sollte, ehe ihn Robert Lewandowski 2021 doch knackte.
Trotzdem brachten Müller seine zahlreichen Tore verdientermaßen den Spitznamen „Bomber der Nation“ ein. Gleich zweimal gewann er den Goldenen Schuh für Europas besten Torschützen und er wurde dazu unglaubliche 17 weitere Male bester Torschütze eines Wettbewerbs (unter anderem siebenmal in der Bundesliga, viermal im Europapokal der Landesmeister).
Speziell im Europapokal der Landesmeister (Vorläufer der heutigen Champions League) prägte Müller mit dem FC Bayern eine Ära. Zwischen 1973 und 1976 gewann er mit dem FCB dreimal hintereinander den wichtigsten europäischen Vereinswettbewerb.
Mit dem deutschen Rekordmeister gewann er zudem auch noch viermal den DFB-Pokal, einmal den Europapokal der Pokalsieger und einmal den Weltpokal.
Deutschland wird dank Müller Welt- und Europameister
Aber nicht nur für den FC Bayern wurde Müller zum gefürchteten Torjäger, sondern auch für die deutsche Nationalmannschaft. In nur 62 Länderspielen traf er satte 68-mal.
Zehn von diesen Treffern erzielte Müller bei der WM 1970 in Mexiko. Zum Titel reicht es allerdings nicht. Trotz eines Müller-Tores scheitert die DFB-Elf im Jahrhundertspiel im Halbfinale an Italien. Trotzdem machte ihn das Turnier zum absoluten Weltstar. Im selben Jahr gewann er zum einzigen Mal den Ballon d’Or.
Bei den folgenden Turnieren wurde Müller dann für Deutschland zum Titelgaranten. Bei der EM 1972 wurde er Torschützenkönig und führte das DFB-Team im Finale gegen die Sowjetunion mit zwei Toren zum EM-Titel.
Knapp zwei Jahre später erzielte er dann sein wohl legendärstes Tor. Bei der WM im eigenen Land markierte er im Finale im Münchener Olympiastadion den Siegtreffer gegen die Niederlande. Deutschland wurde zum zweiten Mal Weltmeister.
Das 2:1 in der 43. Minute gilt als die Blaupause eines typischen Müller-Tores. Nach der Flanke von Rainer Bonhof prallte ihm der Ball vom Fuß, doch Müller schaltete schneller als alle anderen, drehte sich, schoss und traf. „Klar ist mir der Ball versprungen“, erzählte er später: „Aber hätte ich ihn perfekt gestoppt, wäre am Ende ein Verteidiger noch rangekommen.“
Unwürdiger Abschied beim FC Bayern
Nach der WM trat Müller mit nur 28 Jahren aus der Nationalmannschaft zurück. Für die Bayern erlebte er noch weitere sehr gute Jahre, ehe er den Verein unschön verließ.
1979 eskalierte ein Streit zwischen Müller und dem damaligen Bayern-Trainer Pal Csernai, was zum unwürdigen Abschied des „Bombers der Nation“ beim FCB führte.
Als Csernai es wagte, ihn am 3. Februar 1979 in Frankfurt zum ersten Mal in seiner Karriere auszuwechseln, war er zutiefst gekränkt. „Müllers Leistungen reichen für die Bundesliga nicht mehr aus. Der Verein kann es sich deshalb nicht leisten, ihm noch eine Chance zu geben“, kritisierte ihn der Trainer anschließend.
„Der Csernai weiß, dass ich immer noch zu Gyula Lorant stehe, dass ich seinen Vorgänger für einen guten Trainer halte. Deswegen tut er das, deswegen will er mich fertigmachen!“, schoss Müller zurück und kündigte am 13. Februar fristlos. Drei Tage zuvor hatte er beim 4:0-Heimsieg gegen Borussia Dortmund sein letztes Spiel für den FC Bayern gemacht.
Absturz in den USA
Müller flüchtete in die USA zu den Fort Lauderdale Strikers. Mit dem FC Bayern zoffte er sich um die Ablösesumme. Angeblich war Müller von Präsident Wilhelm Neudecker ein ablösefreier Wechsel versprochen worden, wenn er den Klub an den Einnahmen eines Abschiedsspiels beteilige.
Zunächst verweigerte der FC Bayern deshalb den Abschied, schließlich einigten sich die Parteien in einem persönlichen Gespräch dann doch auf einen ablösefreien Wechsel und eine sofortige Freigabe.
Doch auch in den USA wurde Müller anschließend nie mehr so richtig glücklich. Dabei lief es zunächst noch sehr gut. In seiner Debütsaison erzielte er 19 Tore und 17 Vorlagen in 25 Spielen.
Danach ging es aber Stück für Stück immer weiter bergab. Der heimatverbundene Müller kam in den USA nie so richtig an, kämpfte neben der Sprachbarriere auch mit seiner Flugangst.
Auch, weil er sich nicht wohlfühlte, verschlimmerte sich sein damaliges Alkoholproblem. 1981 zog er zumindest auf Profiebene einen Schlussstrich. Er blieb zunächst aber noch in den USA, was seinem Wohlbefinden so gar nicht guttat.
Hoeneß und Beckenbauer holen Müller zurück ins Leben
Historiker Hans Woller kam in seinem Buch „Gerd Müller, oder: Wie das große Geld in den Fußball kam“ zum Schluss: „Er trank mehr, als ihm guttat, und verkroch sich in sich selbst und seinen Kummer."
Mitte der 1980er-Jahre wandelte sich sein Leben nach seiner Rückkehr nach München dann wieder zum Guten. Auf Druck seiner ehemaligen Kollegen Franz Beckenbauer und Uli Hoeneß begab er in eine Entziehungskur. Auch danach nahmen ihn die beiden unter ihre Fittiche und integrierten ihn mit einem Trainerjob in der Bayern-Familie.
„Ohne die Hilfe meiner Freunde hätte ich es wohl nicht geschafft“, blickte Gerd Müller einige Jahre später zurück. Danach blieb das Verhältnis der Bayern zu Gerd Müller intakt. Er arbeitete noch über zwei Jahrzehnte als Co-Trainer der zweiten Mannschaft für den Verein.
2014 zwang ihn seine Alzheimererkrankung zum Ende beim FC Bayern. Am 15. August 2021 verstarb er nach langer Krankheit. Beim FC Bayern und im deutschen Fußball wird der größte Torjäger der Geschichte immer in Erinnerung bleiben.