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HSV: Vom Gescholtenen zum Helden

Vom Chancentod zum Helden

HSV-Stürmer Ransford Königsdörffer musste zuletzt viel Kritik einstecken. Gegen Dortmund kommt er erstmals von der Bank – und wird zum Helden.
Ransford Königsdörffer traf gegen den BVB zum Ausgleich
Ransford Königsdörffer traf gegen den BVB zum Ausgleich
© IMAGO/Eibner
HSV-Stürmer Ransford Königsdörffer musste zuletzt viel Kritik einstecken. Gegen Dortmund kommt er erstmals von der Bank – und wird zum Helden.

Das Volksparkstadion bebte, als Ransford Königsdörffer tief in der Nachspielzeit (90.+7) per Kopf den Ausgleich gegen Borussia Dortmund erzielte (1:1).

Der Stadionsprecher kam aus der Begeisterung gar nicht mehr heraus. Immer wieder schrie er „Ransford“, „Ransford“, „Ransford“ – die Fans schrien ebenso leidenschaftlich „Königsdörffer“ zurück.

Vom Gescholtenen zum Helden – der 24-Jährige durchlebte innerhalb kürzester Zeit die zwei Seiten des Fußballs. An den ersten neun Spieltagen stand Königsdörffer immer in der Startelf. Ohne Erfolg: kein Tor, keine Torvorlage, dafür viele vergebene Chancen.

Gegen Dortmund saß der gebürtige Berliner erstmals auf der Bank, wurde erst in der 62. Minute eingewechselt – und traf endlich im Fußball-Oberhaus.

Viel Kritik von Medien und Fans

„Irgendwann wird man belohnt“, sagte sein erfahrener Sturm-Kollege Yussuf Poulsen bei SPORT1. „Er hat das auch in den letzten Wochen sehr, sehr gut gemacht. Heute kam er von der Bank. Das tut auch manchmal gut. Er hat ein super Tor gemacht und der Mannschaft sehr geholfen, um einen Punkt zu holen.“

Poulsen freute sich auch persönlich für seinen Mannschaftskameraden, „denn ihr seid manchmal echt hart zu ihm“, wie er in Richtung der Journalisten sagte. Doch es waren nicht nur die klassischen Medien, die Königsdörffer kritisch sahen.

Vor allem in den sozialen Medien, speziell auf der Facebook-Seite des HSV, gab es viele Unmutsbekundungen über den bis dahin erfolglosen Torjäger. Dass er im Sommer nach Frankreich zum OGC Nizza abwandern wollte und nur aufgrund eines gescheiterten Medizinchecks in Hamburg blieb, trug ebenfalls nicht zur Beliebtheit bei.

Verschossener Elfmeter gegen Wolfsburg

Der Tiefpunkt seiner Form-Krise: Vor zwei Wochen, als der HSV gegen den VfL Wolfsburg spielerisch klar überlegen war und dennoch mit 0:1 verlor, verschoss Königsdörffer einen Elfmeter.

„Natürlich bin ich frustriert, dass es aktuell nicht so läuft“, sagte er danach in der Mixed Zone.

Der Stürmer stellte noch einmal klar, wie akribisch er arbeitet: „Ich gucke mir viele Videosequenzen an – vom Training, vom Spiel, schaue, wie ich was gemacht habe. Ich versuche, die Tipps vom Trainer und von meinen eigenen Beobachtungen auf dem Platz umzusetzen.“ Sein damaliges Versprechen: „Ich werde in nächster Zeit zu 100 Prozent wieder treffen.“

Nun löste er ausgerechnet gegen eine Top-Mannschaft wie Borussia Dortmund dieses Versprechen ein. Was er selber dazu sagte? Gar nichts. Statt über seine gefühlte Erlösung zu sprechen, ging er nach dem Spiel an den Reportern vorbei. Ganz nach dem Motto: Mein Tor sagt genug aus!

Konkurrenzkampf mit Poulsen und Glatzel

Königsdörffer, der in der Aufstiegssaison 14 Zweitliga-Tore für den HSV erzielte, muss sich im Sturm einem harten Konkurrenzkampf stellen. In der Sommerpause wurde Poulsen von RB Leipzig verpflichtet und direkt zum Kapitän befördert.

Und dann ist da auch noch Robert Glatzel, der in der vergangenen Saison Zweitliga-Torschützenkönig wurde, allerdings momentan bestenfalls als Einwechselspieler zum Einsatz kommt.

„Ich sage immer wieder, dass wir drei fantastische Mittelstürmer mit unterschiedlichen Profilen haben. Wir brauchen definitiv alle, um in dieser Saison erfolgreich zu sein und in dieser Liga bestehen zu können“, sagte Trainer Merlin Polzin auf Nachfrage von SPORT1.

Er schätzt die Qualitäten von Königsdörffer nicht nur als Stürmer, sondern auch als unermüdlicher Arbeiter: „Ransi hat in den vergangenen Spielen auch dafür gesorgt, dass sich unser Fußball weiterentwickelt hat, dass wir zu Offensivchancen kommen bzw. sich in der Mannschaft ein Selbstverständnis entwickelt hat“, so Polzin.

„Gleichzeitig wissen wir aber auch um die Qualitäten von Bobby (Robert Glatzel; Anm. d. Red.) und von Yussuf. Es geht weniger darum, seine eigene Geschichte zu schreiben, sondern immer darum, dass die Mannschaft erfolgreich ist. Die Mannschaft ist für uns als HSV das Wichtigste. Dem ordnet er sich unter. Und deshalb freue ich mich natürlich, dass er getroffen hat, aber viel mehr freue ich mich über den Punkt.“

Chance auf die WM-Teilnahme mit Ghana

Sollte Königsdörffer nun verlässlich treffen, könnte er auch für höhere Aufgaben infrage kommen. Sechs Länderspiele hat er bislang für Ghana bestritten, zuletzt allerdings im November 2024.

„Er hat das Pech, dass er auf seiner Position im Sturm sehr große Konkurrenz bei uns hat“, sagte Nationaltrainer Otto Addo unter der Woche dem Hamburger Abendblatt.

Damit gemeint sind vor allem die Premier-League-Stars Antoine Semenyo (Bournemouth) und Mohammed Kudus (Tottenham).

Dennoch hat Addo den Hamburger weiter im Blick: „Ransi und einige andere konkurrieren um die Chance, im kommenden Sommer bei der WM dabei zu sein. Noch ist ja ein wenig Zeit.“